Theorien der Internationalen Beziehungen

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Friedenskonsolidierung

Die Festigung des Friedens nach dem Ende langer (Bürger-)Kriege bedarf eines langen Atems und erheblicher materieller und politischer Unterstützung von außen. Dabei darf Friedenskonsolidierung nicht als ein technokratisches Projekt, sondern muss als eine eminent politische Aufgabe angegangen werden.


1. Friedenskonsolidierung als neue Aufgabe der internationalen Gemeinschaft

Seit dem Ende des Kalten Krieges unternimmt die internationale Gemeinschaft Bemühungen, die Situation nach dem Ende langer Bürgerkriege von einem zunächst noch brüchigen Waffenstillstand in einen stabileren Frieden zu überführen. Bürgerkriege, zu Zeiten des Ost-West-Konflikts allenfalls selektiv als Stellvertreterkriege wahrgenommen, wurden nunmehr als eine neuartige friedenspolitische Herausforderung wahrgenommen und thematisiert.

Bürgerkriege kommen weitaus häufiger vor als klassische zwischenstaatliche Auseinandersetzungen, dauern in der Regel sehr viel länger, machen die Zivilbevölkerung zum Hauptopfer der Kampfhandlungen und Folgewirkungen, und haben trotz ihres meist niedrigen waffentechnologischen Niveaus hochdestruktive Folgen. Bürgerkriege sind auch weniger ein militärisches Phänomen als ein politisches (Staatszerfall), soziales (gesellschaftliche Desintegration) und ökonomisches (Bürgerkriegsökonomie, warlordism).

Mit einer Verbindung von peace-keeping und peace-building versuchen vor allem die Vereinten Nationen, Prozessen des gewaltsamen Staatszerfalls, kriegsbedingten humanitären Katastrophen und verheerenden Kriegsfolgen Einhalt zu gebieten. Zunächst galten diese Bemühungen ehemaligen Stellvertreterkonflikten wie in Nicaragua, El Salvador, Angola, Namibia, Mosambik und Kambodscha, später aber auch anderen zu Ende gehenden Kriegen wie denen in Liberia, Somalia, Ruanda, Ex-Jugoslawien und jüngst Guatemala. Überragendes Ziel all dieser Bemühungen um Friedenskonsolidierung bzw. post conflict peace building (so die Agenda für den Frieden des UN-Generalsekretärs von 1992) war und ist es, dem Wiederausbruch von Gewalttätigkeiten vorzubeugen. Insofern hat Friedenskonsolidierung eine wichtige präventive Bedeutung.

Gleichwohl ist es problematisch, wenn in der gängigen entwicklungspolitischen Diskussion Aufgaben der Friedenskonsolidierung unter den Begriff der Krisenprävention gefasst werden. Denn genuine Präventionsmaßnahmen hätten eigentlich die ursprünglichen kriegerischen Auseinandersetzungen verhüten und damit die nachfolgende Aufgabe der Friedenskonsolidierung überflüssig machen sollen.

Seit der Agenda für den Frieden von 1992 ist Friedenskonsolidierung als eine neue friedenspolitische Herausforderung für die internationale Gemeinschaft definiert worden. Während zuvor Nachkriegsgesellschaften nach dem Motto Wenn nicht mehr geschossen wird, dann herrscht ja Friede! weitgehend sich selbst überlassen blieben, wurde nunmehr die Verpflichtung gesehen, auch nach dem Ende des Schießkrieges bei der Kriegsfolgenbewältigung behilflich zu sein.

Dahinter standen durchaus nüchterne Eigeninteressen der internationalen Gemeinschaft: durch eine Stabilisierung von Nachkriegssituationen ersparte man sich womöglich neuerliche Gewaltausbrüche und entsprechend teure Peace-keeping-Missionen und humanitäre Hilfeeinsätze, ganz zu schweigen von indirekten Folgewirkungen chronischer Instabilität wie Migration, Umweltzerstörung und organisierte Kriminalität.

Auch die Entwicklungspolitik ließ sich immer mehr auf das Projekt der Friedenskonsolidierung ein. Zum einen stellte man fest, dass immense Entwicklungsinvestitionen in langen Bürgerkriegen im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert wurden. Zum anderen erkannte man die Notwendigkeit, in den Wiederaufbau zu investieren, um günstige Ausgangsbedingungen zu schaffen, und um die entwicklungspolitische Zusammenarbeit nicht zu einem reinen Reparaturbetrieb für die Beseitigung immer neuer Kriegsschäden verkommen zu lassen.

