Klimawandel und Klimafolgen

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Gletscher auf Neuseeland

Die Gletscher der neuseeländischen Alpen liegen etwa auf derselben Breite auf der Südhalbkugel wie die der europäischen Alpen auf der Nordhalbkugel. Die klimatischen Bedingungen unterscheiden sich jedoch deutlich.


Übersicht

In den bis über 3000 m hohen Südlichen Alpen auf der Südinsel Neuseelands sind 3132 Gletscher registriert, die eine Fläche von 1139 km2 bedecken. Die meisten Gletscher sind kleinere Kar- und Hanggletscher, die jeweils eine Fläche von weniger als 0,2 km2 besitzen.1 In den zentralen Südlichen Alpen gibt es aber auch große Talgletscher, die teilweise mit dicken Schotterschichten (Debris) bedeckt sind. Der größte ist der Tasman-Gletscher mit einer Fläche von 95 km2. Seine Eismasse macht ca. 30 % des neuseeländischen Eisvolumens aus.2 Das Eisvolumen sämtlicher Gletscher auf der Südinsel Neuseelands wurde für 2008 auf 46,1 km3 Wasseräquivalente geschätzt.3

© Wikimedia Commons, Norman Kuring; ursprgl. NASA


Abb. 1: Südinsel von Neuseeland. Die weißen Flecken deuten die Gletschergebiet an (Aufnahme im Süd-Sommer).7

Die Südlichen Alpen liegen im Westwindgürtel mit einem starken Abfall der Niederschläge von West nach Ost. Die mittleren Jahresniederschläge reichen von 3000 mm an der Westküste bis zu 10 000 mm in den Höhenlagen der Westseite der Südlichen Alpen.4 Aber auch die hochgelegenen Ostseiten jenseits der Hauptwasserscheide profitieren noch von überschwappenden Niederschlägen, die aufgrund der Höhenlage auch im Sommer noch als Schnee fallen. Diese hohen Niederschläge in großen Höhen sind die Grundlage für die zahlreichen Gletscher Neuseelands. Da die Akkumulationsgebiete trotzdem häufig nicht mehr als 30 km von der Küste entfernt liegen, fällt die Oberfläche der Gletscher auf der Westseite der Südinsel Neuseelands häufig steil ab und sorgt für einen effektiven Massentransport in Küstennähe, wo die Jahresmitteltemperaturen um 10 °C liegen. Die starken Niederschläge und der Temperaturgegensatz zwischen Nähr- und Zehrgebiet sorgen für einen hohen Massenumsatz. Der erheblichen Schneeakkumulation in der Höhe entspricht ein massives Abschmelzen an der Gletscherzunge, durch das zahlreiche Gletscherseen entstanden sind.1

Änderungen der Gletscher

Während die Gletscherzungen der kleineren Gletscher um etwa fünf Jahre verzögert auf klimatische Änderungen regieren, beträgt die Verzögerung der großen Talgletscher bis zu 100 Jahre. Um 1900 unterschied sich die Länge der meisten Gletscher kaum von der der Kleinen Eiszeit. Und auch in den ersten drei Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts gab es keine nennenswerten Änderungen. Über das ganze letzte Jahrhundert haben die neuseeländischen Gletscher aber ähnlich an Länge verloren wie andere Gletscher in der Welt. So sind die kleineren Kar- und alpinen Gletscher nahezu auf die Hälfte ihrer Ausdehnung während der Kleinen Eiszeit geschrumpft, während die Talgletscher nur etwa ein Viertel ihrer ursprünglichen Länge verloren haben. Insgesamt wurde die vergletscherte Fläche um 23-32 % reduziert.4

© Wikimedia Commons, en:user:dramatic und Jörg Hempel


Abb. 2: Franz-Josef-Gletscher 2001 und 20118

Ähnliche Veränderungen lassen sich auch für das Eisvolumen beobachten. Für 1976 wurde das Eisvolumen sämtlicher Gletscher auf der Südinsel Neuseelands noch mit 54,5 km3 geschätzt, 2008 lag es bei 46,1 km3. Die Volumenabnahme in den 32 Jahren von 1976 bis 2008 betrug demnach 8,4 km3 bzw. 15 %. Die Mehrheit der Gletscher besteht aus kleinen bis mittleren Gletschern, die relativ schnell auf klimatische Änderungen, die z.B. die Schneefallgrenze nach oben verschieben und/oder die Gletscherzunge stärker abschmelzen lassen, reagieren. Etwa 12 größere Gletscher reagieren dagegen nur sehr langsam und befinden sich nicht im Gleichgewicht mit dem heutigen Klima. Sie zeigen in ihrem gegenwärtigen Verhalten noch Reaktionen auf Klimaänderungen über das gesamte 20. Jahrhundert. Der Volumenverlust geschah bei ihnen hauptsächlich dadurch, dass die Gletscherzungen zerfielen, wenn das Gletscherende unter das Niveau der ausfließenden Gletscherbäche gelangte. Anschließend haben sich oft Gletscherseen gebildet, in die die Gletscher kalbten und damit weiter an Masse verloren. Die 12 großen Gletscher haben zu dem gesamten Volumenverlust von 8,4 km3 zwischen 1976 bis 2008 mit fast 6 km3 mehr als Zweidrittel beigetragen.3

