Extremereignisse

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Hurrikane: Trends und globale Erwärmung

Gibt es einen Trend bei der Anzahl oder Stärke der Hurrikans, von dem man auf einen Zusammenhang mit der globalen Erwärmung schließen könnte?

Die atlantischen Hurrikan-Saisons 2004 und 2005 haben nicht zuletzt wegen der starken Zerstörungen in den USA erneut die Frage nach einem eventuellen Zusammenhang zwischen der Zunahme von Hurrikanen und der globalen Erwärmung aufgeworfen. Ein Blick auf die Hurrikan-Statistik seit den 1940er Jahren zeigt einerseits starke Schwankungen von Jahr zu Jahr, die im allgemeinen dem ENSO-Phänomen zugeschrieben werden (Abb. 1). So korrelierten die Jahre 1983 und 1997 mit ihrer auffällig schwachen Hurrikan-Tätigkeit mit den "Jahrhundert"-El-Niños dieser Jahre. Andererseits zeigen sich Schwankungen über mehrere Jahrzehnte. So gab es bereits in den 1940er und 1950er Jahren relativ viele Tropische Stürme und Hurrikane pro Saison, während in den 1970er und 1980er Jahren die Hurrikan-Tätigkeit deutlich abnahm. Seit 1995 gibt es dagegen wieder sowohl eine starke Zunahme der tropischen Stürme insgesamt wie auch der stärkeren Hurrikane der Kategorien 3, 4 und 5. Besonders ragt dabei die Hurrikansaison 2005 mit 6 stärkeren Hurrikanen (wie auch schon 1996 und 2004) und 23 benannten Stürmen insgesamt heraus. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Namensgebung reichten die im Vorwege festgelegten 21 Namen nicht aus, so dass die weiteren Hurrikane nach dem griechischen Alphabet mit Alpha und Beta benannt werden mussten. Als Ursache für die Dekaden-Schwankung wird eine entsprechende Schwankung der Ozeantemperaturen angenommen, die möglicherweise mit der Variabilität der Thermohalinen Zirkulation zusammenhängt. Ein Trend über das ganze 20. Jahrhundert, der die Dekaden-Schwankung überlagert, konnte nicht festgestellt werden.1

© Eigene Darstellung nach NOAA National Climatic Data Center


Abb. 1:
Die atlantische Hurrikan-Statistik zeigt neben Schwankungen von Jahr zu Jahr eine deutliche Dekaden-Schwankung. In den 1940er und 1950er Jahren gab es relativ viel tropische Stürme und Hurrikane, in den 1970er und 1980er Jahren relativ wenige. Seit Mitte der 1990er Jahre zeigt sich ein erneuter Anstieg der Hurrikan-Aktivität.2

Jüngere Forschungen, die nicht nur die Anzahl, sondern die Stärke und Energie der Hurrikane untersucht haben, kommen dennoch zu dem Ergebnis, dass die globale Erwärmung einen über die natürliche Dekaden-Schwankung hinausgehenden zusätzlichen Einfluss auf die Hurrikan-Aktivität besitzt. Jenseits aller Variabilität zeigt hiernach der tropische Atlantik im Jahrzehnt 1995-2004 die höchsten Oberflächentemperaturen seit 1870. Gleichzeitig ist infolge der globalen Erwärmung der atmosphärische Wasserdampfgehalt in den atlantischen Hurrikangebieten seit den 1980er Jahren um 1,3% pro Dekade gestiegen. Die höheren Meeresoberflächentemperaturen und der höhere Wasserdampfgehalt der Atmosphäre werden als Ursache sowohl für die deutliche Zunahme der Hurrikan-Energie gesehen, worunter die gesammelte Intensität und Dauer sämtlicher Tropischer Stürme und Hurrikane einer Saison verstanden wird, als auch für die Zunahme der Hurrikan-Niederschläge seit 1995.3

© Eigene Darstellung nach Webster 2005


Abb. 2:
Meeresoberflächentemperaturen in den Hurrikangebieten der angegebenen Ozeanbecken während der jeweiligen Hurrikansaison4

