Klimawandel

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Sozioökonomische Narrative

Die sozioökonomischen SSP-Basisszenarien

Einleitung

Ein Vorteil der SSP-Szenarien für den Unterricht besteht in der Beschreibung der sozialen und ökonomischen Verhältnisse als Grundlage von Treibhausgasemissionen. Dadurch werden für Schülerinnen und Schüler die hinter dem Klimawandel stehenden gesellschaftlichen Antriebe besser vorstellbar und mit ihrer eigenen Lebenswelt verknüpfbar. Und nicht zuletzt ermöglicht die Darstellung der sich in verschiedene Richtungen ändernden sozio-ökonomischen Verhältnisse eine Diskussion über den richtigen Weg zur Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels sowie die Beurteilung der aktuellen Klimapolitik im eigenen Land, in anderen Staaten und weltweit. Bei der Nutzung der Daten wird es dadurch auch interessanter, verschiedene Szenarien miteinander zu vergleichen. So macht ein Vergleich der visualisierten Daten der Szenarien SSP126 und SSP370 deutlich, welche klimatischen Folgen eine nachhaltige und international kooperative Entwicklung im Gegensatz zu einem durch nationalen Egoismus bestimmten Weg nach sich zieht.

© KC 2017

Abb. 1: Entwicklung der Weltbevölkerung bis 2100 nach verschiedenen SSP-SzenarienB1

Die sogenannten Narrative alternativer gesellschaftlicher Veränderungen beziehen sich auf Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft, Technologie, Soziales, Regierungshandeln und Umwelt. Sie enthalten sowohl qualitative Beschreibungen wie quantitative Bestimmungen von Schlüsselvariablen wie Bevölkerung, Energieverbrauch, Gesundheit, Bildung, politische Strukturen etc. Die Beschreibungen werden kombiniert mit Einschätzungen der Fähigkeit, die Herausforderungen bei Klimaschutz und Klimaanpassung zu bewältigen.

  1. Die Basis-Szenarien stellen mögliche gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungen dar, ohne neue klimapolitische Maßnahmen über die bereits bestehenden Maßnahmen hinaus zu berücksichtigen.
  2. Die Klimaschutz-Szenarien beziehen eine zukünftige aktive Klimapolitik mit ein.

Hier werden die Basis-Szenarien dargestellt. Auf die Klimaschutz-Szenarien wird im Teil über das Klima der SSP-Szenarien eingegangen. Die Basis-Szenarien bestehen aus fünf sozioökonomischen Entwicklungspfaden (SSP1 bis SSP5):1

SSP1: Nachhaltigkeit – den grünen Weg gehen

Die Welt beschreitet graduell, aber tiefgreifend einen nachhaltigen Weg. Der Prozess beginnt in den Ländern mit hohem Einkommen, weitet sich aber global aus. Durch eine immer wirksamere Zusammenarbeit lokaler, nationaler und internationaler Organisationen und Institutionen, des privaten Sektors und der Zivilgesellschaft verbessert sich allmählich die Verwaltung der globalen Gemeinschaftsgüter. Investitionen in Bildung und Gesundheit beschleunigen den demographischen Übergang zu einer relativ niedrigen Bevölkerungszahl. Ungleichheiten werden sowohl in den einzelnen Staaten als auch zwischen ihnen abgebaut.

© KC 2017


Abb. 2: Entwicklung der Weltbevölkerung nach Bildungsgrad in der SSP1-WeltB1

Ein etwas langsameres ökonomisches Wachstum wird dabei in Kauf genommen. Erneuerbare Energien werden zunehmend attraktiv. Investiert wird in Umwelttechnologie und in die Verbesserung der Ressourcen-Effizienz, wodurch allgemein der Ressourcenverbrauch und der Energiekonsum reduziert werden. Der Konsum orientiert sich allgemein an einem geringen Material- und Energieverbrauch. Damit sind die Grundlagen gegeben, dass die Anforderungen an einen wirksamen Klimaschutz mit relativ geringem Aufwand bewältigt werden können. Ebenso tragen die Verbesserungen der menschlichen Lebensbedingungen (z.B. in Bildung und Gesundheit) und die Stärkung der regionalen, nationalen und globalen Institutionen dazu bei, dass auch die Anpassung an den Klimawandel eine machbare Herausforderung darstellt.

