Klimawandel und Klimafolgen

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Gletscher in den Alpen

Wie fast überall auf der Welt haben auch die Gletscher in den Alpen unter dem Einfluss des Klimawandels in den letzten Jahrzehnten an Fläche und an Masse verloren.

Die Alpen erstrecken sich mit einer Länge von 1200 km über die Schweiz, Deutschland, Slowenien, Italien, Liechtenstein, Österreich und Frankreich. Sie nehmen eine Fläche von ungefähr 190.000 km² ein und werden von rund 15 Millionen Menschen bewohnt.1 Im deutschsprachigen Raum werden die Alpen in die westlichen und östlichen Alpen aufgeteilt. Die Westalpen sind höher als die Ostalpen und besitzen zahlreiche Gipfel mit über 4000 m Höhe. In den Westalpen liegt mit dem Mont Blanc (4810 m) der höchste Berg der Alpen und Europas. Hier befinden sich mit dem Monte-Rosa-Massiv (4634 m), Matterhorn (4478), Jungfrau (4158 m) u.a. auch die meisten anderen Viertausender der Alpen. In den Ostalpen erreicht nur die Bernina-Gruppe (4049 m) eine Höhe von knapp über 4000 m. Der höchste Berg Österreichs, der Großglockner, ist dagegen lediglich 3797 m hoch. Westen und Osten werden durch den Rhein und den Splügenpass abgegrenzt.

Gletscher und Klima in den Alpen

© Wkimedia Commons, Public Domain


Abb. 1: Der Rhonegletscher um 190020

Zurzeit beherbergen die Alpen ungefähr 5000 Gletscher,2 die noch in den 1970er Jahren eine Fläche von fast 3000 km² bedeckten.3 Der größte Talgletscher in den Alpen ist der Aletsch-Gletscher, der als UNESCO-Weltnaturerbe deklariert wurde und sich mit einer Länge von 23 km in den Berner Alpen erstreckt. Die Gletscher der Alpen sind Hauptquellort für den Rhein, die Rhône, den Po und die Donau; daher werden die Berge der Alpen auch als „Wassertürme“ Europas bezeichnet.1 Insgesamt befinden sich zwei Drittel der beständigen Eisoberflächen der Gebirge Mittel-Europas (Alpen, Pyrenäen, Kaukasus) in den Alpen.4
Die Alpen unterliegen vier verschiedenen Klimaeinflüssen: Vom Atlantik im Westen strömt milde und feuchte Luft in den Alpenraum, aus dem Süden warme mediterrane Luft, aus dem Norden kalte Polarluft und aus dem Osten kontinentale Luftmassen.

Die räumliche Änderung des Klimas sowie die Physiogeographie der Alpen beeinflussen die Temperaturverteilung und den Niederschlag. Durch ihre Höhe, Vegetation und Schneebedeckung üben die Alpen selbst einen Einfluss auf das Wetter aus.1 Auf der Nord- und Südseite der Alpen fallen in ca. 2000 m Höhe jährlich 2000-2800 mm Niederschlag, in den Zentralalpen dagegen nur 800 bis 1800 mm. Die Sommertemperaturen der Südalpen liegen um 1 °C höher als auf der Nordseite. Im Norden herrscht ein mitteleuropäisch-ozeanisches Klima, in den Zentralalpen sind eher kontinentale Witterungsbedingungen bestimmend.5

© Dieter Kasang


Abb. 2: Jahresmitteltemperatur in den Alpen und Umgebung 1971-2000 nach Modelldaten21

Temperatur und Niederschlag sind maßgeblich für die Entwicklung von Gletschern in den Alpen. Die Temperatur in den Alpen ist jahreszeiten- und höhenabhängig. Die Höhenabhängigkeit wirkt sich am stärksten vom Herbst bis zum frühen Winter hin aus.

Die Saisonabhängigkeit des Niederschlags ist räumlich variabel und hängt von dem Ort und der Orographie ab. Jedoch ist in den Alpen ein Ost-West-Gradient zu erkennen: Im Osten der Alpen kommt es zu weniger Niederschlag als im Westen, was durch die Nähe des Westens zum Atlantik begründet werden kann. Im Winter fällt fast der gesamte Niederschlag ab 1500 m in Form von Schnee; der Schnee bleibt in 2000 m Höhe von Mitte November bis Ende Mai liegen.1

Schwankungen in der großskaligen atmosphärischen Zirkulation prägen ebenfalls das Klimas in den Alpen. Die Auswirkungen dieser Änderungen für die Entwicklung von Hoch- und Tiefdruckgebieten und damit auch für die den Transport (Advektion) von Luftmassen in die Alpen. Ein Hochdruckgebiet im Sommer führt beispielsweise zu absinkenden trockenen Luftmassen, die mit wenig Bewölkung und Niederschlag einhergehen. Dadurch erhöht sich die solare Einstrahlung, die Temperatur steigt und führt damit zu einer stark ausgeprägten negativen Massenbilanz der Gletscher. Die Eisschmelze wird vor allem während des Spätsommers zusätzlich dadurch verstärkt, dass das Eis der Abschmelzregion direkt der Kurzwellenstrahlung ausgesetzt wird. Der Schnee in diesem Gebiet ist alt und schmutzig, damit hat er eine geringe Albedo, die den Schmelzprozess verstärkt.