Auch global zeigt sich zwischen 1970 und 2004 nach jüngsten Untersuchungen eine Zunahme der tropischen Meeresoberflächentemperatur um 0,5 oC. (Abb. 5). Außerdem wurde festgestellt, dass sich weltweit die schwächeren und die stärkeren Hurrikanen in den letzten Jahrzehnten unterschiedlich entwickelt haben. Während die Anzahl der schwachen und mittleren Hurrikane (Kategorie 1-3) seit den 1970er Jahren keine Veränderung zeigt, hat sich die Zahl der stärkeren Hurrikane (Kategorie 4 und 5) von global 50 in den 1970ern auf etwa 90 in den Jahren 1994-2004 nahezu verdoppelt (vgl. Abb. 3). Ein 30-Jahre-Trend reicht für eine Begründung der aktuellen Entwicklung durch die globale Erwärmung allerdings nicht aus. Die Beschränkung der Untersuchung auf das Satellitenzeitalters lässt sich andererseits kaum vermeiden, weil verlässliche globale Daten aus früheren Perioden nicht zur Verfügung stehen.

© Eigene Darstellung nach Emanuel 2005


Abb. 3:
Die globale Anzahl der schwachen und mittleren (Kategorie 1-3) und der starken Hurrikane (Kategorie 4 und 5) von 1970/4 bis 200/04 jeweils über vier Jahre gemittelt.5

Der Trend zu stärkeren Hurrikanen kommt noch deutlicher in einer jüngsten Veröffentlichung zum Ausdruck, die nach der totalen Zerstörungskraft eines Hurrikans fragt.6 Diese basiert auf dem gesamten Energieumsatz, der durch die Windgeschwindigkeit, die räumliche Ausdehnung und die Lebensdauer eines Hurrikans bestimmt wird. Seit Beginn der 1990er Jahre hat hiernach der Hurrikan-Energieumsatz stark zugenommen. Diese Zunahme übersteigt in den letzten ca. 10 Jahren deutlich die natürlichen Dekadenschwankungen im Zyklus von ca. 30 Jahren. Als Grund wird die längere Lebenszeit wie die größere Sturmintensität der Hurrikane gesehen. Die enge Korrelation mit der Meeresoberflächentemperatur weist auf den Zusammenhang mit der globalen Erwärmung (Abb. 3). Allerdings sind Hurrikane auch von anderen Faktoren abhängig, so von dem vertikalen Temperaturprofil der Troposphäre, von den Temperaturen auch direkt unterhalb der Meeresoberfläche, von Scherwinden in der Höhe und von natürlichen Klimaschwankungen wie El Niño und NAO (s. dazu unten). Die Forschungsergebnisse, die einen Zusammenhang zwischen der Hurrikan-Entwicklung und dem anthropogenen Klimawandel behaupten, blieben daher auch nicht unwidersprochen.7

© Eigene Darstellung nach Emanuel 2005


Abb. 4:
Index der Meeresoberflächentemperatur (blau) im tropischen Nordatlantik (6o-18o N, 20o-60o W) und des Energieumsatzes (rot) bei nordatlantischer Hurrikanen 1930-20048

Die jüngsten Ergebnisse stehen jedoch prinzipiell in Einklang mit Modellrechnungen über die künftige Hurrikanentwicklung in einer wärmeren Welt.9 Einige Modellrechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Intensität der tropischen Stürme sich bis 2050 um 5-10% und die durch Hurrikane verursachten Starkniederschläge sogar um 25% zunehmen werden. Dabei wird der Unterschied zwischen Perioden mir relativer Ruhe und solchen mit starker Hurrikan-Tätigkeit zunehmen. Nach 2050 wird der Effekt der globalen Erwärmung sich immer deutlicher von diesen natürlichen Dekadenschwankungen abheben. Die Anzahl der Stürme und ihr Verbreitungsgebiet werden sich jedoch kaum ändern.10 Modellprognosen sind jedoch immer noch mit hohen Unsicherheitsfaktoren behaftet, u.a. weil die Auflösung der Modell für die Simulation von Hurrikanen immer noch zu grob ist und weil auch die Zusammenhänge zwischen der Meeresoberflächentemperatur und der Hurrikandynamik noch nicht hinlänglich verstanden sind.

