Klimawandel und Klimafolgen

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Malaria

Bei der Malaria handelt es sich um eine fieberhafte Erkrankung, die durch Plasmodien verursacht wird, in Europa vor allem durch Plasmodium vivax, in den Tropen durch Plasmodium falciparum. Als Überträger wirken die zahlreichen Arten der Anopheles-Mücke. Anopheles-Mücken gibt es auch in Deutschland, die jedoch gegenwärtig nicht infiziert sind.

Bisherige Verbreitung
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO leben heute ca. 3 Milliarden Menschen, das sind 48 % der Weltbevölkerung, in malariagefährdeten Gebieten. Jährlich kommt es zu ca. 400-500 Millionen Infektionsfällen mit mehr als einer Million Toten, vor allem bei Kindern.1 Nach Schätzungen der WHO werden die Infektionsfälle allein durch das Bevölkerungswachstum bis 2050 auf 750 bis 1100 Millionen zunehmen.2

© Wikipedia


Abb. 1: Verbreitungsgebiete von Malaria2a

Bis ins 19. Jahrhundert war Malaria auch in Deutschland und Europa weit verbreitet. Sogar während der sog. „Kleinen Eiszeit“ im 16. und 17. Jahrhundert, der kältesten Periode in Europa seit dem Mittelalter, gab es Malaria-Epidemien in weiten Teilen Europas, so z. B. auch in Skandinavien und Großbritannien. In Deutschland erreichte die Malariaverbreitung ihren Höhepunkt in der ersten Hälfte de 19. Jahrhunderts. Die Vorkommen lagen vor allem im Küstengebiet, aber auch entlang von Rhein und Donau. 1826 z.B. kam es an der Nordsee zu einer Epidemie mit ca. 10 000 Krankheitsfällen und vielen Toten. Außer im Mittelmeerraum war die Malaria in Europa Ende des 19. Jahrhunderts dann weitgehend verschwunden.

Die Gründe für die weitgehende Ausrottung der Malaria in Europa lagen nicht in klimatischen Änderungen, die durch die allmähliche Erwärmung eher das Gegenteil hätten bewirken sollen. Vielmehr wurden die Lebensbedingungen der Anopheles-Mücken durch menschliche Maßnahmen zunehmend eingeschränkt. Eine entscheidende Rolle spielten die Trockenlegung von Feuchtgebieten, die Begradigung von Flüssen und der Ausbau von Kanalisationssystemen, durch die Mückenbrutplätze erheblich reduziert wurden. Außerdem lebten die Menschen durch Migration in die Städte oder durch verbesserte Wohnbedingungen auf dem Land zunehmend weniger in enger Gemeinschaft mit Nutztieren, die vielen Mücken als Wirt dienten. Hinzu kam ab Mitte des 20. Jahrhunderts die Vernichtung der Anophelesmücken durch das Insektenbekämpfungsmittel DDT.3 Von 1900 bis 2002 wurden auf diese Weise die Risikogebiete von 53 % der globalen Landoberfläche auf 27 % verringert.4

Zu einem gewissen Wiederaufleben von Malariaerkrankungen in Deutschland kam es im und unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg. Die Kriegsereignisse begünstigten die Verbreitung der Malariaerreger durch Flüchtlings- und Truppenbewegungen und die Brutbedingungen der Anopheles-Mücken durch Bombentrichter u.a. Landschaftszerstörungen. Seit Mitte der 1950er Jahre gilt die Malaria in Deutschland als ausgerottet. Entscheidend war die Verwendung des Insektizids DDT. Vereinzelt wieder aufgetretene Fälle sind durch den weltweiten Tourismus und Warentransport und das damit einhergehende Einschleppen von infizierten fremden Vektoren bedingt. Seit den 1990er Jahren belaufen sich diese Fälle auf ca. 1000 Erkrankungen pro Jahr. Malaria gilt damit als die bedeutendste Importkrankheit in Deutschland.5