Das Szenario SSP1 stellt einen Bruch mit dem gegenwärtigen Ressourcen-intensiven Entwicklungsmodell der Industrieländer dar, dem auch die Schwellenländer zunehmend gefolgt sind. Länder mit hohem Einkommen sind in diesem Szenario aufgefordert, die ärmeren Länder bei ihren Entwicklungszielen zu unterstützen und ihnen Zugang zu sozialen und finanziellen Ressourcen und neuen Technologien zu ermöglichen.

SSP2: der mittlere Weg

Die soziale, ökonomische und technologische Entwicklung weicht bei diesem Szenario nicht wesentlich von den bisherigen Mustern ab. Entwicklung und Einkommenszuwachs verlaufen ungleichmäßig, wobei einige Länder relativ gute Fortschritte machen, während andere hinter den Erwartungen zurückbleiben. Globale und nationale Institutionen arbeiten zusammen, machen aber nur geringe Fortschritte bei einem besseren Zugang zur Bildung, Wasserversorgung und Gesundheitsfürsorge. Die technologische Entwicklung macht Fortschritte, bleibt aber ohne grundlegende Durchbrüche. Die Abhängigkeit von fossilen Energien nimmt langsam ab. Das Bevölkerungswachstum ist moderat. Die Bildungsinvestitionen sind jedoch nicht hoch genug, um das Bevölkerungswachstum schnell genug abzuschwächen. Die Einkommensungleichheiten werden ebenfalls nur langsam abgebaut. Die Fähigkeiten, den Klimawandel abzuschwächen bzw. sich ihm anzupassen, bleiben weltweit begrenzt. Insgesamt bleibt die Entwicklung den bekannten Mustern des letzten Jahrhunderts verhaftet.

SSP3: Regionale Rivalitäten – ein steiniger Weg

Ein wiederauflebender Nationalismus, die Sorge um Wettbewerbsfähigkeit und nationale Sicherheit sowie regionale Konflikte führen dazu, dass innenpolitische oder allenfalls regionale Fragen im Mittelpunkt stehen. Globale Institutionen sind schwach und kooperieren kaum zu Umwelt- und anderen globalen Problemen. Vielfach werden im Energie- und Landwirtschaftssektor Handelsschranken errichtet. Die Staaten streben auf Kosten einer breiteren Entwicklung Energie- und Nahrungsmittelsicherheit auf ihrem eigenen Gebiet an. In einigen Regionen kommt es in diesem Zusammenhang zur Errichtung autoritärer Regierungsformen.

© Fujimori 2017


Abb. 3: Entwicklung der Primärenergieversorgung in der SSP1- und SSP3-Welt.B2

Investitionen in Erziehung und technologische Entwicklung nehmen ab. Die Wirtschaftsentwicklung ist mäßig, der Konsum materialintensiv, soziale Ungleichheiten bestehen fort oder nehmen mit der Zeit sogar zu. Besonders in Entwicklungsländern gibt es Gebiete mit extremer Armut neben solchen mit mäßigem Reichtum. Viele Länder kämpfen um den Zugang zu sauberem Wasser, verbesserten sanitären Einrichtungen und Gesundheitsversorgung für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. In manchen Regionen kommt es zu starker Umweltzerstörung. Der zunehmende Ressourcenverbrauch, die Abhängigkeit von fossilen Energien, die geringe technologische Entwicklung und die Probleme bei der internationalen Kooperation stellen für den Kampf gegen den Klimawandel und die Anforderungen an die Klimaanpassung hohe Herausforderungen dar.

Regionale Rivalitäten sind in einigen Regionen der Welt bereits heute schon sichtbar, stehen aber noch in Kontrast zu globalen Trends in anderen Regionen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten in wichtigen Volkswirtschaften führen teilweise schon zu  protektionistischen Maßnahmen. Nationale politische Konflikte zeigen die Tendenz, sich zu regionalen Konflikten auszuweiten. Regionale Rivalitäten schwächen auch gegenwärtig bereits die Unterstützung internationaler Institutionen und den Prozess zu wichtigen Entwicklungszielen wie Umweltschutz, Bevölkerungswachstum, Gesundheit.

