Klimawandel und Klimafolgen

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Ursachen des Meeresspiegelanstiegs

Der aktuelle Meeresspiegelanstieg ist vor allem durch die Erwärmung des Meerwassers und das Abschmelzen von Eis auf dem Land bedingt.

Die Höhe des Meeresspiegels kann auf zwei verschiedene Arten definiert werden: 1. als relative Höhe zum benachbarten Land (in Abb. 1: relative sea level), 2. als absolute Höhe der Entfernung zum Erdmittelpunkt (geocentric sea level). Die relative Höhe wird mit Hilfe von Pegeln gemessen und kann sich auch dadurch verändern, dass z.B. das Land durch tektonische Prozesse ansteigt oder absinkt. Die absolute Höhe des Meeresspiegels wird heutzutage durch Satelliten bestimmt, die die Distanz zwischen der Umlaufbahn des Satelliten zur Meeresoberfläche messen. Änderungen der absoluten Höhe werden dadurch verursacht, dass sich entweder das Volumen oder die Masse des Meerwassers verändert. Klimaänderungen beeinflussen in der Regel das Volumen der Wassermasse der Ozeane, indem sie das Meer entweder abkühlen oder erwärmen, oder die Masse des Meerwassers, indem sie einen stärkeren oder schwächeren Abfluss vom Land bewirken. Sie können indirekt aber auch nur relative Änderungen des Meeresspiegels bewirken, indem sie durch das Abschmelzen oder Entstehen von großen Eismassen auf dem Land dieses ansteigen oder absinken lassen.

© IPCC 2013, Figure 13.1


Abb. 1:  Prozesse und Komponenten, die den globalen und regionalen Meeresspiegel beeinflussen.2

Sterische und eustatische Ursachen

In der geologischen Vergangenheit sind die großen Änderungen des globalen Meeresspiegels, wie etwa der Anstieg um 130 m am Ende der letzten Eiszeit, vor allem durch die Entstehung oder das Abschmelzen von Eisschilden entstanden. Bei der Bildung der Eisschilde wurde dem Meer über Verdunstung und Niederschlag sehr viel Wasser entzogen und auf dem Land als Eis abgelagert, beim Abschmelzen wurde dieses Wasser dem Meer wieder zugeführt. Für den Meeresspiegelanstieg um ca. 20 cm in den letzten rund 100 Jahren gibt es vor allem zwei Gründe:
1. Die Ausdehnung des Wasserkörpers der Ozeane durch Erwärmung (in der Fachsprache: thermosterischer Meeresspiegelanstieg) und
2. die Zunahme der Wassermasse durch das Abschmelzen von Eis auf dem Land (eustatischer Meeresspiegelanstieg).

© IPCC 2013, Figure 13.6


Abb. 2: Ursachen des Meeresspiegelanstiegs 2005-2012. Blau: Meeresspiegelanstieg in mm; grün: eustatischer Meeresspiegelanstieg; rot: sterischer Meeresspiegelanstieg3

Über die letzten Jahrzehnte war die Erwärmung des Meerwassers der Hauptgrund für den Meeresspiegelanstieg. Erst in den letzten Jahren scheint das Abschmelzen von Eis auf dem Land, sowohl der Gletscher als auch der großen Eisschilde, zur wichtigsten Ursache geworden zu sein (Abb. 2).

Hauptartikel: Meeresspiegelanstieg durch Ausdehnung (sterisch)

Hauptartikel: Meeresspiegelanstieg durch Wasserzufuhr (eustatisch)

Neben der Erwärmung des Wasserkörpers und dem Schmelzen von Eis auf dem Land spielen die weiteren Faktoren, die den aktuellen Meeresspiegelanstieg beeinflussen, eine untergeordnete Rolle. Die Verringerung des Salzgehaltes im Weltozean, durch die die Dichte des Meerwassers ab- und damit das Volumen zunimmt, der so genannte halosterische Effekt, macht global nur 10% des thermosterischen Effekts aus.