2. Friedenskonsolidierung als komplexer Prozess: Konfliktregelung, Rekonstruktion und Aussöhnung

Bei der Friedenskonsolidierung handelt es sich im Kern um einen (macht-)politischen Prozeß. Eine neue Nachkriegsordnung muss geschaffen werden, in der die politischen Gewichte und Interessen der Konfliktparteien und das Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft so austariert werden, daß in der ehemaligen Bürgerkriegsgesellschaft ein friedlicher Streitaustrag möglich wird. Dazu gehört auch der Wiederaufbau staatlich-administrativer Institutionen, des Rechtswesens und der sozialen Dienste.

Eng verknüpft mit der (macht-)politischen Dimension sind die sicherheitspolitischen Erfordernisse, also die Demilitarisierung des Konfliktes durch die Einziehung und Kontrolle von Waffen (einschließlich der Räumung von Landminen), durch Demobilisierung und Reintegration von Soldaten und Kämpfern sowie durch die Neuformierung von Sicherheitskräften und die Neubestimmung der zivil-militärischen Beziehungen. Ein besonders sensibles Problem ist der Umgang mit Kriegsverbrechen, sei es in Form von Tribunalen, nationaler oder internationaler Strafgerichtsbarkeit, Amnestien oder Wahrheitskommissionen. Hierbei müssen Fragen von Recht und Gerechtigkeit, Vertrauen, Sühne und Aussöhnung thematisiert werden.

Friedenskonsolidierung bedarf ferner der Rehabilitation und Reintegration von Kriegsopfern, also von Kriegsversehrten, Waisenkindern, von vergewaltigten Frauen, von Entwurzelten und Flüchtlingen sowie einer großen Zahl von kriegstraumatisierten Menschen. Dies ist die soziale und psychosoziale Dimension der Friedenskonsolidierung.

Schließlich muss auch die Dimension des materiellen Wiederaufbaus angepackt werden, also die Wiederherstellung der Infrastruktur und die Umwandlung der Raub- und Plünderungswirtschaft des Krieges in eine Friedensökonomie. Dabei muss darauf geachtet werden, dass sozio-ökonomische Maßnahmen nicht zu einer Quelle neuerlicher Gewalttätigkeiten werden und nicht Bemühungen um mehr soziale Gerechtigkeit konterkarieren.

Die in langen Kriegen ausgebildeten mafiosen Strukturen und die aufgeblühte Bereicherungskriminalität stehen oft noch lange nach dem Ende von Kampfhandlungen einer Normalisierung des Wirtschaftslebens im Wege. Ein besseres Verständnis der wirtschaftlichen Zirkulationsprozesse von Bürgerkriegen könnte womöglich helfen, ein zielgenaueres friedenspolitisches Handeln der internationalen Gemeinschaft und von Nichtregierungsorganisationen zu befördern.1

Friedenskonsolidierung ist also ein politisch hochsensibler, komplexer gesamtgesellschaftlicher Prozess der Rehabilitation, der Rekonstruktion und der Erneuerung, dessen Erfolgsbedingungen der Wissenschaft und Praxis bislang erst in Ansätzen bekannt sind.2 Elemente des Katastrophen-Managements verbinden sich dabei mit entwicklungspolitischer Rekonstruktion und friedenspolitischer Konflikt-Transformation. Der norwegische Friedensforscher Johan Galtung3 hat all diese Dimensionen der Friedenskonsolidierung treffend auf den Begriff der drei Rs gebracht und auf den Zusammenhang von Resolution, Reconstruction und Reconciliation verwiesen. Insgesamt stellt Friedenskonsolidierung also ein anspruchsvolles Projekt dar, eine Art nachholender Staaten- und Nationenbildung, deren vorheriges Scheitern im Bürgerkrieg zum Ausdruck kam4, sowie den Aufbau einer demokratisch legitimierten, ökonomisch prosperierenden, sozial gerechten und friedensfähigen Nachkriegsgesellschaft.

Betont wird die Notwendigkeit einer Nachhaltigkeit des Friedenskonsolidierungsprozesses, die durch eine Ausschaltung der tieferen Ursachen des vorangegangenen Konfliktes gefördert werden soll.

