Klimawandel und Klimafolgen

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Wasserprobleme in Peru

Wasserprobleme in Peru

Gletscher und Schnee (die Kryosphäre) stellen in einigen Hochgebirgsregionen die wichtigsten Wasserressourcen dar. Ihre lebenswichtige Bedeutung ist besonders groß in angrenzenden Trockengebieten. Ein erheblicher Teil der Bewohner, der Landwirtschaft und der natürlichen Ökosysteme dieser Gebiete ist von der Kryosphäre in Hochgebirgen abhängig, da der Anteil des Schmelzwassers in Trockenzeiten bis zu 50% und mehr am Abfluss betragen kann.1 Infolge der Erderwärmung ziehen sich Gletscher und Schneebedeckung zunehmend zurück. Dadurch wird der Wasseranteil aus Schmelzvorgängen langfristig stark abnehmen, während der Anteil aus Regenereignissen größer wird und der Puffereffekt der Schnee- und Eisschmelze an Bedeutung verliert. Ebenso wird die Wasserversorgung besonders in Trockenzeiten und Dürren unbeständiger. Die tropischen Anden in Peru zeigen die angesprochenen Probleme in exemplarischer Weise.

Gletscher und Schnee in den tropischen Anden: Peru

Gletscher kommen nicht nur in kalten Regionen der Erde vor, sondern auch in den Hochgebirgen der Tropen, besonders in Südamerika und Afrika. Die gesamte Fläche der tropischen Gletscher wird vom Weltklimarat IPCC auf 2.341 km² geschätzt und ist damit deutlich größer als die der Alpen (2.092 km²).2 Mehr als 99% der Fläche aller tropischen Gletscher befinden sich dabei in den Anden,3 70% davon in Peru.4

Die geographische Lage Perus ist sehr kontrastreich. Im Gegensatz zu dem Osthang der peruanischen tropischen Anden, der seine Niederschläge vom Amazonasgebiet bezieht, ist der Westhang vor dem Pazifischem Ozean sehr trocken und die vorgelagerte Küstenzone sogar wüstenhaft. Die Niederschläge liegen unterhalb von 500 m bei 15-20 mm im Jahr.

Dennoch haben hier frühere Kulturen eine hohe Entwicklung erreicht. Zurzeit leben dort ca. 70% der peruanischen Bevölkerung.5 Eine wesentliche Grundlage dafür ist und war das Schmelzwasser der Gletscher in den Anden, wo der Niederschlag 500 mm/Jahr und mehr betragen kann.6 Dadurch sorgt das Wasser aus Schmelzvorgängen und Regenfällen auch für die Wasserversorgung an der Küste.

© Wikimedia Commons 2010


Abb. 1: Gletscherrand der Quelccaya-Eiskappe mit Gletschersee in der Cordillera VilcanotaB1

Abb.1 zeigt den Rand der Quelccaya-Eiskappe in der Cordillera de Vilcanota im Süden Perus. Der Quelccaya-Gletscher gehört mit der Vergletscherung des Coropuna-Vulkans, ebenfalls im Süden Perus gelegen, zu den beiden größten tropischen Gletschern der Erde. Der am stärksten vergletscherte Gebirgszug nicht nur Perus, sondern der Tropen überhaupt, ist jedoch die Cordillera Blanca im Norden des Landes. Hier befindet sich mit einer Höhe 6.768 m auch der höchste vergletscherte Gipfel des Landes, der Huascaran. Und hier entspringen die Quellflüsse eines der größten Flüsse an der peruanischen Küste, des Rio Santa. Das Wasser einzelner Flüsse stammt bis zu 25% aus Gletscherwasser, in der Trockenzeit vom Juni bis August sogar bis zu 50%.7 Anders als in vergletscherten Gebieten der mittleren und hohen Breiten gibt es in den tropischen Anden keine saisonale Schneebedeckung außerhalb der vergletscherten Gebiete, die als zusätzlicher Wasserspeicher in trockenen Zeiten dienen könnten. Durch die hohe ganzjährige Sonneneinstrahlung schmilzt der außerhalb von Gletscherflächen fallende Schnee innerhalb weniger Tage weg.8 Für die trockene Jahreszeit und unregelmäßig auftretenden Dürren sind daher die Andengletscher ein unverzichtbarer Wasserspeicher.