Im Winter ist ein Tiefdruckgebiet über den Britischen Inseln und über der Nordsee mit einer südlichen Advektion von warmer und feuchter Luft verbunden. Ist das Tiefdruckgebiet weiter östlich angesiedelt, kommt es zu einer Kaltluftadvektion, die feuchte Luftmassen aus polaren Regionen in die nördlichen Alpen transportiert. Das führt zu verstärktem Niederschlag und verstärkter Wolkenbildung. Beides führt zu einer Verminderung der eintreffenden solaren Strahlung und zu geringen Temperaturen und schließlich zu einer positiven Massenbilanz. Durch den Massenzuwachs durch Schnee erhöht sich dann auch wieder die Albedo. Die Position und die Stärke von Tief- und Hochdruckgebieten über der Nordatlantikregion in Europa und der Zeitpunkt ihres Auftretens sind also maßgeblich für die Luftmassenadvektion und damit für die Massenbilanz der Gletscher.6

Vor allem im Winter steht das Klima stark unter dem Einfluss der Nordatlantischen Oszillation (NAO), die sich besonders im Westen und in hohen Lagen auf Temperatur und Niederschlag auswirkt. Eine stärkere NAO sorgt für den Transport warmer und feuchter Luftmassen vom Atlantik Richtung Alpen. Die gleichzeitig höheren Niederschläge fallen zu einem erheblichen Teil aufgrund der höheren Temperaturen als Regen statt als Schnee, so dass die Gletscher an Masse verlieren. Im Osten hingegen fällt mit einem höheren Winterniederschlag entlang der nördlichen Grenze der Alpen bei einem steigenden NAO-Index auch mehr Schnee, da die Temperaturen hier aufgrund der kontinentaleren Lage geringer als im Westen sind. Im Zentrum und im Süden der Alpen fallen bei einer starken NAO weniger Niederschläge, da die Regionen im Lee der Hauptluftströmungen liegen. Das wirkt sich negativ auf die Gletscherbildung aus.

Klimaänderungen in den Alpen

Der beobachtete Klimatrend in den Alpen zeigt, dass sich die Nachttemperaturen im Winter im Vergleich im 20. Jahrhundert um bis zu 2 °C erhöht haben. Bei den Tagestemperaturen ist der Anstieg geringer. Seit 1980 geht die Erwärmung in den Alpen mit der globalen Erwärmung einher; sie ist in den Alpen jedoch etwa dreimal höher als im globalen Durchschnitt. Besonders starke Temperaturzunahmen konnten in den Jahren 1994, 2000, 2002 und besonders im Hitzesommer 2003 beobachtet werden.1

© Eigene Darstellung nach Auer et al. 2007


Abb. 3: Temperaturveränderungen in der Alpen-Region relativ zu 1901-200022

Die Temperaturzunahme in den Alpen hat mehrere Ursachen. Bis 1950 können Temperaturschwankungen vor allem durch natürliche Einflüsse wie eine verstärkte solare Strahlung begründet werden. Ab 1950 wirkten anthropogene Aerosole und Treibhausgasemissionen etwa im gleichen Maß wie die natürlichen Einflüsse. So kam es zwischen 1950 und 1970 zu einer leichten Abkühlung des Alpenklimas, da hier der Einfluss durch anthropogene Aerosole dominierte; ab 1970 gewannen die anthropogenen Treibhausgase die Oberhand und es kam zu einer Erwärmung.7

Über den Niederschlag lässt sich sagen, dass im Nordwesten der Alpen der Niederschlag speziell im Winter zugenommen hat, während im südlichen und östlichen Teil der Alpen im Herbst ein Rückgang verzeichnet wurde. Für die Schneefälle lässt sich feststellen, dass in den tieferen Lagen der Alpen (< 300 m) die Schneedeckendauer um 30 – 40 % zurückgegangen ist, in höheren Lagen hat sie sich jedoch nur um 10% vermindert. Dieser negative Trend scheint sich also mit zunehmender Höhe abzuschwächen.8

Veränderungen der Alpinen Gletscher

© Wikimedia Commons; Linzenz: CC BY-SA


Abb. 4: Der Rhonegletscher im Jahr 200523

Die Gletscher der Alpen sind mit einer mehr als hundertjährigen Beobachtung die am besten dokumentierten Gletscher der Welt.3 Zu 25 Gletschern in den Alpen gibt es kontinuierliche Massenbilanz-Messungen über mindestens 10 Jahre und zu 11 davon über mehr als 30 Jahre.9 In der Schweiz wurde bereits um 1880 an 10 Gletschern mit der Vermessung der Gletscherlänge und 1914 mit der Bestimmung der Massenbilanz des Claridenfirns begonnen.5

Die maximale Oberfläche und das maximale Volumen der Alpengletscher wurden während der letzten tausend Jahre am Ende der Kleinen Eiszeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht,4 als die gesamte vergletscherte Fläche rund 4500 km2 betrug. Seitdem hat sich die Gletscheroberfläche bis in die 1970er Jahre auf 2900 km2, bis 2003 auf wenig mehr als 2000 km2 und bis 2010 auf 1800 km2 reduziert. Während der ersten 130 Jahre betrug die Verlustrate 10-15 km2 pro Jahr und steigerte sich nach 1985 auf 40-45 km2/Jahr.

© Vincent 2017; Lizenz: CC BY-NC-ND


Abb. 5: Änderungen der kumulativen jährlichen Massenbilanz relativ zu 1964 in Wasseräquivalenten bei ausgewählten Alpengletschern24

Ähnlich schrumpfte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auch das Gletschervolumen. Während es für die Zeit um 1850 auf 200-300 km3 geschätzt wurde, beliefen sich die Berechnungen für die Jahrtausendwende auf rund die Hälfte und für 2011 auf nur noch 80 km3.3 Seit 1980 ist jedoch wieder ein beschleunigter Eisverlust zu beobachten, der in dem Rekordhitzesommer 2003 in einem Volumenverlust von 5 – 10 % im Vergleich zu dem Gesamtvolumen aus dem Jahr 2000 gipfelte.4 Das jetzige Gletschervolumen liegt bei einem Drittel des ursprünglichen Volumens von 185010 und wurde erst für das Jahr 2025 erwartet.11

Die Abschätzungen sind jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet. Einzelne Jahre können von dem Gesamttrend abweichen. Besonders die größeren Gletscher befinden sich außerdem nicht in Übereinstimmung mit dem heutigen Klima. Wahrscheinlich müssten diese noch ein weiteres Drittel ihrer Fläche verlieren, um sich mit dem Klima zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Gleichgewicht zu befinden.3 Der Vergleich von Oberflächenänderungen der Gletscher in den Ötztaler Alpen lässt annehmen, dass die Gletscher, deren Fläche kleiner als 0.1 km² ist, sich dagegen auf das aktuelle Klima eingestellt haben.12