3. Eine neue Art von EZ - unter besonders schwierigen Bedingungen?

Zur Beförderung der Prozesse der Friedenskonsolidierung bedarf es offensichtlich spezifischer Hilfen von Seiten der internationalen Gemeinschaft. Jonathan Moore5 und Nicole Ball/Tammy Halevy6 sprechen von einer rehabilitation assistance bzw. einer post conflict transition assistance für Gesellschaften in der schwierigen Transitionsphase vom Krieg zum Frieden.

Als friedenspolitisches Schlüsselinstrument dienen den Vereinten Nationen hierzu demokratische Wahlen. Der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle solcher Wahlen gelten die größte Aufmerksamkeit und Energie. Haben die Wahlen zu einer funktionsfähigen Regierungsbildung geführt, wird die Friedenskonsolidierung als weitgehend abgeschlossen betrachtet. Entwicklungspolitisch gilt es, das sogenannte Kontinuum von relief - rehabilitation - development zu bewältigen, also nicht bei kurzfristiger humanitärer Nothilfe stehenzubleiben, sondern über eine Rehabilitationshilfe wieder zu langfristig orientierter Entwicklungspolitik zu gelangen. Zugleich hat die Entwicklungspolitik neue Teilaufgaben der Friedenskonsolidierung übernommen, namentlich im Bereich der politisch und sozial sensiblen Demobilisierung und Reintegration von Soldaten und Kämpfern.

Insgesamt handelt es sich um ein komplexes Unternehmen, bei dem verschiedene Akteure, Ziele und Instrumente möglichst arbeitsteilig und koordiniert im Rahmen eines kohärenten Gesamtkonzepts miteinander in Einklang gebracht werden sollen7. Militärs, Politiker und Diplomaten agieren neben humanitären Helfern und entwicklungspolitischen Experten. Die externe Hilfe soll nur Hilfe zur Selbsthilfe sein, wie alle einschlägigen Dokumente betonen, und zur Mobilisierung eigenständiger Rekonstruktionspotentiale beitragen.

4. Friedenskonsolidierung in der Praxis: Probleme und Defizite

In der praktischen Umsetzung von Bemühungen zur Friedenskonsolidierung lassen sich etliche Probleme und Defizite erkennen:

Der eminent politische Charakter von Prozessen der Friedenskonsolidierung wird häufig unterschätzt oder verdrängt. Keine Einzelmaßnahme ist politisch neutral in ihren Auswirkungen. Eine allzu technokratische Herangehensweise läuft daher Gefahr, kontraproduktiv zu den Zielen der Friedenskonsolidierung zu wirken. Gegebenenfalls muss auf die Konfliktparteien - über ökonomische Abhängigkeiten oder eine friedenspolitische Konditionierung von Wiederaufbauhilfe - Druck ausgeübt werden, verbunden mit anhaltenden Mediationsangeboten8.

Zu beobachten ist ein friedenspolitischer bias zugunsten der Mächtigen. In der Regel betreibt die UNO einen Friedensprozess von oben (top-down approach) mit Politikern, Diplomaten, Warlords und Parteiführern, der sich meist auf der spektakulären Ebene der Konferenzdiplomatie bewegt. Notgedrungen und wider Willen muss sie dabei manchmal auch mit Kriegsgewinnlern und Kriegsverbrechern kooperieren. Wenn eine solche Vorgehensweise unter dem realpolitischen Kalkül kurzfristiger Stabilitätssicherung auch verständlich ist, so kann sie sich längerfristig doch als kontraproduktiv für den Friedensprozess erweisen.
Insbesondere dürfen demgegenüber nicht komplementäre Friedensprozesse von unten (bottom-up approach), als die zivilgesellschaftliche Ausfüllung des Konsolidierungsprozesses, vernachlässigt werden. Nur so kann eine Nachhaltigkeit und Verwurzelung des Friedensprozesses in der Bevölkerung erreicht werden. Daher bedarf die Förderung zivilgesellschaftlicher Strukturen und Kräfte besonderer Aufmerksamkeit. Hierzu sollten NROs in den ehemaligen Bürgerkriegsgesellschaften gefördert werden, allerdings unter Anwendung strikter Förderungskriterien und ständiger Evaluierung.