Auch wenn die Geschichte der Malaria in Europa vor allem durch soziale und ökologische Faktoren geprägt war, ist weltweit gesehen das Klima für die Verbreitung der Malaria von entscheidender Bedeutung. Der Grund ist die hohe Abhängigkeit sowohl der Vektoren wie der Erreger von klimatischen Faktoren. So ist die Lebensaktivitäten der Anopheles-Arten einerseits an bestimmte Temperaturen, andererseits aber auch an ausreichende Feuchtigkeit gebunden. Bei den meisten Arten beginnt mit 10 °C die Entwicklung, die bei 25-30 °C das Optimum erreicht und ab 35 °C zum Absterben führt. Mit steigender Temperaturen erhöht sich auch die Blutverdauungsrate, wodurch die Stechfrequenz erhöht wird und die Infektionsgefahr zunimmt. Andererseits sind höhere Temperaturen oft mit größerer Trockenheit verbunden, die zur Austrocknung der Mücken führen kann und somit ihre Lebensbedingungen verschlechtert. Trockenheit kann aber auch zur Entstehung von Wasserlachen etwa als Überbleibsel von Flüssen führen, die ideale Brutplätze von Anopheles-Mücken sind. Und starke Regenfälle, die einerseits neue Brutplätze schaffen, können andererseits stehende Gewässer in Flüsse verwandeln, die die Mückenbrut wegschwemmen.

Anopheles Gambiae
© Wikipedia


Abb. 2: Anopheles Gambiae5a

Auch die Entwicklung der Krankheitserreger in der Mücke ist temperaturabhängig.6 Der tropische Erreger Plasmodium falciparum braucht eine Minimaltemperatur von 18-20 °C bis zur Reife, in Europa verbreitete Erreger von 16,5 °C. Die Entwicklung zum infektiösen Stadium beschleunigt sich mit zunehmender Temperatur. So braucht das Plasmodium vivat 17 Tage bei einer Umgebungstemperatur von 20 °C, aber nur noch 9 Tage bei 25 °C. Bei Temperaturen über 32-34 °C kommt es zum Absterben der Erreger.7

Klimaprojektionen und Malaria
Es gibt jedoch keine einfache Beziehung zwischen Klimafaktoren und der Ausbreitung der Malaria. Eine Abschätzung der möglichen Malariaausbreitung unter veränderten Klimabedingungen in der Zukunft ist daher mit großen Unsicherheiten verbunden. Die Hauptschwierigkeit besteht in den fehlenden Daten über die gegenwärtige Abhängigkeit von Malariaerregern und -vektoren von klimatischen Faktoren. In Deutschland wie in vielen anderen Staaten ist dafür nicht zuletzt das Zurückschrauben der Forschung auf diesem Gebiet verantwortlich, da die Malaria als ausgerottet angesehen wurde. Da die Daten die Grundlage für die Entwicklung von Modellen bilden, die eine künftige Ausbreitung der Malaria projizieren, ist auf deren Ergebnisse nur begrenzt Verlass.

Viele Modellrechnungen berücksichtigen außerdem oft nur die Temperatur als beeinflussenden Klimafaktor. Wenn neben der Mitteltemperatur auch die Minimum- und Maximumtemperatur, Niederschlag und Luftfeuchtigkeit beachtet werden, die für das Überleben von Vektor und Patogen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, ist in den gemäßigten Zonen eher nicht mit einer nennenswerten Ausbreitung der Malaria aufgrund klimatischer Änderungen zu rechnen. Hinzu kommt, dass das Klima, wie die Geschichte der Malariaverbreitung in Europa gezeigt hat, wahrscheinlich nur eine sekundäre Rolle gegenüber menschlichen Aktivitäten spielen wird. Bei dem gegenwärtigen Stand des Gesundheitssysteme z.B. in der EU ist daher eine Ausbreitung der Malaria mit der globalen Erwärmung auf lange Sicht höchst unwahrscheinlich.8