© Statistics New Zealand


Abb. 3: Veränderung des Gletschervolumens auf Neuseeland 1978-20149

Die Rate des Eisvolumenverlusts betrug 1976-2008 etwa 0,3 km3 pro Jahr. Man nimmt an, dass sie damit deutlich unter der Verlustrate zwischen 1850 und 1976 liegt, die auf 0,5-0,8 km3 pro Jahr geschätzt wurde. Das Eisvolumen aller neuseeländischen Gletscher betrug 1850 nach Berechnungen etwa 170 km3, wovon nur noch etwas mehr als ein Viertel übrig geblieben ist. In den letzten drei Jahrzehnten zeigten die Gletscherveränderungen starke Schwankungen. Es gab Perioden mit deutlichen Verlusten, aber auch solche mit einem Wachstum der Gletschermasse. So nahm von Anfang der 1980er bis Ende der 1990er Jahre das Eisvolumen zu, während es danach im wesentlichen wieder abnahm.3

Nur einige Talgletscher wie der Tasman-Gletscher, der Fox- und der Franz-Josef-Gletscher, die mit dicken Schuttschichten bedeckt sind, wiesen zunächst relativ geringe Eisverluste auf. In der Zeit von 1980 bis Ende der 1990er Jahre sind sie sogar etwas gewachsen. So nahm die Länge des Franz-Josef-Gletschers um 1200 m zu.4 Seit etwa 2000 schmelzen jedoch auch die großen Talgletscher deutlich. So hat in den letzten Jahren der Tasman-Gletscher stark an Masse verloren und kalbt z.Zt. in einen Gletschersee. Durch Abschmelzen, Zerfall und Kalben verliert er ungefähr 0,1 km3 pro Jahr.2 Auch der Franz-Josef-Gletscher hat sich seit 2001 stark zurückgezogen (s. ABB.).

Ursachen

Als Ursachen der Gletscheränderungen wurde unter dem Eindruck des Gletscherwachstums Ende des 20. Jahrhunderts lange Zeit der Einfluss des Niederschlags als höher eingeschätzt als der der Temperatur. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Änderungen der jährlichen Mitteltemperatur einen größeren Einfluss auf die Gletschergröße haben als die Änderungen des Niederschlags. Wenn die Jahresmitteltemperaturen über dem Durchschnitt der Jahre 1971-2000 lagen, war die Massenbilanz der Gletscher negativ, lag sie darunter, zeigten die Gletscher eine positive Massenbilanz.3 Untersuchungen an dem Brewster Gletscher, der wie die meisten Gletscher in Neuseeland im Bereich starker maritimer Niederschläge liegt, haben gezeigt, dass der Gletscher deutlich stärker auf Änderungen der Temperatur reagiert als auf solche der Niederschläge. So sind Niederschlagszu- bzw. -abnahmen um 50 % erforderlich, um die gleiche Wirkung zu erzielen wie eine Temperaturzu- oder -abnahme um 1 °C.5

Die Temperaturschwankungen sind wiederum abhängig von den Schwankungen der hier vorherrschenden Westwinde.3 Ähnlich wie die NAO im Nordatlantik gibt es auch im Südpazifik eine Dekadenschwankung der Westwindzirkulation, die entscheidend die Wetterbedingungen zwischen 45 °S und 60 °S beeinflusst und damit auch die Gletscher der Südlichen Alpen Neuseelands. Die Schwankungen der Westwindzirkulation sind wiederum abhängig von ENSO: Bei vorherrschenden El-Niño-Bedingungen ist die Westwindzirkulation verstärkt, bei La-Niña-Bedingungen geschwächt. Starke Westwinde bringen kühlere Temperaturen, mehr Wolken und mehr Niederschläge, was das Wachstum der Gletscher begünstigt. Dominieren La-Niña-Bedingungen, verhält es sich umgekehrt. Die Expansion mancher Neuseeländischer Gletscher zwischen 1977 und 1998 fällt nicht zufällig in eine Periode häufiger El-Niño-Ereignisse. Ab 2000 ist die Periode des Gletscherwachstums wieder vorbei. Im letzten Jahrzehnt haben eher La-Niña-Bedingungen mit einer schwächeren Westwindzirkulation vorgeherrscht.2;4 Vorübergehende und schwächere Ausnahmen mit vorstoßenden Gletscherzungen fanden sich in einigen Fällen in den Jahren von Mitte 2005 bis Ende 2008.1