© IPCC 2019

Abb.3:Komponenten des globalen Meeresspiegelanstiegs 2006-2015. Die Summe der Komponenten ist mit ca. 3,3 mm/Jahr etwas geringer als der gemessene Meeresspiegelanstieg 2006-2015 mit 3,58 mm/Jahr. Besonders der Beitrag der Wasserspeicher auf dem Land (Grundwasserentnahme, Stauseen) ist sehr unsicher und in einzelnen Quellen mit gegensätzlichem Vorzeichen versehen.8

Der Bericht des Weltklimarats (IPCC) von 2007 ging davon aus, dass der Hauptanteil des Meeresspiegelanstiegs für die Zeit 1993-2003 noch bei der Ausdehnung des Meerwassers lag, das einen jährlichen Meeresspiegelanstieg von 1,6 mm verursachte, während der Anteil von abschmelzendem Eis (Grönland, Antarktis, Gletscher) bei 1,2 mm pro Jahr gelegen habe (eustatischer Meeresspiegelanstieg).9 Nach dem IPCC-Bericht von 2013 kommt in jüngster Zeit dem eustatischen Anstieg des Meeresspiegels eindeutig ein deutliches Übergewicht gegenüber dem sterischen Anstieg zu. Die thermale Expansion des Meerwassers, also der thermosterische Anstieg, ist hiernach für 1,4 mm/Jahr Meeresspiegelanstieg verantwortlich. Der Beitrag der Eisschmelze beläuft sich insgesamt auf 1,81 mm/Jahr.10 Dieser Trend setzt sich nach dem Bericht des IPCC zum Ozean und zur Kryosphäre von 2019 fort (Abb. 3). Für die Periode 2006-2015 beträgt der Anteil Grönlands 0,77 mm/Jahr, der der Antarktis 0,43 mm/Jahr und der sämtlicher Gletscher der Erde ohne die Auslassgletscher Grönlands und der Antarktis 0,61 mm/Jahr. Das macht in der Summe 1,81 mm/Jahr aus. Dem steht eine thermale Expansion von 1,4 mm im Jahr gegenüber.

Wasserspeicherung auf dem Land

Eine durchaus nennenswerte Bedeutung kommt der Wasserspeicherung auf dem Land zu, die vor allem die jährlichen Schwankungen des Meeresspiegels beeinflusst.

Die zahlreichen Wasserspeicher auf dem Land wie Seen, Flüsse, Feuchtgebiete, Schneelagen, Böden, Grundwasser und Stauseen stehen einerseits unter dem Einfluss von Klimaänderungen, andererseits unter dem direkten Einfluss menschlicher Aktivitäten. Ein längerfristiger klimatisch bedingter Trend konnte bei den Landreserven nicht ermittelt werden, jedoch jährliche und dekadische Schwankungen. Die jährlichen Schwankungen werden, wie aktuelle Forschung gezeigt hat, vor allem durch ENSO beeinflusst, jener periodisch wiederkehrenden ungewöhnlichen Erwärmung (El Niño) bzw. Abkühlung (La Niña) der Meeresoberfläche im westlichen tropischen Pazifik. Während eines El-Niño-Ereignisses nehmen die Niederschläge in den Tropen über dem Ozean zu und über dem Land ab. Die Folge ist ein höherer Meeresspiegel. Während eines La-Niña-Ereignisses sind die Niederschläge in den Tropen höher über dem Land und geringer über dem Ozean, wodurch der Meeresspiegel absinkt, weil mehr Wasser auf dem Land gespeichert wird. Das konnte während der starken La Niña 2010/11 nachgewiesen werden, als der Meeresspiegel absank, weil durch starke Niederschläge über Australien, dem nördlichen Südamerika und Südostasien relativ viel Wasser zeitweilig auf dem Land gespeichert wurde.1

Direkte menschliche Eingriffe in die Wasserreservoire auf dem Land betreffen vor allem Stauseen und Grundwasser. Im 20. Jahrhundert sind fast 30 000 Stauseen neu errichtet worden, die eine Wassermenge aufgenommen haben, welche einer Absenkung des Meeresspiegels von 23 mm entspricht – bei allerdings großen Unsicherheiten in der Berechnung. Die Grundwasserentnahme durch den Menschen setzt das Wasser aus tieferen geologischen Schichten der Verdunstung und dem Abfluss aus und bewirkt daher einen Meeresspiegelanstieg, der für 1993-2008 auf ca. 0,4 mm/Jahr geschätzt wurde.1