Ursachen der Gletscherschmelze

Als Ursachen für den Rückgang der Gletscher in den Alpen kommen sowohl natürliche Schwankungen des Klimas wie der Klimawandel durch den Menschen in Frage; beides trägt jeweils etwa je zur Hälfte zu dem Rückgang der Gletscher bei.13, 14

Ab 1970 konnte in den Alpen eine anthropogene Erwärmung (siehe oben) beobachtet werden, die maßgeblich zu der Gletscherschmelze beitrug. Doch bereits vor diesem Zeitpunkt zeigen Aufzeichnungen, dass die Gletscher der Alpen von 1860 – 1930 im Durchschnitt um rund einen Kilometer zurückgewichen sind. Der Rückzug der Gletscher in dieser Zeit kann sehr wahrscheinlich durch Rußablagerungen infolge der Industrialisierung erklärt werden. Durch die abgelagerten Rußpartikel wird die Oberflächenalbedo der Gletscher geringer und damit die absorbierte solare Strahlung größer, das Eis nimmt also Wärme auf.15, 16

© Carturan et al. 2016, Lizenz: CC BY


Abb. 6: Tage pro Jahr mit einer maximalen Temperatur über 0 °C bei 3000 m Höhe in der Ortles-Cevedale-Gruppe, Italien25

In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch zunehmend der Anstieg der Sommertemperaturen als der wichtigste Faktor für das Abschmelzen der Gletscher gezeigt. Zwischen 1961 und 2013 haben die Temperaturen zwischen Juni und September um fast 0,4 °C pro Jahrzehnt zugenommen. Dadurch hat sich z.B. die Anzahl der Tage mit mehr als 0 °C maximaler Temperatur in 3000 m Höhe in den Ortler-Alpen, einer italienischen Gebirgsgruppe nördlich des Gardasees, von ca. 160 in den 1960er Jahren auf etwa 190 in den 2000er Jahren erhöht. Als Folge hat sich auch die Ablationszeit verlängert.3 Die Niederschläge zeigen dagegen keinen signifikanten Trend in der Akkumulationszeit im Winter. Sie sind stark von der NAO und der Häufigkeit blockierender Wetterlagen auf der Nordhemisphäre beeinflusst. Dabei zeigen Nord- und Südalpen ein gegensätzliches Verhalten. Die Tendenz zu einem abnehmenden NAO-Index in den letzten zwei Jahrzehnten hatte einen zunehmenden Winterniederschlag auf der Alpen-Südseite zur Folge, während auf der Nordseite das Umgekehrte der Fall ist.  Eine starke NAO bringt jedoch nicht nur Niederschläge, sondern transportiert im Winter auch warme Luftmassen in die Alpenregion, so dass der Niederschlag eher als Regen denn als Schnee fällt.

Projektionen

Nach Modellberechnungen mit dem regionalen Klimamodell REMO kann es im Alpenraum bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu einer erheblichen Erwärmung von 3 °C bis 4,5 °C kommen.17 Für die Sommer wird davon ausgegangen, dass die Erwärmung über dem Westen der Alpen stärker sein wird als über dem Osten. Außerdem wird angenommen, dass in den Alpen in größeren Höhen stärker steigen als in tieferen Lagen.1

Die Menge der Jahresniederschläge wird sich nach Modellprognosen nur wenig ändern, die jahreszeitlichen Unterschiede können sich allerdings weiter verstärken. Im Sommer werden die Niederschläge danach um 30% abnehmen, im Winter um 5-10% zunehmen.8 Aufgrund der steigenden Temperaturen ergeben sich dabei vor allem deutliche Abnahmen bei der Schneefallmenge und der Zahl der Schneetage, da der Niederschlag zunehmend als Regen fallen wird. Die Nullgradgrenze kann in den Wintermonaten bis zum Ende des Jahrhunderts um ca. 650 m steigen. Das bedeutet für Regionen, die zwischen 1000 und 1500 m liegen, eine Abnahme der Schneefallmenge um bis zu 60%. Selbst über 2000 m kann die Schneefallmenge immer noch um 20-30% abnehmen.17

© M. Huss 2012; Lizenz: CC BY


Abb. 7: Veränderung der Gletscherfläche (oben) und des kumulierten Eisvolumens aller Gletscher der europäischen Alpen 1900-210026

Diese Trends sind maßgebliche Einflüsse auf die Massenbilanz von Gletschern und die Schneebedeckung in den Alpen.1 Der Eisverlust der Alpengletscher wird weiter zunehmen. Für 2050 wurde eine Abnahme von -1,3 m Wasseräquivalent (w.e.) pro Jahr berechnet. Die vergletscherte Fläche wird sich nach dem hohen Szenario RCP8.5 auf 4 % der Fläche von 2003 und auf 18 % dieser Fläche nach dem niedrigen Szenario RCP2.6 verringern. Auch nach dem Szenario RCP2.6 könnten also mehr als 80 % der Gletscheroberfläche von 2003 bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verschwunden sein.18

Viele kleine Gletscher in niedrigerer Lage werden ganz abschmelzen. Sehr kleine Gletscher mit unter 0,5 km2 Fläche haben bereits in den letzten 30 Jahren 60 % ihres Volumens verloren und werden bis 2040 noch einmal 90 % ihres gegenwärtigen Volumens verlieren. 71 % dieser Gletscher werden dann komplett verschwunden sein.19 Sehr große Gletscher zeigen dagegen aufgrund ihrer längeren Reaktionszeit einen geringeren Anteil an Flächenverlust. Das Abschmelzen von Talgletschern, von denen einige immer noch mehrere hundert Meter mächtig sind, dauert viele Jahrzehnte, so dass von einigen der großen Talgletscher auch am Ende des 21. Jahrhunderts noch Reste existieren werden. So wird nach Modellsimulationen der zweitgrößte Gletscher der Alpen, der Gornergletscher in der südwestlichen Schweiz, zwar kurz nach der Jahrhunderthälfte in verschiedene Teile zerfallen sein, um 2100 aber immer noch größere Eismassen im heutigen Firngebiet aufweisen (vgl. Abb.).18