Nicht immer und überall, besonders nicht in stark fragmentierten Gesellschaften mit einer Vielzahl von Konfliktparteien, sind demokratische Wahlen das alleinige und beste Mittel, um eine stabile Nachkriegsordnung herbeizuführen9. In solchen Fällen, wie spektakulär in Angola im Jahr 1992 geschehen, können Wahlen gleichsam als Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln wahrgenommen werden, zu einer Vertiefung von Spaltungslinien und zum Wiederausbruch des Krieges beitragen. Allenfalls frühzeitig geplante und sorgfältig vorbereitete Wahlen in einem günstigen Umfeld - bei weitgehender Demilitarisierung, elementarer Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit etc. - können einen Sinn haben.
In manchen Fällen könnten womöglich - zumindest für eine begrenzte Zeit - Konzepte der Machtteilung (power sharing) bzw. transitorische Mehr- oder Allparteienregierungen eher zur Schaffung relativ stabiler politischer Verhältnisse beitragen.

Das in der entwicklungspolitischen Diskussion postulierte Kontinuum von relief - rehabilitation - development existiert in der Realität offenbar nicht, sondern löst sich eher in ein Durch- und Nebeneinander aller drei Elemente auf. Desgleichen findet auch die postulierte Arbeitsteilung und Koordination zwischen verschiedenen Akteuren in der Praxis kaum statt. Vielmehr herrscht mangelnde Bereitschaft und Unfähigkeit zur Kooperation vor, finden institutionelle und personelle Grabenkämpfe und Profilierungswettläufe statt. Hierdurch kommt es zu einer immensen Vergeudung knapper Ressourcen, zu Ineffizienz und zu sich gegenseitig behindernden Maßnahmen der Friedenskonsolidierung (s. Jonathan Moore5) für eine massive Kritik am UN-System).

Angesichts der schwieriger werdenden Finanzierungslage (Stichwort Gebermüdigkeit) muss genauer als bisher geprüft werden: Was genau leistet eine Investition in den Friedensprozess? Welche Maßnahmen sind notwendig, welche optimal? Was sind die finanziellen und politischen Folgekosten bestimmter Maßnahmen? Dabei muss auch die Flexibilität von Finanzierungsmaßnahmen bzw. der Verfügbarkeit von Budgets gesteigert werden, um kurzfristigem Finanzierungsbedarf in kritischen Phasen von Friedenskonsolidierungsprozessen unbürokratisch Rechnung tragen zu können.

Zudem muss der Zeitfaktor neu kalkuliert werden. Der bisherige Zeitrahmen der Friedenskonsolidierung von 2 - 3 Jahren hat sich als zu kurz erwiesen und muss erweitert werden. Friedenskonsolidierung ist nicht als quick fix zu haben, sondern bedarf eines langen Atems, zumal dann, wenn es sich nach hochdestruktiven Bürgerkriegen um die Rekonstruktion bzw. Erneuerung ganzer Gesellschaften und gescheiterter Staaten handelt.

Die Präsenz und der Einfluss der internationalen Gemeinschaft war und ist in etlichen Fällen überwältigend. Dies zeigte sich schon früh in Ansätzen bürokratisierender Treuhänder- und Vormundschaftsmodelle in Kambodscha und Somalia. Durch viel Geld, Personal und unangepasste Konzepte wurden und werden Eigeninitiative und Selbsthilfe nicht immer ermuntert. Der Friedensvertrag von Dayton in Ex-Jugoslawien gilt etlichen politischen Kräften vor Ort als internationaler Oktroi.
Der Erfolg von Bemühungen zur Friedenskonsolidierung hängt aber letztlich wesentlich davon ab, ob bei den unmittelbar Betroffenen vor Ort ein genuiner Wille zum Frieden und eine konsequente Bereitschaft zur Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft gegeben ist. Dies, von Eva Bertram the Ground Truth genannt10, ist offensichtlich die wichtigste Bedingung für eine erfolgreiche Friedenskonsolidierung.
Der Friede kann nicht von außen gebracht, sondern er muss von innen geschaffen werden. Daher müssen gezielt und systematisch diejenigen (zivil-)gesellschaftlichen und politischen Kräfte unterstützt und gestärkt werden, die ein genuines Interesse am Frieden und den Willen haben, sich der Logik des Krieges zu widersetzen und die gewalttätige Konfliktdynamik zu durchbrechen11.
In etlichen Fällen, namentlich in außereuropäischen Gesellschaften und auf der lokalen Ebene, kann dabei auch die Reaktivierung traditioneller Instanzen, Mechanismen und Methoden friedlicher Streitschlichtung, des Dialoges, der Konsensfindung und der Versöhnung eine konstruktive Rolle spielen. Letztendlich geht es aber auch auf der nationalen Ebene ehemaliger Bürgerkriegsgesellschaften um den Aufbau und die Kräftigung von Normen, Institutionen und Verfahren, die geeignet sind, soziale Konflikte verlässlich und friedlich zu mediatisieren. Schließlich bedarf es einer sozioökonomischen Unterfütterung friedlichen Konfliktaustrags, denn ein Friede ohne soziale Gerechtigkeit wird auf längere Sicht kaum Bestand haben.