Ein wichtiger Unsicherheitsfaktor in der Prognose über die künftigen Aktivitäten tropischer Zyklonen ist ihre Abhängigkeit von Temperaturanomalien im tropischen Pazifik, die als El Niño-Southern Oscillation (ENSO) bekannt sind. Deren Einfluss auf die tropischen Zyklonen variiert von Ozeanbecken zu Ozeanbecken. Bei El Niño-Ereignissen wird die Aktivität tropischer Zyklonen in den meisten Regionen des Pazifiks verstärkt, im Atlantik sowie im Nordwestpazifik und vor Australien dagegen abgeschwächt; bei La Niña-Ereignissen ist es umgekehrt.11 So verursacht z.B. ein El Niño durch teleconnections (Fernwirkung) eine Erwärmung der oberen Troposphäre über dem tropischen Nordatlantik. Die dadurch geringere Temperaturdifferenz zwischen der Meeresoberfläche und der oberen Troposphäre ist für die Entwicklung von Hurrikanen ungünstig.12 Wie sich aber El Niño und La Niña in einem durch den Menschen verstärkten Treibhausklima verhalten werden, ist noch weithin unklar.

Anmerkungen:
1.Vgl. Walsh, K. (2004): Tropical cyclones and climate change: unresolved issues, Climate Research 27, 77-83
2.Verändert nach National Climatic Data Center (http://lwf.ncdc.noaa.gov/oa/climate/research/2005/katrina.html); Daten 2005 ergänzt nach: http://www.ncdc.noaa.gov/oa/climate/research/2005/2005-atlantic-trop-cyclones.html
3.Trenberth, K. (2005): Uncertainty in Hurricanes and Global Warming, Science 308, 1753-1754
4.verändert nach Webster, P. J. , G.J. Holland, J.A. Curry, and H.-R. Chang (2005): Changes in Tropical Cyclone Number, Duration, and Intensity in a Warming Environment, Science 309, 1844-1846
5.Emanuel, K. (2005): Increasing destructiveness of tropical cyclones over the past 30 years, Nature 436, 686-688
6.Webster, P.J., G.J. Holland, J.A, Curry, H.-R. Chang (2005): Changes in Tropical Cyclone Number, Duration, and Intensity in a Warming Environment, Science 309, 1844-1846
7.Ein knapper Überblick über die Stellungnahmen findet sich bei Kerr, R.A. (2005): Is Katrina a Harbinger of Still More Powerfull Hurricanes?, Science 309, 1807; eine gründlichere kritische Analyse bietet der Artikel Pielke Jr., R.A.,C. Landsea, M. Mayfield, J. Laver and R. Pasch (2005): Hurricanes and Global Warming, Bulletin of the American Meteorological Society 86/11, 1571-1575; eine Kritik von R.A. Pielke und C.W. Landsea an den Ergebnissen von K. Emanuel und eine Erwiderung Emanuels finden sich in Nature 438, E11-E13 (2005)
8.Emanuel, K. (2005): Increasing destructiveness of tropical cyclones over the past 30 years, Nature 436, 686-688
9.Webster, P.J., G.J. Holland, J.A, Curry, H.-R. Chang (2005): Changes in Tropical Cyclone Number, Duration, and Intensity in a Warming Environment, Science 309, 1844-1846
10.Walsh, K. (2004): Tropical cyclones and climate change: unresolved issues, Climate Research 27, 77-83
11.Pielke Jr., R.A. and Landsea, C.N. (1999): La Niña, El Niño, and Atlantic Hurricane Damages in the United States, Bulletin of the American Meteorological Society, Vol. 80, No. 10, October 1999, 2027-2033
12.Tang, B.H., and J.D. Neelin (2004): ENSO Influence on Atlantic hurricanes via tropospheric warming, Geophysical Research Letters 31, L24204 10.1029/2004GL021072