© M. Huss 2012; CC BY


Abb. 8: Projektionen der Gletscherausdehnung des Gornergletschers in der südwestlichen Schweiz nach dem Szenario RCP6.0 bis 210026


Anmerkungen:
1.  Agrawala, S. (2007): Climate Change in the European Alps. ADAPATING WINTER TOURISM AND NATURAL WINTER HAZARDS, OECD publishing, 17 – 23
2. Zemp, M. (2006): Glaciers and climate change – Spatio-temporal analysis of glacier fluctuations in the European Alps after 1850. PhD thesis, Universität von Zürich
3. Haeberli, W., F. Paul and M. Zemp (2013): Vanishing Glaciers in the European Alps, Fate of Mountain Glaciers in the Anthropocene Pontifical Academy of Sciences, Scripta Varia 118, 2013, www.pas.va/content/dam/accademia/pdf/sv118/sv118-haeberli-paul-zemp.pdf
4. UNEP, WGMS (2008): Global Glacier Changes: Facts and Figures
5. Escher-Vetter, H. & J. L. Lozán (2015): Veränderungen der Schweizer Gletscher. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.): Warnsignal Klima: Das Eis der Erde, 155-158, doi:10.2312/warnsignal.klima.eis-der-erde.23
6. Springer, C., Matulla, C., Schöner, W., Steinacker, R., Wagner, S. (2013): Downscaled GCM projections of winter and summer mass balance for Central European glaciers (2000–2100) from ensemble simulations with ECHAM5-MPIOM, International Journal of Climatology, 33, 1270 – 1279
7. European Environment Agency (2009): Regional climate change and adaption. The Alps facing the challenge of changing water resources
8. Disch, D., Reppe, S., Jacob, D., Göttel, H., Kotlarski, S. und Lorenz, P. (2008): Klimawandel in den Alpen: Fakten – Folgen – Anpassung, BMU, 1 -23
9. Carturan, L., C. Baroni, M. Brunetti, A. Carton, G. Dalla Fontana, M. C. Salvatore, T. Zanoner, and G. Zuecco (2016), Analysis of the mass balance time series of glaciers in the Italian Alps, Cryosphere, 10, 695–712, doi:10.5194/tc-10-695-2016
10. Zemp, M., Haeberli, W., Hoelzle, M., Paule, F. (2006): Alpine glaciers to disappear within decades? Geophysical Research Letters Vol. 33, doi:10.1029/2006GL026319
11. Paul, F., Kääb, A., Maisch, M., Kellenberger, T., Haeberli, W. (2004): Rapid disintegration of Alpine glaciers observed with satellite data, Geophysical Research Letters Volume 31, Issue 21, November 2004
12. Abermann, J., Lambrecht, A., Fischer, A., Kuhn, M. (2009): Quantifying changes and trends in glacier area and volume in the Austrian Ötztal Alps (1969-1997-2006), The Cyrosphere, 3, 205 - 215
13. Schiermeier, Q. (2010): Glaciers' Wane not all down to humans, NATURE 465, 677
14. Vincent, C., A. Fischer, C. Mayer, A. Bauder, S. P. Galos, M. Funk, E. Thibert, D. Six, L. Braun, and M. Huss (2017): Common climatic signal from glaciers in the European Alps over the last 50 years, Geophysical Research Letters 44, 1376–1383, doi: 10.1002/2016GL072094.
15. Paul, F., Käab, A., Haeberli, W. (2007): Recent glacier changes in the Alps observed by satellite: Consequences for future monitoring strategies, Elsevier Volume 56, Issues 1 – 2, Pages 111 – 122
16. Painter, T., Flanner, M., Kaser, G., Marzeion, B., VanCuren, R., Abdalati, W. (2013): End of the Little Ice Age in the Alps forced by industrial black carbon, PNAS Vol. 110 No. 38
17. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): Klimawandel in den Alpen. Fakten – Folgen – Anpassung
18. Huss, M. (2012): Extrapolating glacier mass balance to the mountain-range scale: the European Alps 1900–2100, The Cryosphere, 6, 713–727, doi:10.5194/tc-6-713-2012
19. Huss, M. and M. Fischer (2016): Sensitivity of Very Small Glaciers in the Swiss Alps to Future Climate Change. Frontiers in Earth Science 4:34. doi: 10.3389/feart.2016.00034
20.
Quelle: Der Rhonegletscher mit Gletsch und Furkapass um 1900; Autor: Photoglob AG, Zürich, Switzerland or Detroit Publishing Company, Detroit, Michigan; Lizenz: "Photographs in this collection were published before 1923 and are therefore in the public domain."
21. Quelle der Daten: CORDEX EUR-11 von Earth System Grid Federation (ESGF) Datenportal, online unter: http://esgf-data.dkrz.de, Modell: KNMI-RACMO22E (Königlich-Niederländisches Meteorologisches Institut), basiert auf ICHEC-EC-EARTH. Abb. erzeugt mit dem Visualisierungsprogramm Panoply der NASA.
22. Eigene Darstellung nach: Auer, I., et al. (2007): HISTALP – historical instrumental climatological surface time series of the Greater Alpine Region, International Journal of Climatology 27, 17–46
23. Quelle: Wikimedia Commons: Rhonegletscher; Source: German Wikipedia, original upload 30. Mai 2005 by Oliver s. (selfmade 28.5.05); Lizenz: CC BY-SA
24. Quelle: Vincent, C., A. Fischer, C. Mayer, A. Bauder, S. P. Galos, M. Funk, E. Thibert, D. Six, L. Braun, and M. Huss (2017): Common climatic signal from glaciers in the European Alps over the last 50 years, Geophys. Res. Lett., 44, 1376–1383, doi: 10.1002/2016GL072094; Lizenz: CC BY-NC-ND
25. Carturan, L., C. Baroni, M. Brunetti, A. Carton, G. Dalla Fontana, M. C. Salvatore, T. Zanoner, and G. Zuecco (2016), Analysis of the mass balance time series of glaciers in the Italian Alps, Cryosphere, 10, 695–712, doi:10.5194/tc-10-695-2016; Lizenz: CC BY
26. Quelle: Huss, M. (2012): Extrapolating glacier mass balance to the mountain-range scale: the European Alps 1900–2100, The Cryosphere, 6, 713–727, doi:10.5194/tc-6-713-2012, Lizenz: CC BY