SSP4: Ungleichheit – getrennte Wege

Dieses Szenario ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Kluft zwischen einer international vernetzten Gesellschaft, die gut ausgebildet ist und an der wissens- und kapitalintensiven globalen Ökonomie teilhat, und einer fragmentierten Ansammlung wenig gebildeter ärmerer Bevölkerung, die in einer arbeitsintensiven und wenig technisierten Wirtschaft tätig ist. Diese Kluft kann sich sowohl zwischen wie innerhalb von Staaten auftun. Die Macht ist konzentriert auf eine kleine politische und wirtschaftliche Elite. Das wirtschaftliche Wachstum in den Industrieländern ist moderat, während in ärmeren Ländern die Bevölkerung vielfach um einen Zugang zu sauberem Wasser und anderen Lebensgrundlagen kämpft. Die Technologische Entwicklung ist in den hochentwickelten Sektoren weit fortgeschritten, ansonsten aber eher unterentwickelt. Die Umweltpolitik konzentriert sich auf lokale Belange von Gebieten mit mittlerem und hohem Einkommen. Die internationale Verflechtung der Eliten machen gewisse Fortschritte beim Klimaschutz möglich. Eine Klimaanpassung ist jedoch aufgrund des großen Anteils der wenig entwickelten breiteren sozialen Schichten und deren begrenztem Zugang zu effektiven Institutionen sehr schwierig.

SSP5: Entwicklung durch fossile Energien – der Weg in die Heißzeit

In dieser Welt sorgen konkurrierende Märkte und innovative Gesellschaften für einen schnellen technologischen Fortschritt und die Entwicklung von Humankapital. Die digitale Revolution ermöglicht zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte einen weltweiten Diskurs eines zunehmenden Teils der globalen Bevölkerung, wodurch Institutionen und Zusammenarbeit weltweit gefördert werden. Die globalen Märkte sind zunehmend integriert, wobei sich die politischen Ziele auf die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs und die Beseitigung institutioneller Hindernisse konzentrieren. Die Weltwirtschaft zeigt ein starkes Wachstum. In Gesundheit und Bildung wird stark investiert.

© Kriegler 2017


Abb. 4: Veränderung der Primärenergieversorgung nach dem Basisszenario SSP5 bis 2100.B3

Gleichzeitig ist die ökonomische und soziale Entwicklung weltweit an die Ausbeutung umfangreicher fossiler Ressourcen und an einen Ressourcen- und Energie-intensiven Lebensstil gebunden. Lokale Umweltprobleme werden effektiv durch technologische Maßnahmen gelöst. Aber es gibt nur geringe Anstrengungen, globale Umweltprobleme zu bewältigen. Die starke Abhängigkeit von fossilen Energiequellen macht die Begrenzung des Klimawandels sehr schwierig. Durch das hohe ökonomische Wachstum und die hochtechnisierte Infrastruktur sind die Fähigkeiten zur Anpassung an den Klimawandel dagegen relativ weit entwickelt. Man ist in der SSP-5-Welt also wenig in der Lage, eine starke globale Erwärmung aufzuhalten, aber die meisten Staaten können sich durch Deichbau, Warnsysteme vor Wetterextremen, Gesundheitsvorsorge usw. vor den Folgen des Klimawandels zu einem großen Teil schützen.

Anmerkungen:
1.
Weitgehend nach: O’Neill, B. C., E. Kriegler, K.L. Ebi, et al. (2017): The roads ahead: narratives for shared socioeconomic pathways describing world futures in the 21st century, Global Environ. Change, 42, 169–180, https://doi.org/10.1016/j.gloenvcha.2015.01.004

Bildquellen:
B1. KC, S., W. Lutz (2017): The human core of the shared socioeconomic pathways: Population scenarios by age, sex and level of education for all countries to 2100. Global Environ. Change 42, 181-192; Lizenz:  CC BY-NC-SA
B2. Fujimori, S., T. Hasegawa, T. Masui (2017): SSP3: AIM implementation of Shared Socioeconomic Pathways. Global Environmental Change 42, 268-283; verändert: Beschriftung; Lizenz: CC BY
B3. Kriegler, E., N. Bauer, A. Popp, et al. (2017): Fossil-fueled development (SSP5): an energy and resource intensive scenario for the 21st century, Global environmental change, 42, 297–315, verändert: Beschriftung; Lizenz: CC BY