Im Gegensatz zur Lage an der Küste ist die Wasserversorgung in den peruanischen Hochgebirgen aufgrund der Nähe zu den Gletschern und der höheren Niederschläge weniger dramatisch. Die Abhängigkeit vom Wasser der Gletscher ist jedoch u.a. für die landwirtschaftlichen Kleinbetriebe in den Andentälern und andere wirtschaft­liche Aktivitäten wie Viehzucht, Ackerbau und Tou­rismus größer geworden. In den tropischen Anden, die sich von Kolumbien über Ecuador und Peru bis Bolivien erstrecken, sind in der Trockenzeit ca. 4 Mio. Menschen in ihrer Wasserversorgung auf Gletscherwasser angewiesen.9

Änderung der Gletscherbedeckung in den peruanischen Anden

Bereits seit dem Ende der Kleinen Eiszeit Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt die Massenbilanz der Gletscher in den tropischen Anden wie fast überall auf der Erde einen negativen Trend, der sich seit den 1970er Jahren deutlich verstärkt hat. Von 2.400 km2 Gletscherfläche um 1970 waren 2016 nur noch 1.114 km2 übrig. Im zentralen Teil der peruanischen Anden hat sich die Fläche der Gletscher zwischen 1962 und 2016 um 70% verringert, im südlichen Teil um 60%.10 Dabei sind die kleinen und mittleren Gletscher fast völlig verschwunden. Abb.2 zeigt die Änderung der Gletscherfläche in der Cordillera Blanca für die Zeit von 1987 bis 2010. In nur vier Jahren von 2013 bis 2016 war in Peru der Rückgang der Gletscherausdehnung mit 203 km2 bzw. 16% besonders stark, wofür das ungewöhnlich heftige El-Niño-Ereignis von 2015/16 als Grund angenommen wird.4 Solche natürlichen Schwankungen werden jedoch langfristig überlagert durch die Wirkung des anthropogenen Klimawandels. Die Temperaturen sind in den tropischen Anden in den letzten 50 Jahren weit über den globalen Durchschnitt angestiegen, und gleichzeitig haben sich die Niederschläge in den zentralen peruanischen Anden um 25-75 mm pro Jahrzehnt verringert.11 Dadurch hat sich das Abschmelzen von Gletschereis verstärkt und die Akkumulation verringert.

© Burns 2014


Abb. 2: Änderung der Gletscherfläche in der Cordillera Blanca von 1987 bis 2010. Die Verluste werden in Grau bis Schwarz angezeigt, die verbliebenen Flächen im Jahr 2010 in Weiß.B2

Der Klimawandel wird in den nächsten Jahrzehnten das Abschmelzen der Gletscher in den tropischen Anden weiter vorantreiben. Nach Modellsimulationen sind bei einem hohen Szenario bis 2100 Temperaturzunahmen um 5 °C möglich, und die Niederschläge könnten um 10-30% zurückgehen.11 Hinzu kommt, dass auch die Anzahl trockener Jahre nach dem hohen Szenario RCP8.5 um ca. 20% zunehmen wird.12 Die Gleichgewichtsli­nie, die Grenze zwischen Nähr- und Zehrgebiet eines Gletschers, wird sich nach diesem Szenario bis zum Ende des 21. Jahrhundert um meh­rere hundert bis 1.000 m nach oben verschieben.13 Die Gletscher werden dadurch einen großen Teil ihres heutigen Nährgebietes ver­lieren, und nur einige kleine Gletscher auf den höchsten Gipfeln werden überleben.14

Hydrologische Folgen

Die Auswirkungen der Gletscher­schmelze für die Abflusssysteme in Hochgebirgen vollziehen sich in zwei Phasen. In der ersten Phase nimmt der Anteil von Glet­scherwasser an den Abflüssen zu. Bei fortgesetztem Abschmelzen der Gletscher wird jedoch wegen der sich verringernden Eismasse der Höhepunkt (peak water) über­schritten und die Abflussmenge, die dem Gletscher entstammt, nimmt in der zweiten Phase ab.15 In Einzelfällen hat der Abfluss das peak water bereits hinter sich gelassen. So ist nach Bury et al. (2013)16 der Anteil von Gletscherwasser im Rio Santa und vielen seiner Zuf­lüsse in der Trockenzeit bereits geringer geworden. Ein weitgehendes Abschmel­zen der Gletscher der Cordillera Blanca würde in den nächsten Jahrzehnten eine Reduzierung des Abflusses in der trockenen Jah­reszeit um 30% gegenüber heute zur Folge haben. Angesichts der zu erwartenden Zunahme der Bevölkerung und des erhöhten Wasserbedarfs in der Landwirtschaft und anderen ökonomischen Sektoren wie Bergbau und Stromerzeugung stellt der Rückgang des Gletscheranteils am Abfluss ein hohes Risiko dar. In vielen Städten an der Küste steht Leitungswasser schon heute täglich nur für 2-3 Stunden zur Verfügung.

© Buytaert 2017


Abb. 3: Anteil von Gletscherwasser am Abfluss des Rio Santa in einem normalen Jahr und im trockensten Monat eines Dürrejahres (Modellberechnungen)B3

Lösungen des Problems können in der Erschließung neuer Wasserquellen liegen. Durch das Abschmelzen der Gletscher entstehen neue Gletscherseen und können andi­ne Sumpfgebiete, die sogenannten Páramos, gespeist werden, die die Wasserspeicherfunktion der Gletscher wenigstens teilweise übernehmen könnten. Eine ähnliche Funktion besitzen bereits vorhandene künstliche Stauseen. Durch groß angelegte weitere neue Projekte soll mit Hilfe von Tunneln und Aquädukten die feuchtere Ostseite der Andenkette erschlossen werden, was teilweise trotz der erforderlichen hohen Investitionen auch schon geschieht.