Ursachen der jüngsten Schwankungen des Meeresspiegelanstiegs

Die Anstiegsrate des Meeresspiegels zeigt seit 2010 besonders ausgeprägte Schwankungen. Es gab sogar ein deutliches Absinken des Meeresspiegels 2010/2011 und Anfang 2013, im Anschluss daran jedoch einen um so stärkeren Anstieg. Worin liegen die Ursachen dafür? Der Abfall des globalen Meeresspiegels 2010/11 um ca. 5 mm ist im wesentlichen auf die Speicherung von erheblichen Niederschlägen auf dem Land zurückzuführen, wie aus Messungen des GRACE-Projekts4 hervorgeht, also aus einer Verlagerung von Wassermassen (vgl. auch Abb. 2). Dafür wird das La-Niña-Phänomen von Mitte 2010 bis Anfang 2012 als Ursache gesehen, das nach zahlreichen Messungen als das stärkste La-Niña-Ereignis seit 80 Jahren gilt. Es verursachte starke Niederschläge über tropischen Landgebieten, vor allem über dem nördlichen Südamerika, Südostasien und Australien, die teilweise verspätet oder gar nicht ins Meer abflossen.5;6 Das Niederschlagswasser wurde in besonders hohem Maße in den australischen, weitgehend abflusslosen Becken des Landesinnern gespeichert. Aufgrund dieser Becken fließen in Australien lediglich 6 % der Niederschläge wieder ins Meer (im Vergleich zu ca. 40 % auf anderen Kontinenten). Die La-Niña-bedingten kräftigen Niederschläge wurden daher nur geringfügig dem Ozean wieder zugeführt (wo sie durch Verdunstung entstanden waren) und versickerten weitgehend ins Grundwasser.7 Da zwischen 2005 und 2014 die Rate des Meeresspiegelanstiegs durch sterische und die durch Eisschmelze bedingten eustatischen Einflüsse weiterhin bei ca. 3 mm/Jahr lag, betrug das La-Niña-bedingte Absinken des Meeresspiegels zwischen 2010 und 2011 sogar rund 8 mm/Jahr.5

Der nachfolgende starke Anstieg des Meeresspiegels ist vor allem auf das Abschmelzen Grönlands zurückzuführen, dessen Rate sich nach 2010 nahezu verdoppelt hat, und zwar vor allem durch den Eisverlust an der Südwestküste Grönlands. Hinzu kam ein starker Massenverlust des auf dem Land gespeicherten Wassers ab Mitte 2012. Seit 2013 stoppte jedoch der gewaltige Massenverlust des grönländischen Eises. Die Eisschmelze auf der Antarktis nahm dagegen seit 2013 deutlich zu.5

Anmerkungen:
1. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 13.3.4
2. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Figure 13.1
3. IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Figure 13.6
4. GRACE steht für Gravity Recovery And Climate Experiment
5. Yi, S., W. Sun, K. Heki, and A. Qian (2015): An increase in the rate of global mean sea level rise since 2010, Geophysical Research Letters, 10.1002/2015GL063902
6. Boening, C., J. K. Willis, F. W. Landerer, R. S. Nerem, and J. Fasullo (2012), The 2011 La Niña: So strong, the oceans fell, Geophys. Res. Lett., 39, L19602, doi:10.1029/2012GL053055
7. Fasullo, J. T., C. Boening, F. W. Landerer, and R. S. Nerem (2013), Australia’s unique influence on global sea level in 2010–2011, Geophysical Research Letters, 40, 4368–4373, doi:10.1002/grl.50834 
8. Eigene Darstellung; Daten nach IPCC (2019): IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate, Table 4.1 und 4.2.2.2.5; Lizenz: IPCC-Lizenz:  Reproduction of limited number of figures or short excerpts of IPCC material is authorized free of charge and without formal written permission provided that the original source is properly acknowledged, with mention of the complete name of the report, the publisher and the numbering of the page(s) or the figure(s). Permission can only be granted to use the material exactly as it is in the report.
9. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 5.3
10. 
IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, Table 13.1
11.
IPCC (2019): IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate, Table 4.1