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Beginn des Eiszeitalters

Die Erde hat sich schon lange vor Beginn des Eiszeitalters mit ähnlichen Schwankungen um die Sonne bewegt wie in den letzten drei Millionen Jahren. Warum hat dann aber das gegenwärtige Eiszeitalter erst vor 2,7 Mio. Jahren eingesetzt?

Die CO2-Abnahme

Die wichtigste Ursache ist wahrscheinlich die veränderte Zusammensetzung der Atmosphäre seit dem frühen Känozoikum, der Erdneuzeit.1 Am Beginn des Känozoikums vor 50-60 Millionen Jahren lag der CO2-Gehalt bei 1000-1500 ppm (ein Wert, der nach dem hohen IPCC-Szenario RCP8.5 bis zum Jahr 2100 erreicht werden könnte). Vor 10-20 Millionen Jahren vh. war dieser Wert auf 350-400 ppm gesunken und ging dann zwischen 5 und 2 Mio. Jahren v.h. auf weniger als 300 ppm zurück.2 Die letzte Absenkung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre hatte eine Abkühlung auf Grönland um 2-3 °C zur Folge. Als Begründung für den CO2-Rückgang werden verschiedene Vorgänge angenommen. Durch große Gebirgsbildungsprozesse, vor allem durch die Aufwölbung des Himalayas und des tibetischen Plateaus, der zentralen Anden mit dem Altiplano und der kanadischen Rocky Mountains, wurde ab etwa 36 Millionen Jahre v.h. Kohlendioxid bei Verwitterungsprozessen in hohen Maßen aus der Atmosphäre gebunden und dem Ozean zugeführt. Damit begann eine tendenzielle Abkühlung, die zunächst die Bildung des antarktischen Eisschildes einleitete und später zur Vereisung der Nordhalbkugel geführt haben soll.

Die Schließung der mittelamerikanischen Landbrücke

Auch die Schließung der mittelamerikanischen Landbrücke, die bereits vor 13 Millionen Jahre begann und vor 2,7 Millionen Jahren nahezu beendet war, wird als Ursache für den Beginn des Eiszeitalters diskutiert.1,2 Hierdurch entstand die heute das nordatlantische Klima bestimmende Thermohaline Zirkulation mit Golf- und Nordatlantikstrom.3 Das ozeanische Strömungssystem, das bis dahin zwischen den beiden amerikanischen Kontinenten den Atlantik mit dem Pazifik verband, organisierte sich neu und nahm das heutige Aussehen im Nordatlantik an. Dadurch wurde wie in der Gegenwart warmes und salzreiches Wasser weit nach Norden transportiert, die Verdunstung in den höheren nördlichen Breiten verstärkt und Wasserdampf zunehmend über die großen Landmassen transportiert. Damit war genügend Feuchtigkeit in der Atmosphäre zur Bildung von großen Eismassen vorhanden. Die verminderte Sonneneinstrahlung der nächsten "kühlen" Phase der Milankovitch-Zyklen sorgte dann dafür, dass der Niederschlag als Schnee auf die Landflächen der höheren Breiten fiel und auch im Sommer zu einem großen Teil liegen blieb. Und als Folge entwickelten sich die ersten großen Eisschilde auf der Nordhalbkugel, und der Beginn des Pleistozäns war eingeleitet.

© Sarnthein 2009 Sarnthein, M. et al. (2009): Mid-Pliocene shifts in ocean overturning circulation and the onset of Quaternary-style climates, Climate of the Past, 5, 269–283; Lizenz: CC BY


Abb. 1: Umlenkung des GolfstromsB1

Wahrscheinlich lässt sich der Beginn des Eiszeitalters jedoch nicht auf einen einzigen tektonischen Vorgang zurückführen.4 Weitere Vorgänge spielten möglicherweise ebenfalls eine Rolle, so die Anhebung großer Landmassen in kühlere Zonen der Atmosphäre oder die allmähliche plattentektonische Verschiebung der Kontinenten der Nordhalbkugel Richtung Pol. So verursachten vor ungefähr 5 Millionen Jahren Prozesse im Erdmantel eine Anhebung von Ostgrönland um mehr als 3000 m, und plattentektonische Bewegungen seit 60 Millionen Jahren bewirkten eine Verschiebung der Lage Grönlands Richtung Pol.5