Anmerkungen:
1. Dussaillant, I., E. Berthier, F. Brun, M. Masiokas, R. Hugonnet, and V. Favier (2019): Two decades of glacier mass loss along the Andes. Nat. Geosci. 12, 802–808. doi: 10.1038/s41561-019-0432-5
2. IPCC (2019): High Mountain Areas. In: IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate, Ch. 2, figure 2.4
3. Rabatel, A., et al. (2013): Current state of glaciers in the tropical Andes: a multi-century perspective on glacier evolution and climate change, The Cryosphere, 7, 81–102
4. Seehaus, T., Malz, P., Sommer, C., Lippl, S., Cochachin, A., and Braun, M. (2019): Changes of the tropical glaciers throughout Peru between 2000 and 2016 – mass balance and area fluctuations, The Cryosphere, 13, 2537–2556, https://doi.org/10.5194/tc-13-2537-2019
5. Bury, J.T., et al. (2011): Glacier recession and human vulnerability in the Yanamarey watershed of the Cordillera Blanca, Peru, Climatic Change 105, 179–206, DOI 10.1007/s10584-010-9870-1
6. Arias, P.A., R. Garreaud, G. Poveda et al. (2021): Hydroclimate of the Andes Part II: Hydroclimate Variability and Sub-Continental Patterns. Front. Earth Sci. 8:505467. doi: 10.3389/feart.2020.505467
7. Bury, J.T., Mark, B.G., McKenzie, J.M. et al. (2011): Glacier reces­sion and human vulnerability in the Yanamarey watershed of the Cordillera Blanca, Peru, Climatic Change 105, 179-206, DOI 10.1007/s10584-010-9870-1.
8. Soruco, A., C. Vincent, A. Rabatel, B. Francou, E. Thibert, J.E. Sicart & T. Condom (2015): Contribution of glacier runoff to water resources of La Paz city, Bolivia (16°S). Annals of Glaciology, 56, 147-154
9. Buytaert, W., S. Moulds, L. Acosta et al. (2017): Glacial melt content of water use in the tropical andes. Environ. Res. Lett. 12, 114014. doi:10.1088/1748-9326/aa926c
10. Masiokas, M.H., A. Rabatel , A. Rivera  et al. (2020): A Review of the Current State and Recent Changes of the Andean Cryosphere, Front. Earth Sci., https://doi.org/10.3389/feart.2020.00099
11. Pabón-Caicedo, J.D., P.A. Arias, A.F. Carril et al. (2020): Observed and projected hydroclimate changes in the Andes. Front. Earth Sci. 8, 61. doi:10.3389/feart.2020.00061
12. Neukom, R., Rohrer, M., Calanca, P., Salzmann, N., Huggel, C., Acuña, D., et al. (2015): Facing unprecedented drying of the Central Andes? Precipitation variability over the period AD 1000–2100. Environ. Res. Lett. 10:084017. doi: 10.1088/1748-9326/10/8/084017
13. VUILLE, M., M. CAREY, C. HUGGEL et al. (2018): Rapid de­cline of snow and ice in the tropical Andes – Impacts, uncertain­ties and challenges ahead, Earth-Sci. Rev., 176, 195-213, https://doi.org/10.1016/j.earscirev.2017.09.019.
14. Schauwecker, S., M. Rohrer, C. Huggel et al. (2017): The freezing level in the tropical Andes, Peru: An indicator for present and future glacier extents, J. Geophys. Res. Atmos., 122, 5172-5189, doi:10.1002/2016JD025943.
15. IPCC (2019): IPCC Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate, Chapter 2: High Mountain Areas, 2.3.1
16. BURY, J., B. G. MARK, M. CAREY et al. (2013): New geogra­phies of water and climate change in Peru: Coupled natural and social transformations in the Santa river watershed. Annals of the Association of American Geographers, 103 (2), 363-374.

Bildquellen:
B1. Wikimedia Commons (2010): Quelccaya Glacier, Lizenz: CC BY-SA
B2. Burns, P., A. Nolin (2014): Using atmospherically-corrected Landsat imagery to measure glacier area change in the Cordillera Blanca, Peru from 1987 to 2010, Remote Sensing of Environment 140, 165–178; Lizenz: CC BY-NC-ND
B3. Buytaert, Wouter & Moulds, Simon & Acosta, Luis & De Bièvre, Bert & Olmos, Carlos & Villacis, Marcos & Tovar Ingar, Carolina & Verbist, Koen. (2017). Glacier melt content of water use in the tropical Andes. Environmental Research Letters. 12. 10.1088/1748-9326/aa926c. Lizenz: CC BY