Klimaprojektionen für die Polargebiete
Polargebiete
Abb. 1: Änderung der Jahresmitteltemperatur in der Arktis (links) und Antarktis (rechts) bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in °C1
Das arktische Klima ist durch zahlreiche nichtlineare Interaktionen zwischen Atmosphäre, Kryosphäre, Ozean, Land und Vegetation sowie innerhalb dieser Systeme geprägt. Dabei spielt das Meereis durch seinen Einfluss auf die Albedo eine entscheidende Rolle. Eine Verringerung der Meereis-Ausdehnung führt zu einer sich selbst verstärkenden Erwärmung (einem positiven Rückkopplungseffekt), da dadurch weniger Sonnenstrahlung reflektiert und mehr vom Boden absorbiert wird. Die Interaktion der Systeme hat ausgeprägte langfristige natürliche Schwankungen des Klimas zur Folge. Beispiele sind die Arktische und Nordatlantische Oszillation sowie die Pazifische Dekadenoszillation. So ist z.B. eine positive NAO-Phase (die durch einen starken Gegensatz zwischen Island-Tief und Azoren-Hoch gekennzeichnet ist) mit warmen und feuchten Wintern in Sibirien und kalten, trockenen Wintern in West-Grönland und NO-Kanada verbunden. In den letzten drei bis vier Jahrzehnten zeigte die NAO einen positiven Trend. Und auch wenn die letzten Jahre nahezu eine Rückkehr zu normalen NAO-Verhältnissen gebracht haben, sagen die meisten Modelle einen Trend zu positiven NAO-Verhältnissen auch für das 21. Jahrhundert voraus.
Abb. 2: Klimafolgen der stratosphärischen Ozonabnahme1a
Auch die Antarktis ist durch Klimaschwankungen geprägt, durch die Südliche Oszillation und durch das ENSO-Phänomen. Die Interaktion beider Schwankungen ist noch nicht ganz geklärt. Hinzu kommt ein Einfluss des Ozonlochs, das den Zirkumpolarstrom verstärkt. Ozon ist ein Treibhausgas, dessen Verlust in der Stratosphäre zu einer Abkühlung führt, die sich mit wenigen Monaten Verspätung auch der unteren Troposphäre mitteilt. Dadurch wird der Gegensatz zwischen der kalten inneren Antarktis und der umgebenden Atmosphäre über dem Südlichen Ozean erhöht, mit der Folge verstärkter zirkumpolarer Strömungen. Die Westantarktischen Halbinsel ragt über diese Strömung nach Norden hinaus und weist bisher die stärksten Erwärmungen global auf.
Temperatur
Es wird erwartet, dass die Erwärmung der Arktis ungefähr doppelt so hoch ausfallen wird wie im globalen Durchschnitt. Nach dem A1B-Szenario wird die Temperaturzunahme im Mittel von 21 Modellprojektionen 5 °C betragen, im Winter sogar 6,9 °C.2 Dabei wird die Erwärmung im Gegensatz zu den Entwicklungen in niedrigeren Breiten über dem Ozean deutlich höher als über dem Land ausfallen. Grund ist das Abschmelzen des Meereises, das durch den Eis-Albedo-Effekt die Erwärmung verstärkt. Über dem zentralen Arktischen Ozean wird die Erwärmung bei 5-7 °C liegen, saisonal besonders im Herbst und Winter. Während regional die stärkste Erwärmung in der Barentssee erwartet wird, wird die geringste Erwärmung mit unter 2 °C im nördlichen Nordatlantik aufgrund der Abschwächung der Thermohalinen Zirkulation angenommen. Die Erwärmung wird durch die prognostizierte Tendenz zu einer positiven NAO-Phase noch verstärkt.
Abb. 3: Änderung der arktischen Jahresmitteltemperatur nach den Szenarien A2 und B2 zwischen 2000 und 2100 (Vergleich zum Mittel 1980-2000) sowie der globalen Jahresmitteltemperatur (Vergleich zu 1990)3
Die Erwärmung über der Antarktis wird moderater, aber merkbar ausfallen. Hier wird die Temperaturzunahme im Jahresmittel nach dem A1B-Szenario als Durchschnitt von 21 Modellen 2,6 °C betragen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen sind relativ gering. Die Modelle zeigen auch keine besonders auffällige Erwärmung über der Westantarktischen Halbinsel, wie sie am Ende des 20. Jahrhunderts beobachtet wurde. Auch zwischen Sommer und Winter werden keine größeren Unterschiede prognostiziert.
Der neue IPCC-Bericht von 2013 geht von den neu entwickelten RCP-Szenarien aus. Nach dem relative niedrigen Szenario RCP4.5 (entspricht etwa dem Szenario B1 der SRES-Szenarien) wird es über den Landgebieten der Arktis bis 2100 eine Erwärmung von 5,0 °C und über dem Meer von 7,0 °C geben. Im Sommer ist die Erwärmung mit 2,2 °C über dem Land und 1,5 °C über dem Ozean deutlich geringer.6 Nach dem Szenario RCP6.0, das etwa A1B entspricht, beträgt die winterliche Erwärmung 5,8 (Land) bzw. 8,0 °C (Meer).7
Niederschlag
Alle Modelle zeigen eine Zunahme der Niederschläge über der Arktis, uns zwar als Folge der Erwärmung und damit verbundenen höheren Verdunstung. Dabei wird eine Zunahme der Niederschläge um 5 % pro 1 °C Erwärmung prognostiziert. Durch die hohe Erwärmung ergibt sich eine Zunahme der Niederschläge im Jahresmittel um 18 %, im Winter sogar um 26 %. Als Ursache für die hohen Winterniederschläge wird eine Abschwächung des arktischen Hochs und Verstärkung des Island-Tiefs angenommen. Regional wird die größte Zunahme der Niederschläge über dem Arktischen Ozean (30-40 %) und die geringste, entsprechend der geringen Temperatursteigerung, im nördlichen Nordatlantik (unter 5 %) erwartet.4
Auch in der Antarktis wird der Niederschlag nach Modellergebnissen zunehmen, bei dem Szenario A1B um 14 %, wobei die Modellergebnisse jedoch breit gestreut sind. Wie in der Arktis werden auch hier die Niederschläge im Winter stärker zunehmen als im Sommer, können jedoch nicht so eindeutig bestimmt werden. Die Folgen werden eine größere Schnee-Akkumulation und ein Anwachsen zumindest des Ostantarktischen Eisschildes sein.5
Anmerkungen:
1. Quelle: Daten nach CMIP5 simulations of the Max Planck Institute for Meteorology (MPI-M) based on the MPI-ESM-MR model: The rcp85 experiment, served by ESGF; geplottet mit dem Visualisierungsprogramm Panoply der NASA
1.a Eigene Darstellung
2. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 11.8.1.3 und Table 11.1
3. Eigene Darstellung nach Arctic Climate Impact Assessment (ACIA): ACIA-Graphics Set 1
4. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 11.8.1.3 und Table 11.1
5. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 11.8.2.3 und Table 11.1
6. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 14.8.2