Begriffserklärung Lebensmittel - in aller Munde
Natürlich verwechseln wir Äpfel nicht mit Birnen, aber nur wenige wissen genau, was ein Lebensmittel von einem Zusatzstoff oder ein "Novel food"-Produkt von einem herkömmlichen unterscheidet.
Natürlich verwechseln wir Äpfel nicht mit Birnen, aber nur wenige wissen genau, was ein Lebensmittel von einem Zusatzstoff oder ein "Novel food"- Produkt von einem herkömmlichen unterscheidet. Bevor es interessant wird, müssen deshalb erst einmal "Hausaufgaben" gemacht werden:
Stoffe werden nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-Gesetz (LMBG) als Lebensmittel definiert, wenn sie dazu dienen, von Menschen in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand gegessen, gekaut oder getrunken zu werden. Zu den Lebensmitteln zählen also das Trinkwasser und die koch- und tischfertigen Speisen, sowie deren Rohstoffe und Zwischenerzeugnisse. Stoffe, die nicht "allgemein zum menschlichen Verzehr" bestimmt sind, können aber auch zu einem Lebensmittel werden. Zum Beispiel kann das sog. Trebermehl, das bei der Bierherstellung anfällt, zur Herstellung von "Treberbrot" oder zur Ballaststoffanreicherung in Lebensmitteln verwendet und damit zum Lebensmittel werden.
Lebensmittel sind nach dem Lebensmittel -und Bedarfsgegenstände-Gesetz alle Stoffe - außer den Arzneimitteln - , die dazu bestimmt sind, "von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken" zu werden. Nicht nur die tierischen Speisen, sondern auch die Rohstoffe und alle Zwischenerzeugnisse werden dazugezählt. Lebensmittel enthalten unterschiedliche Mengen an Nährstoffen, lebenswichtigen Mineralstoffen und Vitaminen; Fleisch z.B. ist relativ arm Mineralstoffen, Gemüse dagegen mineralreich, Brot enthält viel Vitamin B1.
Der Zusatz irgendeines Stoffes zum Lebensmittel ist, sofern dieser nicht selbst ein normales Lebensmittel ist, grundsätzlich verboten. Erst wenn ein Zusatzstoff als gesundheitlich unbedenklich und als technologisch, ernährungsphysiologisch oder diätetisch erforderlich anerkannt ist, wird er vom Gesetzgeber per Verordnung zugelassen. "Technische Hilfsstoffe" sind den Zusatzstoffen zuzurechnen, auch wenn sie im Endprodukt nicht mehr oder nur noch in Spuren vorhanden sind. Starterkulturen werden Lebensmitteln, z.B. der Milch, zugesetzt, um diese entsprechend aufzubereiten (z.B. bei der Herstellung von Joghurt oder Käse).
Oft werden noch die veralteten Begriffe Nahrungs- und Genussmittel verwendet. Aber egal, was wir essen und trinken, Fleisch und Gemüse, Milch, Kaffee oder Tee, Tabak, Gewürze und Wein, alles sind Lebensmittel. Die "Umhüllungen, Überzüge oder sonstigen Umschließungen" der Lebensmittel werden dann zu einem solchen, wenn sie wie die Wurstpelle oder Käserinde mitverzehrt werden können. Arzneimittel sind die einzigen "Nicht-Lebensmittel", die wir verschlucken: sie dienen weder der Ernährung noch dem Genuss, sondern zur Vorbeugung oder Bekämpfung von Krankheiten.
Zusatzstoffe sind alle Stoffe, die dazu bestimmt sind, "einem Lebensmittel zur Beeinflussung seiner Beschaffenheit oder zur Erzielung bestimmter Eigenschaften" zugesetzt zu werden. Sie dürfen nur nach amtlicher Zulassung verwendet werden. Die Verwendungsbedingungen, z.B. die Höchstmenge, und die Lebensmittel, denen sie zugesetzt werden dürfen, sind festgelegt. Antioxidationsmittel, Aroma- und Farbstoffe sowie Geschmacksverstärker, Konservierungsstoffe und Zuckeraustauschstoffe sind z.B. typische Zusatzstoffe. Sie werden mit dem Lebensmittel verzehrt und unterliegen deshalb besonderen gesetzlichen Regelungen; sie müssen auf der Verpackung eines Lebensmittels im Zutatenverzeichnis aufgeführt sein.
Auch Technische Hilfsstoffe, sog. Verarbeitungshilfen, gehören zu den Zusatzstoffen. Sie werden bei der Gewinnung, Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln eingesetzt, anschließend aber wieder entfernt. Sie sind im Lebensmittel nicht mehr oder nur in "technisch unvermeidbaren" Spuren vorhanden und dürfen deshalb ohne ausdrückliche Zulassung verwendet werden. Hierunter fallen unter anderem Filterhilfsmittel wie Cellulose und Kieselgur, Entfärbungsmittel wie Aktivkohle oder sogenannte Bentonite und Entsäuerungsmittel wie etwa das Calciumcarbonat.
Ganz wichtig bei der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln sind seit alters her die schon mehrfach erwähnten Enzyme, die ebenfalls zu den technischen Hilfsstoffen gehören. Enzyme sind "Biokatalysatoren", d.h. sie ermöglichen biochemische Reaktionen, die ansonsten in einer physiologischen Umgebung - mit "milden Bedingungen" wie etwa im menschlichen Organismus bei 37° Celsius - gar nicht erfolgen könnten.
In jeder Zelle sind etwa 4.000 bis 5.000 verschiedene Enzyme enthalten. Sie arbeiten sowohl im Stoffwechsel jeder einzelnen Zelle unseres Körpers als auch z.B. beim Abbau der aufgenommenen Nahrung im Magen-Darmtrakt. Die hierzu benötigten Enzyme werden im wesentlichen in den Zellen der Bauchspeicheldrüse und Leber gebildet und gelangen über einen gemeinsamen Kanal in den Dünndarm. Alle Enzyme, früher auch "Fermente" genannt, ob pflanzlicher, tierischer oder bakterieller Herkunft, ob im Zellstoffwechsel oder außerhalb der Zellen im Körper aktiv, sind chemisch gesehen eine bestimmte Klasse von Proteinen bzw. Eiweißen. Neben Proteinen mit enzymatischen Funktionen gibt es auch Transportproteine (z.B. das Hämoglobin zum Transport des Sauerstoffs im Blut), Faser- oder Strukturproteine (wie etwa das Keratin in unseren Haaren und Nägeln) und Muskelproteine (die wir als Fleisch verzehren).
Doch zurück zu den Enzymen. Enzymatische Reaktionen werden bei der Lebensmittelverarbeitung, wenn auch unbewusst, schon seit vielen Tausend Jahren genutzt. Einer Vielzahl traditioneller Verfahren der Lebensmitteltechnik liegt der gezielte Einsatz von Enzymen zugrunde, weil sie unter milden Bedingungen sehr spezifisch und schnell bestimmte Reaktionen ermöglichen. Die Enzyme sind dabei entweder von vornherein im Lebensmittel selbst enthalten (z.B. im Malz für die Bierbereitung) oder sie werden im Verarbeitungsprozess zugesetzt (z.B. zur Milch bei der Käseherstellung). Immer mehr enzymkatalysierte Reaktionen im Lebensmittelbereich verlaufen mit immobilisierten, d.h. auf Trägern fixierten, Enzymen. Angereicherte oder gereinigte Enzympräparate für diese Zwecke sind erst in diesem Jahrhundert entwickelt worden. Sie werden als technische Enzyme bezeichnet.
Quelle: BLL