Feedbackprozesse

Hinzu kamen verschiedene Feedbackprozesse, vor allem der Eis-Albedo-Effekt. Die zunehmenden Eis- und Schneeoberflächen reflektieren mehr Sonnenstrahlung als Land- oder Wasseroberflächen, so dass es zu einer verstärkten Abkühlung kommt. Wenn Eisschilde wachsen, sinkt zudem der Meeresspiegel. So lag der Meeresspiegel während des Höhepunkts der letzten Eiszeit um 120 m tiefer als heute.  Dadurch werden große Landgebiete freigelegt, die zuvor unter Wasser waren. Auf ihnen breitet sich in niederen und mittleren Breiten Vegetation aus, die sehr viel CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt, wodurch die Atmosphäre sich ebenfalls abkühlt. In höheren Breiten kommt es eher zu einem Rückgang der Vegetationsbedeckung, wodurch mehr Staubaerosole in die Atmosphäre gelangen, die Sonnenstrahlung reflektieren und für eine weitere Abkühlung sorgen. Die kältere Atmosphäre führt auch zu einer Abkühlung des Ozeans. Ein kälterer Ozean nimmt aber mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf als ein wärmerer Ozan, wodurch sich die Atmosphäre erneut abkühlt.6

Möglicherweise hat aber schon vor Beginn des eigentlichen Eiszeitalters das wachsende Eis der Antarktis mit zu dessen Entstehung beigetragen, indem es für eine Umverteilung der Wärme in den Ozeanen gesorgt hat.7 Im späten Pliozän, 3,3 bis 2,6 Mio Jahre vh., kühlte sich das Klima der Erde erneut ab und führte zu einer weiteren Ausdehnung des Antarktischen Eisschildes. Zugleich kühlte sich das Tiefenwasser des Nordatlantiks um ca. 2 °C ab, während sich dasjenige des Nordpazifiks um ca. 1,5 °C erwärmte. Das sollte eigentlich dazu führen, dass durch das Globale Förderband mehr salzreiches, relativ warmes Wasser vom tiefen Atlantik im Südlichen Ozean an die Oberfläche gelangte und in den Pazifik transportiert würde, wo es auch die Atmosphäre erwärmte. Dieser Vorgang wurde jedoch dadurch unterbunden, dass sich um den Antarktischen Eisschild herum auch das Meereis stark ausdehnte und verhinderte, dass das warme Atlantikwasser aufsteigen und seine Wärme an die Atmosphäre abgeben konnte. Das warme und salzreiche Wasser wurde stattdessen in den tiefen Pazifik abgedrängt.

Anmerkungen:
1.
Ruddiman, W.F. (2010): A Paleoclimatic Enigma?, Science 328, 838-839
2. Sarnthein, M. (2011): Beginn der großen Vereisung im Quartär und und zur Rolle von Ozean und CO2, in: José L. Lozán et al. (Hrsg.): Warnsignal Klima: Die Meere - Änderungen und Risiken. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, 120-125
3.
Haug, G., R. Tiedemann und R. Zahn (2002): Vom Panama-Isthmus zum Grönlandeis, Spektrum der Wissenschaft Dossier 1/2002, 50-52
4.
Ravelo, A.C. et al. (2004): Regional climate shifts caused by gradual global cooling in the Pliocene epoch, Nature 429, 263-267
5. Steinberger, et al. (2014): The key role of global solid-Earth processes in preconditioning Greenland's glaciation since the Pliocene, Terra Nova, DOI: 10.1111/ter.12133
6. Hausfather, Z. (2021): Explainer: How the rise and fall of CO2 levels influenced the ice ages, CarbonBrief
7.
McKay, R. (2014): Did Antarctica initiate the ice age cycles?, Science 346, 812-813

Bildquellen:
B1.
Sarnthein, M. et al. (2009): Mid-Pliocene shifts in ocean overturning circulation and the onset of Quaternary-style climates, Climate of the Past, 5, 269–283; Lizenz: CC BY