© Wikimedia, James Shook


Abb. 4: Mündung der mit Schutt bedeckten Zunge des Tasman-Gletschers in den neu entstandenen Gletschersee.6

Kaum von den aktuellen Klimaschwankungen berührt sind allerdings die großen mit Schutt bedeckten Talgletscher, in deren Ausdehnung und Massenbilanz sich eher das Klima des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.1 Von den Steilhänge an den Flanken der tief eingeschnittenen Talgletscher und den umgebenden Berggipfeln fällt viel Schutt auf deren Oberfläche, der im Akkumulationsgebiet zwar immer wieder von Schnee bedeckt wird, im Ablationsbereich unterhalb der Gleichgewichtslinie aber zunehmend austaut und nicht selten, wie etwa beim Tasman-Gletscher, die ganze Gletscherzunge bedeckt. Dadurch verhindert die Schuttdecke, dass sich der Gletscher den aktuellen Klimaeinflüssen anpassen kann. Schon eine 5-10 cm mächtige Schuttschicht reduziert das Abschmelzen der Gletscheroberfläche um bis zu 60 %. Bei mehreren Metern Mächtigkeit, wie sie auf vielen Gletscherzungen zu finden ist, ist die Isolation nahezu vollständig. Der Gletscher taut dann von unten und intern, wodurch Schmelzwasserseen zunächst unter dem Eis entstehen, die irgendwann zum Einbrechen der Gletscherdecke führen. Dadurch kommt es zur Entstehung großer Gletscherseen vor der Zunge, in die der Gletscher dann kalbt.

Ausblick

Für die Zukunft ist es denkbar, dass El-Niño-Ereignisse häufiger werden, was dann dazu führen könnte, dass die Akkumulation einiger neuseeländischen Gletscher zunimmt und ihre Massenbilanz sich positiv entwickelt. Falls die künftige Erwärmung jedoch die 2-Grad-Grenze überschreiten sollte, wird dadurch das Abschmelzen im Sommer so sehr verstärkt und die Schnee-Regen-Grenze soweit sowohl räumlich nach oben wie jahreszeitlich verschoben, dass der Einfluss von El-Niño-Ereignissen auf die Westwinde nur noch von sekundärer Bedeutung sein wird. Die globale Erwärmung wird also in den nächsten Jahrzehnten mit sehr wahrscheinlich auch bei den neuseeländischen Gletschern zu einem weiteren Verlust an Eismasse führen.2 Mit großer Sicherheit lässt sich für die schuttbedeckten Talgletscher vorhersagen, dass sie sich künftig weiter zurückziehen werden, da ihre Anpassung an die gegenwärtige Klimaentwicklung erst in den nächsten Jahrzehnten erfolgen wird.1

Anmerkungen:
1. Winkler, S. (2015): Die gegenwärtige Situation der Gletscher auf Neuseeland. In: Lozán, J. L., H. Grassl, D. Kasang, D. Notz & H. Escher-Vetter (Hrsg.). Warnsignal Klima: Das Eis der Erde, 123-129
2. Purdie, H., et al. (2011): Interannual variability in net accumulation on Tasman Glacier and its relationship with climate, Global and Planetary Change 77, 142–152
3. T. Chinn, B.B. Fitzharris, A. Willsman, M.J. Salinger (2012): Annual ice volume changes 1976–2008 for the New Zealand Southern Alps, Global and Planetary Change 92–93, 105-118
4. Chinn, T.J., Winkler, S., Salinger, M.J., Haakense, N., (2005): Recent glacier advances in Norway and New Zealand: a comparison of their glaciological and meteorological causes. Geografiska Annaler 87A (1), 141–157
5. Anderson, B., et al., (2010): Climate sensitivity of a high precipitation glacier in New Zealand. Journal of Glaciology 56, 114–128.
6. Wikimedia Commons, James Shook: Lake Tasman Lizenz: CC BY
7. Wikimedia Commons, Norman Kuring; ursprgl. NASA. Quelle: Turbid Waters Surround New Zealand; public domain, s. JPL Image Use Policy der NASA.
8.  Linkes Bild: Wikimedia Commons, en:user:dramatic; Franz Josef glacier.JPG, Lizenz: CC BY-SA; rechtes Bild: Wikimedia Commons, Jörg Hempel; Franz Josef Glacier LC0250.jpg Lizenz: CC BY-SA
9. Quelle: Statistics New Zealand: Change in glacier ice volume Lizenz: CC 4.0 BY