Gletscher in den Alpen

Die Alpen erstrecken sich mit einer Länge von 1200 km über die Schweiz, Deutschland, Slowenien, Italien, Liechtenstein, Österreich und Frankreich. Sie nehmen eine Fläche von ungefähr 190.000 km² ein und werden von rund 15 Millionen Menschen bewohnt.1 Im deutschsprachigen Raum werden die Alpen in die westlichen und östlichen Alpen aufgeteilt. Die Westalpen sind höher als die Ostalpen und besitzen zahlreiche Gipfel mit über 4000 m Höhe. In den Westalpen liegt mit dem Mont Blanc (4810 m) der höchste Berg der Alpen und Europas. Hier befinden sich mit dem Monte-Rosa-Massiv (4634 m), Matterhorn (4478), Jungfrau (4158 m) u.a. auch die meisten anderen Viertausender der Alpen. In den Ostalpen erreicht nur die Bernina-Gruppe (4049 m) eine Höhe von knapp über 4000 m. Der höchste Berg Österreichs, der Großglockner, ist dagegen lediglich 3797 m hoch. Westen und Osten werden durch den Rhein und den Splügenpass abgegrenzt. Gletscher und Klima in den Alpen Abb. 1: Der Rhonegletscher um 190020 Zurzeit beherbergen die Alpen ungefähr 5000 Gletscher,2 die noch in den 1970er Jahren eine Fläche von fast 3000 km² bedeckten.3 Der größte Talgletscher in den Alpen ist der Aletsch-Gletscher, der als UNESCO-Weltnaturerbe deklariert wurde und sich mit einer Länge von 23 km in den Berner Alpen erstreckt. Die Gletscher der Alpen sind Hauptquellort für den Rhein, die Rhône, den Po und die Donau; daher werden die Berge der Alpen auch als „Wassertürme“ Europas bezeichnet.1 Insgesamt befinden sich zwei Drittel der beständigen Eisoberflächen der Gebirge Mittel-Europas (Alpen, Pyrenäen, Kaukasus) in den Alpen.4 Die Alpen unterliegen vier verschiedenen Klimaeinflüssen: Vom Atlantik im Westen strömt milde und feuchte Luft in den Alpenraum, aus dem Süden warme mediterrane Luft, aus dem Norden kalte Polarluft und aus dem Osten kontinentale Luftmassen. Die räumliche Änderung des Klimas sowie die Physiogeographie der Alpen beeinflussen die Temperaturverteilung und den Niederschlag. Durch ihre Höhe, Vegetation und Schneebedeckung üben die Alpen selbst einen Einfluss auf das Wetter aus.1 Auf der Nord- und Südseite der Alpen fallen in ca. 2000 m Höhe jährlich 2000-2800 mm Niederschlag, in den Zentralalpen dagegen nur 800 bis 1800 mm. Die Sommertemperaturen der Südalpen liegen um 1 °C höher als auf der Nordseite. Im Norden herrscht ein mitteleuropäisch-ozeanisches Klima, in den Zentralalpen sind eher kontinentale Witterungsbedingungen bestimmend.5 Abb. 2: Jahresmitteltemperatur in den Alpen und Umgebung 1971-2000 nach Modelldaten21 Temperatur und Niederschlag sind maßgeblich für die Entwicklung von Gletschern in den Alpen. Die Temperatur in den Alpen ist jahreszeiten- und höhenabhängig. Die Höhenabhängigkeit wirkt sich am stärksten vom Herbst bis zum frühen Winter hin aus. Die Saisonabhängigkeit des Niederschlags ist räumlich variabel und hängt von dem Ort und der Orographie ab. Jedoch ist in den Alpen ein Ost-West-Gradient zu erkennen: Im Osten der Alpen kommt es zu weniger Niederschlag als im Westen, was durch die Nähe des Westens zum Atlantik begründet werden kann. Im Winter fällt fast der gesamte Niederschlag ab 1500 m in Form von Schnee; der Schnee bleibt in 2000 m Höhe von Mitte November bis Ende Mai liegen.1 Schwankungen in der großskaligen atmosphärischen Zirkulation prägen ebenfalls das Klimas in den Alpen. Die Auswirkungen dieser Änderungen für die Entwicklung von Hoch- und Tiefdruckgebieten und damit auch für die den Transport (Advektion) von Luftmassen in die Alpen. Ein Hochdruckgebiet im Sommer führt beispielsweise zu absinkenden trockenen Luftmassen, die mit wenig Bewölkung und Niederschlag einhergehen. Dadurch erhöht sich die solare Einstrahlung, die Temperatur steigt und führt damit zu einer stark ausgeprägten negativen Massenbilanz der Gletscher. Die Eisschmelze wird vor allem während des Spätsommers zusätzlich dadurch verstärkt, dass das Eis der Abschmelzregion direkt der Kurzwellenstrahlung ausgesetzt wird. Der Schnee in diesem Gebiet ist alt und schmutzig, damit hat er eine geringe Albedo, die den Schmelzprozess verstärkt. Im Winter ist ein Tiefdruckgebiet über den Britischen Inseln und über der Nordsee mit einer südlichen Advektion von warmer und feuchter Luft verbunden. Ist das Tiefdruckgebiet weiter östlich angesiedelt, kommt es zu einer Kaltluftadvektion, die feuchte Luftmassen aus polaren Regionen in die nördlichen Alpen transportiert. Das führt zu verstärktem Niederschlag und verstärkter Wolkenbildung. Beides führt zu einer Verminderung der eintreffenden solaren Strahlung und zu geringen Temperaturen und schließlich zu einer positiven Massenbilanz. Durch den Massenzuwachs durch Schnee erhöht sich dann auch wieder die Albedo. Die Position und die Stärke von Tief- und Hochdruckgebieten über der Nordatlantikregion in Europa und der Zeitpunkt ihres Auftretens sind also maßgeblich für die Luftmassenadvektion und damit für die Massenbilanz der Gletscher.6 Vor allem im Winter steht das Klima stark unter dem Einfluss der Nordatlantischen Oszillation (NAO), die sich besonders im