5. Fazit

Wahrscheinlich werden die für einen Prozess nachhaltiger Friedenskonsolidierung erforderlichen materiellen Ressourcen und politischen Energien nur dort bereitgestellt, wo wichtige Interessen und/oder Besorgnisse großer Mächte gegeben sind. Insgesamt ist Skepsis angebracht, ob eingeleitete Prozesse der Friedenskonsolidierung tatsächlich die gewünschte Wirkung haben werden. Zu groß ist die Kluft zwischen dem Anspruch und der Praxis von Friedenskonsolidierung.

Dies zeigte sich beispielsweise in den zahlreichen Rückschlägen der Friedensprozesse in Angola und Liberia sowie in der immer deutlicher werdenden Brüchigkeit und Gefährdung des Vertragswerkes von Dayton in Ex-Jugoslawien. Selbst die bislang so genannten Erfolgsgeschichten der UN, wie in El Salvador, Namibia, Kambodscha und Mosambik, erweisen sich bei genauerer Prüfung als durchaus problematisch. In El Salvador wurde zwar Frieden erreicht, aber nicht soziale Gerechtigkeit; das Land gilt mittlerweile mit seiner hochgradigen Kriminalität als das gewalttätigste in ganz Lateinamerika. In Kambodscha,, wo zunächst eine der scheinbar erfolgreichsten Friedensmissionen der UN stattfand, kam es zum Wiederausbruch umfassender gewalttätiger politischer Machtkämpfe und zu neuerlichen Massenfluchtbewegungen.

Dennoch gibt es keine Alternative: Es muss zumindest der Versuch unternommen werden, das ambitionierte Projekt der Friedenskonsolidierung auf den Weg zu bringen. Doch sollten dabei aus Problemen, Fehlern und Defiziten Lehren gezogen werden.

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1) Hierzu die Besprechung des Buches von François Jean/Jean-Christophe Rufin (Hg.): Economie des guerres civiles, Paris 1996, durch Peter Lock in: epd-Entwicklungspolitik 10/97

2) Volker Matthies: Friedenskonsolidierung, in: epd-Entwicklungspolitik 4/97

3) Johan Galtung: The Triple-R, R3: Resolution, Reconstruction, Reconciliation: Do them Together, not Separately! Manuskript, o. O. u. J.

4) I. William Zartman (Hg.): Collapsed States. The Disintegration and Restoration of Legitimate Authority. Boulder London 1995

5) Jonathan Moore: The UN and Complex Emergencies. Rehabilitation in Third World Transitions. Genf, UNRISD 1996

6) Nicole Ball/Tammy Halevy: Making Peace Work: The Role of the International Development Community. Washington, ODC 1996

7) An Inventory of Post-conflict Peace-building Activities. New York, UN Department for Economic and Social Information and Policy Analysis, 1996, sowie die Beiträge des International Colloqium on Post-conflict Reconstruction Strategies (Stadtschlaining 23-24 Juni 1995), organized by the Reconstruction Unit Vienna of the Department for Development Support and Management Services (UNDDSMS), Wien, November 1995

8) Chester A. Crocker, Fen Osler Hampson: Making Peace Settlements Work, in: Foreign Policy, no. 104, Fall 1996

9) Winrich Kühne: Winning the Peace. Concept and Lessons Learnt of Post-Conflict Peacebuilding. Ebenhausen, Stiftung Wissenschaft und Politik 1996

10) Eva Bertram: Reinventing Governments. The Promises and Perils of United Nations Peace Building, in: Journal of Conflict Resolution, vol. 39, no 3, September 1995, S. 387-418

11) Wolfgang Heinrich: Nothilfe in Konflikten. Hilfe von außen, Frieden von innen, in: der überblick 2/97

*Prof. Dr. Volker Matthies lehrt in Hamburg internationale Politik und betreibt Entwicklungs- und Friedensforschung. Er ist Herausgeber des Bandes Vom Krieg zum Frieden. Kriegsbeendigung und Friedenskonsolidierung, Bremen 1995.

E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit, herausgegeben von der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung.
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Quelle: E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit (Nr. 10, Oktober 1997, S. 256-258)
Wir bedanken uns für die Genehmigung zur Veröffentlichung.