Weltweit ist die Situation allerdings anders einzuschätzen. Eine globale Simulation der Bevölkerung, die bis in die 2080er Jahre durch den Klimawandel zusätzlich dem Malaria-Risiko ausgesetzt sein wird, zeigt ein sehr differenziertes Bild je nach Klima-Szenario und Region.9 So zeigen die Szenarien A1Fl und B2 eine Zunahme der Risikobevölkerung, die während einer Zeit von mehr als drei Monaten im Jahr der Gefahr einer Malariainfektion ausgesetzt sein wird, um 100 bzw. 31 Millionen Menschen, während A2 und B1 eine deutliche Abnahme von 141 bzw. 153 Millionen zeigen. Die Abnahmen sind im wesentlichen bedingt durch geringere Niederschläge, die z.B. im Amazonasgebiet, Mittelamerika und Pakistan erwartet werden. Gerade in den ärmeren Regionen, die heute relativ stark der Malariagefahr ausgesetzt sind, wird der Klimawandel das Malariarisiko eher verringern, da sich hier die Bedingungen für die Vektoren verschlechtern. Zu einem höheren Risiko kommt es dagegen in den Hochlandgebieten in Ostafrika, in Mittelasien und China.

 

© Eigene Darstellung nach Lieshout 2004

Abb. 3: Von Malaria durch den Klimawandel zusätzliche betroffene Menschen in Millionen nach verschiedenen Szenarien.9a

Obwohl die afrikanischen Malaria-Gebiete weniger als die Hälfte der weltweiten Risiko-Gebiete ausmachen, sind gegenwärtig ca. 85 % der Erkrankungen und Todesfälle in Afrika zu beklagen. Eine Untersuchung über die zukünftigen Malaria-Risiken in Afrika kommt zu dem Ergebnis, dass die durch Malaria gefährdeten Gebiete sich bis 2100 nur um 5-7 % ausweiten werden.10 Die Vergrößerung der Risikogebiete wird danach hauptsächlich durch eine Ausdehnung in die Höhe erfolgen (z.B. Äthiopien und Zimbabwe), während die Ausdehnung nach Norden und Süden, hier vor allem in Südafrika, nur gering ausfällt. Die Zunahme der Risikobevölkerung zeigt dagegen mit 16-28 % wesentlich höhere Werte. Der Grund liegt vor allem in der saisonalen Ausweitung des Infektionsrisikos in schon bestehenden Risikogebieten.

Anmerkungen
1. Lieshout, M. van, R.S. Kovats, M.T.J. Livermore, P. Martens (2004): Climate Change and malaria: analysis of the SRES Climate and socio-economic scenarios, Global Environmental Change 14, 87-99
2. Ebert, B., und B. Fleischer (2005): Globale Erwärmung und Ausbreitung von Infektionskrankheiten, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 48, 55-62
2a. Quelle: Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Malaria_distribution_(de).png
3. Meyer, C.G. (2008): Malaria in Europa: Ein historischer Rückblick, in: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt, 165-168
4. Ebert, B., und B. Fleischer (2005): Globale Erwärmung und Ausbreitung von Infektionskrankheiten, Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 48, 55-62
5. Maier, W.A. (2003): Mögliche Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Ausbreitung von primär humanmedizinisch relevanten Krankheitserregern über tierische Vektoren sowie auf wichtige Humanparasiten in Deutschland, Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Climate Change 05/03, S. 172 ff.
5a. Quelle: Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Anopheles_gambiae_mosquito_feeding_1354.p_lores.jpg
6. Kampen, H., und W.A. Maier (2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa?, in: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt, 169-172
7. Lieshout, M. van, R.S. Kovats, M.T.J. Livermore, P. Martens (2004): Climate Change and malaria: analysis of the SRES Climate and socio-economic scenarios, Global Environmental Change 14, 87-99
8. Kampen, H., und W.A. Maier (2008): Wird die Malaria wieder eine Gefahr für Europa?, in: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt, 169-172
9. Lieshout, M. van, R.S. Kovats, M.T.J. Livermore, P. Martens (2004): Climate Change and malaria: analysis of the SRES Climate and socio-economic scenarios, Global Environmental Change 14, 87-99
9a. Eigene Darstellung nach Lieshout, M. van, R.S. Kovats, M.T.J. Livermore, P. Martens (2004): Climate Change and malaria: analysis of the SRES Climate and socio-economic scenarios, Global Environmental Change 14, 87-99
10. Lieshout, M. van, R.S. Kovats, M.T.J. Livermore, P. Martens (2004): Climate Change and malaria: analysis of the SRES Climate and socio-economic scenarios, Global Environmental Change 14, 87-99

Autor: Dieter Kasang