Westen und in hohen Lagen auf Temperatur und Niederschlag auswirkt. Eine stärkere NAO sorgt für den Transport warmer und feuchter Luftmassen vom Atlantik Richtung Alpen. Die gleichzeitig höheren Niederschläge fallen zu einem erheblichen Teil aufgrund der höheren Temperaturen als Regen statt als Schnee, so dass die Gletscher an Masse verlieren. Im Osten hingegen fällt mit einem höheren Winterniederschlag entlang der nördlichen Grenze der Alpen bei einem steigenden NAO-Index auch mehr Schnee, da die Temperaturen hier aufgrund der kontinentaleren Lage geringer als im Westen sind. Im Zentrum und im Süden der Alpen fallen bei einer starken NAO weniger Niederschläge, da die Regionen im Lee der Hauptluftströmungen liegen. Das wirkt sich negativ auf die Gletscherbildung aus. Klimaänderungen in den Alpen Der beobachtete Klimatrend in den Alpen zeigt, dass sich die Nachttemperaturen im Winter im Vergleich im 20. Jahrhundert um bis zu 2 °C erhöht haben. Bei den Tagestemperaturen ist der Anstieg geringer. Seit 1980 geht die Erwärmung in den Alpen mit der globalen Erwärmung einher; sie ist in den Alpen jedoch etwa dreimal höher als im globalen Durchschnitt. Besonders starke Temperaturzunahmen konnten in den Jahren 1994, 2000, 2002 und besonders im Hitzesommer 2003 beobachtet werden.1 Abb. 3: Temperaturveränderungen in der Alpen-Region relativ zu 1901-200022 Die Temperaturzunahme in den Alpen hat mehrere Ursachen. Bis 1950 können Temperaturschwankungen vor allem durch natürliche Einflüsse wie eine verstärkte solare Strahlung begründet werden. Ab 1950 wirkten anthropogene Aerosole und Treibhausgasemissionen etwa im gleichen Maß wie die natürlichen Einflüsse. So kam es zwischen 1950 und 1970 zu einer leichten Abkühlung des Alpenklimas, da hier der Einfluss durch anthropogene Aerosole dominierte; ab 1970 gewannen die anthropogenen Treibhausgase die Oberhand und es kam zu einer Erwärmung.7 Über den Niederschlag lässt sich sagen, dass im Nordwesten der Alpen der Niederschlag speziell im Winter zugenommen hat, während im südlichen und östlichen Teil der Alpen im Herbst ein Rückgang verzeichnet wurde. Für die Schneefälle lässt sich feststellen, dass in den tieferen Lagen der Alpen (< 300 m) die Schneedeckendauer um 30 – 40 % zurückgegangen ist, in höheren Lagen hat sie sich jedoch nur um 10% vermindert. Dieser negative Trend scheint sich also mit zunehmender Höhe abzuschwächen.8 Veränderungen der Alpinen Gletscher Abb. 4: Der Rhonegletscher im Jahr 200523 Die Gletscher der Alpen sind mit einer mehr als hundertjährigen Beobachtung die am besten dokumentierten Gletscher der Welt.3 Zu 25 Gletschern in den Alpen gibt es kontinuierliche Massenbilanz-Messungen über mindestens 10 Jahre und zu 11 davon über mehr als 30 Jahre.9 In der Schweiz wurde bereits um 1880 an 10 Gletschern mit der Vermessung der Gletscherlänge und 1914 mit der Bestimmung der Massenbilanz des Claridenfirns begonnen.5 Die maximale Oberfläche und das maximale Volumen der Alpengletscher wurden während der letzten tausend Jahre am Ende der Kleinen Eiszeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht,4 als die gesamte vergletscherte Fläche rund 4500 km2 betrug. Seitdem hat sich die Gletscheroberfläche bis in die 1970er Jahre auf 2900 km2, bis 2003 auf wenig mehr als 2000 km2 und bis 2010 auf 1800 km2 reduziert. Während der ersten 130 Jahre betrug die Verlustrate 10-15 km2 pro Jahr und steigerte sich nach 1985 auf 40-45 km2/Jahr. Abb. 5: Änderungen der kumulativen jährlichen Massenbilanz relativ zu 1964 in Wasseräquivalenten bei ausgewählten Alpengletschern24 Ähnlich schrumpfte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auch das Gletschervolumen. Während es für die Zeit um 1850 auf 200-300 km3 geschätzt wurde, beliefen sich die Berechnungen für die Jahrtausendwende auf rund die Hälfte und für 2011 auf nur noch 80 km3.3 Seit 1980 ist jedoch wieder ein beschleunigter Eisverlust zu beobachten, der in dem Rekordhitzesommer 2003 in einem Volumenverlust von 5 – 10 % im Vergleich zu dem Gesamtvolumen aus dem Jahr 2000 gipfelte.4 Das jetzige Gletschervolumen liegt bei einem Drittel des ursprünglichen Volumens von 185010 und wurde erst für das Jahr 2025 erwartet.11 Die Abschätzungen sind jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet. Einzelne Jahre können von dem Gesamttrend abweichen. Besonders die größeren Gletscher befinden sich außerdem nicht in Übereinstimmung mit dem heutigen Klima. Wahrscheinlich müssten diese noch ein weiteres Drittel ihrer Fläche verlieren, um sich mit dem Klima zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Gleichgewicht zu befinden.3 Der Vergleich von Oberflächenänderungen der Gletscher in den Ötztaler Alpen lässt annehmen, dass die Gletscher, deren Fläche kleiner als 0.1 km² ist, sich dagegen auf das aktuelle Klima eingestellt haben.12 Ursachen der Gletscherschmelze Als Ursachen für den Rückgang der Gletscher in den Alpen kommen sowohl natürliche Schwankungen des Klimas wie der Klimawandel durch den Menschen in Frage; beides trägt jeweils etwa je zur Hälfte zu dem Rückgang der Gletscher bei.13, 14 Ab 1970 konnte in den Alpen eine anthropogene Erwärmung (siehe oben) beobachtet werden, die maßgeblich zu der Gletscherschmelze beitrug. Doch bereits vor diesem Zeitpunkt zeigen Aufzeichnungen, dass die Gletscher der Alpen von 1860 – 1930 im Durchschnitt um rund einen Kilometer zurückgewichen sind. Der Rückzug der Gletscher in dieser Zeit kann sehr wahrscheinlich durch Rußablagerungen infolge der Industrialisierung erklärt werden. Durch die abgelagerten Rußpartikel wird die Oberflächenalbedo der Gletscher geringer und damit die absorbierte solare Strahlung größer, das Eis nimmt also Wärme auf.15, 16 Abb. 6: Tage pro Jahr mit einer maximalen Temperatur über 0 °C bei 3000 m Höhe in der Ortles-Cevedale-Gruppe, Italien25 In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch zunehmend der Anstieg der Sommertemperaturen als der wichtigste Faktor für das Abschmelzen der Gletscher gezeigt. Zwischen 1961 und 2013 haben die Temperaturen zwischen Juni und September um fast 0,4 °C pro Jahrzehnt zugenommen. Dadurch hat sich z.B. die Anzahl der Tage mit mehr als 0 °C maximaler Temperatur in 3000 m Höhe in den Ortler-Alpen, einer italienischen Gebirgsgruppe nördlich des Gardasees, von ca. 160 in den 1960er Jahren auf etwa 190 in den 2000er Jahren erhöht. Als Folge hat sich auch die Ablationszeit verlängert.3 Die Niederschläge zeigen dagegen keinen signifikanten Trend in der Akkumulationszeit im Winter. Sie sind stark von der NAO und der Häufigkeit blockierender Wetterlagen auf der Nordhemisphäre beeinflusst. Dabei zeigen Nord- und Südalpen ein gegensätzliches Verhalten. Die Tendenz zu einem abnehmenden NAO-Index in den letzten zwei Jahrzehnten hatte einen zunehmenden Winterniederschlag auf der Alpen-Südseite zur Folge, während auf der Nordseite das Umgekehrte der Fall ist.9 Eine starke NAO bringt jedoch nicht nur Niederschläge, sondern transportiert im Winter auch warme Luftmassen in die Alpenregion, so dass der Niederschlag eher als Regen denn als Schnee fällt. Projektionen Nach Modellberechnungen mit dem regionalen Klimamodell REMO kann es im Alpenraum bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu einer erheblichen Erwärmung von 3 °C bis 4,5 °C kommen.17 Für die Sommer wird davon ausgegangen, dass die Erwärmung über dem Westen der Alpen stärker sein wird als über dem Osten. Außerdem wird angenommen, dass in den Alpen in größeren Höhen stärker steigen als in tieferen Lagen.1 Die Menge der Jahresniederschläge wird sich nach Modellprognosen nur wenig ändern, die jahreszeitlichen Unterschiede können sich allerdings weiter verstärken. Im Sommer werden die Niederschläge danach um 30% abnehmen, im Winter um 5-10% zunehmen.8 Aufgrund der steigenden Temperaturen ergeben sich dabei vor allem deutliche Abnahmen bei der Schneefallmenge und der Zahl der Schneetage, da der Niederschlag zunehmend als Regen fallen wird. Die Nullgradgrenze kann in den Wintermonaten bis zum Ende des Jahrhunderts um ca. 650 m steigen. Das bedeutet für Regionen, die zwischen 1000 und 1500 m liegen, eine Abnahme der Schneefallmenge um bis zu 60%. Selbst über 2000 m kann die Schneefallmenge immer noch um 20-30% abnehmen.17 Abb. 7: Veränderung der Gletscherfläche (oben) und des kumulierten Eisvolumens aller Gletscher der europäischen Alpen 1900-210026 Diese Trends sind maßgebliche Einflüsse auf die Massenbilanz von Gletschern und die Schneebedeckung in den Alpen.1 Der Eisverlust der Alpengletscher wird weiter zunehmen. Für 2050 wurde eine Abnahme von -1,3 m Wasseräquivalent (w.e.) pro Jahr berechnet. Die vergletscherte Fläche wird sich nach dem hohen Szenario RCP8.5 auf 4 % der Fläche von 2003 und auf 18 % dieser Fläche nach dem niedrigen Szenario RCP2.6 verringern. Auch nach dem Szenario RCP2.6 könnten also mehr als 80 % der Gletscheroberfläche von 2003 bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verschwunden sein.18 Viele kleine Gletscher in niedrigerer Lage werden ganz abschmelzen. Sehr kleine Gletscher mit unter 0,5 km2 Fläche haben bereits in den letzten 30 Jahren 60 % ihres Volumens verloren und werden bis 2040 noch einmal 90 % ihres gegenwärtigen Volumens verlieren. 71 % dieser Gletscher werden dann komplett verschwunden sein.19 Sehr große Gletscher zeigen dagegen aufgrund ihrer längeren Reaktionszeit einen geringeren Anteil an Flächenverlust. Das Abschmelzen von Talgletschern, von denen einige immer noch mehrere hundert Meter mächtig sind, dauert viele Jahrzehnte, so dass von einigen der großen Talgletscher auch am Ende des 21. Jahrhunderts noch Reste existieren werden. So wird nach Modellsimulationen der zweitgrößte Gletscher der Alpen, der Gornergletscher in der südwestlichen Schweiz, zwar kurz nach der Jahrhunderthälfte in verschiedene Teile zerfallen sein, um 2100 aber immer noch größere Eismassen im heutigen Firngebiet aufweisen (vgl. Abb.).18 Abb. 8: Projektionen der Gletscherausdehnung des Gornergletschers in der südwestlichen Schweiz nach dem Szenario RCP6.0 bis 210026 Anmerkungen: 1. Agrawala, S. (2007): Climate Change in the European Alps. ADAPATING WINTER TOURISM AND NATURAL WINTER HAZARDS, OECD publishing, 17 – 23 2. Zemp, M. (2006): Glaciers and climate change – Spatio-temporal analysis of glacier fluctuations in the European Alps after 1850. PhD thesis, Universität von Zürich 3. Haeberli, W., F. Paul and M. Zemp (2013): Vanishing Glaciers in the European Alps, Fate of Mountain Glaciers in the Anthropocene Pontifical Academy of Sciences, Scripta Varia 118, 2013, www.pas.va/content/dam/accademia/pdf/sv118/sv118-haeberli-paul-zemp.pdf 4. UNEP, WGMS (2008): Global Glacier Changes: Facts and Figures 5. Escher-Vetter, H. & J. L. Lozán (2015): Veränderungen der Schweizer Gletscher. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.): Warnsignal Klima: Das Eis der Erde, 155-158, doi:10.2312/warnsignal.klima.eis-der-erde.23 6. Springer, C., Matulla, C., Schöner, W., Steinacker, R., Wagner, S. (2013): Downscaled GCM projections of winter and summer mass balance for Central European glaciers (2000–2100) from ensemble simulations with ECHAM5-MPIOM, International Journal of Climatology, 33, 1270 – 1279 7. European Environment Agency (2009): Regional climate change and adaption. The Alps facing the challenge of changing water resources 8. Disch, D., Reppe, S., Jacob, D., Göttel, H., Kotlarski, S. und Lorenz, P. (2008): Klimawandel in den Alpen: Fakten – Folgen – Anpassung, BMU, 1 -23 9. Carturan, L., C. Baroni, M. Brunetti, A. Carton, G. Dalla Fontana, M. C. Salvatore, T. Zanoner, and G. Zuecco (2016), Analysis of the mass balance time series of glaciers in the Italian Alps, Cryosphere, 10, 695–712, doi:10.5194/tc-10-695-2016 10. Zemp, M., Haeberli, W., Hoelzle, M., Paule, F. (2006): Alpine glaciers to disappear within decades? Geophysical Research Letters Vol. 33, doi:10.1029/2006GL026319 11. Paul, F., Kääb, A., Maisch, M., Kellenberger, T., Haeberli, W. (2004): Rapid disintegration of Alpine glaciers observed with satellite data, Geophysical Research Letters Volume 31, Issue 21, November 2004 12. Abermann, J., Lambrecht, A., Fischer, A., Kuhn, M. (2009): Quantifying changes and trends in glacier area and volume in the Austrian Ötztal Alps (1969-1997-2006), The Cyrosphere, 3, 205 - 215 13. Schiermeier, Q. (2010): Glaciers' Wane not all down to humans, NATURE 465, 677 14. Vincent, C., A. Fischer, C. Mayer, A. Bauder, S. P. Galos, M. Funk, E. Thibert, D. Six, L. Braun, and M. Huss (2017): Common climatic signal from glaciers in the European Alps over the last 50 years, Geophysical Research Letters 44, 1376–1383, doi: 10.1002/2016GL072094. 15. Paul, F., Käab, A., Haeberli, W. (2007): Recent glacier changes in the Alps observed by satellite: Consequences for future monitoring strategies, Elsevier Volume 56, Issues 1 – 2, Pages 111 – 122 16. Painter, T., Flanner, M., Kaser, G., Marzeion, B., VanCuren, R., Abdalati, W. (2013): End of the Little Ice Age in the Alps forced by industrial black carbon, PNAS Vol. 110 No. 38 17. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): Klimawandel in den Alpen. Fakten – Folgen – Anpassung 18. Huss, M. (2012): Extrapolating glacier mass balance to the mountain-range scale: the European Alps 1900–2100, The Cryosphere, 6, 713–727, doi:10.5194/tc-6-713-2012 19. Huss, M. and M. Fischer (2016): Sensitivity of Very Small Glaciers in the Swiss Alps to Future Climate Change. Frontiers in Earth Science 4:34. doi: 10.3389/feart.2016.00034 20. Quelle: Der Rhonegletscher mit Gletsch und Furkapass um 1900; Autor: Photoglob AG, Zürich, Switzerland or Detroit Publishing Company, Detroit, Michigan; Lizenz: "Photographs in this collection were published before 1923 and are therefore in the public domain." 21. Quelle der Daten: CORDEX EUR-11 von Earth System Grid Federation (ESGF) Datenportal, online unter: http://esgf-data.dkrz.de, Modell: KNMI-RACMO22E (Königlich-Niederländisches Meteorologisches Institut), basiert auf ICHEC-EC-EARTH. Abb. erzeugt mit dem Visualisierungsprogramm Panoply der NASA. 22. Eigene Darstellung nach: Auer, I., et al. (2007): HISTALP – historical instrumental climatological surface time series of the Greater Alpine Region, International Journal of Climatology 27, 17–46 23. Quelle: Wikimedia Commons: Rhonegletscher; Source: German Wikipedia, original upload 30. Mai 2005 by Oliver s. (selfmade 28.5.05); Lizenz: CC BY-SA 24. Quelle: Vincent, C., A. Fischer, C. Mayer, A. Bauder, S. P. Galos, M. Funk, E. Thibert, D. Six, L. Braun, and M. Huss (2017): Common climatic signal from glaciers in the European Alps over the last 50 years, Geophys. Res. Lett., 44, 1376–1383, doi: 10.1002/2016GL072094; Lizenz: CC BY-NC-ND 25. Carturan, L., C. Baroni, M. Brunetti, A. Carton, G. Dalla Fontana, M. C. Salvatore, T. Zanoner, and G. Zuecco (2016), Analysis of the mass balance time series of glaciers in the Italian Alps, Cryosphere, 10, 695–712, doi:10.5194/tc-10-695-2016; Lizenz: CC BY 26. Quelle: Huss, M. (2012): Extrapolating glacier mass balance to the mountain-range scale: the European Alps 1900–2100, The Cryosphere, 6, 713–727, doi:10.5194/tc-6-713-2012, Lizenz: CC BY Links

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