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Gentechnisch veränderte Mikroorganismen

Keine Chance zum Nulltarif: Mikroorganismen

Keine Chance zum Nulltarif: Mikroorganismen
Jede Technik birgt Chancen, aber auch Risiken. Chancen zum Nulltarif gibt es nicht. Die begleitende Sicherheitsforschung gerade bei der Gentechnik ist beispiellos. Während hierzulande immer noch ein Mehr an Sicherheit gefordert wird, lockert man andernorts die restriktive Handhabung aufgrund der gemachten Erfahrungen.
"Biofermentation", das Züchten von Mikroorganismen, ist eine biotechnische Methode mit langer Tradition im Lebensmittelbereich. So kommen bei der Herstellung von Wein, Bier, Brot, Käse und Milchprodukten Mikroorganismen wie Hefen, Schimmelpilze und Milchsäurebakterien zum Einsatz. Diese Mikroorganismen können nicht nur mit klassischen Züchtungsverfahren, sondern heute auch gentechnisch modifiziert werden.
 
Neue oder neuartige Risiken?
Werden Mikroorganismen genetisch verändert, so können theoretisch neben der erwünschten Eigenschaft zusätzlich andere Eigenschaften des Mikroorganismus in den Vordergrund treten. Diese zusätzlichen Eigenschaften ­ etwa die Produktion einer allergieauslösenden oder auch giftigen Substanz ­ werden jetzt im Zusammenhang mit der Gentechnik als neue Risiken diskutiert. Aber: diese theoretischen Risiken bestehen auch bei klassischen Züchtungsmethoden, sind also nicht spezifisch für die "Methode Gentechnik". Im Gegenteil: nur bei dieser Methode weiß man, was tatsächlich in dem Mikroorganismus verändert wurde.

Der traditionelle Weg
Seit Jahrzehnten werden Mikroorganismen mit Strahlung oder chemischen Substanzen erbgutverändernd behandelt. Nach einer solchen Behandlung werden dann diejenigen Mikroorganismen ausgewählt, die ­ rein zufällig ­ die gewünschte Eigenschaft aufweisen. Eine gewünschte Eigenschaft kann z.B. die Effizienzsteigerung sein. Die Milch- oder Zitronensäureproduktion sind Beispiele dafür: Die gezüchteten und heute für die Produktion verwendeten Mikroorganismen bilden eine größere Menge dieser Substanzen als ihre "Vorfahren".

Unabhängig von der Methode, mit der man die Mikroorganismen züchterisch verändert, können verschiedene Nebeneffekte auftreten. Diese Wahrscheinlichkeit ist bei gentechnisch und damit gezielt veränderten Mikroorganismen sehr viel geringer. Außerdem kann man bei diesen die Veränderung im Erbgut genau analysieren. Das ist bei herkömmlichen Methoden zur Veränderung des Erbguts nicht der Fall.
 

Der gentechnische Weg
Mit gentechnischen Methoden lassen sich die gewünschten Zuchteigenschaften sehr gezielt durch Einführung eines einzigen Gens erreichen. Man weiß, was auf Erbgutebene verändert wird und kann diese Erbgutveränderung auch dementsprechend überprüfen: tatsächlich gewinnt man dadurch zusätzliche Sicherheit.
Bevor der gentechnisch veränderte Mikroorganismus zum Einsatz kommt, wird er genau untersucht, z.B. darauf, ob unerwünschte zusätzliche Produkte entstehen. Das Gentechnik-Gesetz schreibt detailliert vor, was und wie lange geprüft werden muss. Nach Erfüllung aller gesetzlichen Auflagen überprüft das Robert-Koch-Institut als Genehmigungsbehörde die Unterlagen. Auch die "Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit" (ZKBS) ist als Prüfbehörde beteiligt. Erst wenn die Unbedenklichkeit bestätigt werden kann, wird der Mikroorganismus für die Produktion zugelassen. 

Die Gentechnik bietet die Möglichkeit, Mikroorganismen mit Eigenschaften zu züchten, die man bisher nicht oder nur mit enormem Zeitaufwand züchten konnte. Durch ein gentechnisch eingeführtes Gen können Milchsäurebakterien z.B. ein Protein herstellen, das Viren unschädlich macht. Bei der Sicherheitsüberprüfung wird die Unbedenklichkeit auch im Hinblick auf eine mögliche Allergiewirkung des Proteins genau untersucht.

Allergien durch Enzyme
Seit fast 15 Jahren werden Enzyme international aus gentechnisch veränderten Pilzen, Hefen und Bakterien gewonnen. Enzyme sind Proteine bzw. Eiweißstoffe. Sie können deswegen, wie jedes andere Protein auch, bei entsprechend veranlagten Menschen Allergien verursachen. Das gilt gleichermaßen für natürlich vorkommende und gentechnisch oder herkömmlich hergestellte Enzyme. Bei der Produktion von Enzymen sorgen Sicherheitsmaßnahmen für eine Minimierung des Allergierisikos für die Beteiligten. Z.B. werden die Enzyme verkapselt, um die Staubentstehung zu vermeiden. Die produzierten Enzyme, die bei der Herstellung von Lebensmitteln zum Einsatz kommen, sind im Endprodukt meistens nicht oder allenfalls in Spuren vorhanden.
Kommen bisher nicht markteingeführte Substanzen in der Nahrung vor, treten mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit neue Allergien auf. Das war z.B. auch bei der europäischen Markteinführung der neuseeländischen Kiwi der Fall. Neue Proteine bergen unabhängig von ihrer Herstellungsweise ein Allergierisiko. Die meisten Enzympräparate, die heute mit gentechnischen Methoden hergestellt werden, sind bereits markteingeführt.

Ein markteingeführtes Beispiel: Chymosin
Das Enzym Chymosin wird zur "Dicklegung" der Milch bei der Käseherstellung eingesetzt. Das Enzym wird nur in sehr geringen Mengen benötigt und im Lauf der Käsereifung abgebaut: Weder das Labferment aus dem Kälbermagen (mit ca. 5% Chymosingehalt), noch das Chymosin aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen sind im Endprodukt Käse nachweisbar. Die bereits weltweit unter Verwendung von Chymosin aus Mikroorganismen hergestellten und konsumierten Käseprodukte zeigen, dass Bedenken bezüglich eines allergenen Potentials unbegründet sind. In England haben sich Tierschützer für die Verwendung des Chymosins aus Mikroorganismen statt des Labferments aus Kälbermägen ausgesprochen. Eine englische Handelskette bewirbt Cheddar-Käse mit der Aussage: "Mit Hilfe der Gentechnik hergestellt, deshalb frei von tierischem Labferment". 

Käse wird heute schon in vielen Ländern mit Chymosin, das aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen stammt, hergestellt. Auch in Deutschland ist es seit März 1997 zugelassen. Das Chymosin ist identisch mit der wirksamen Substanz im traditionell eingesetzten Kälbermagenlab. Beide Produkte werden der Käsereimilch in verschwindend geringen Mengen zugesetzt. In diesen geringen Mengen gelangen damit entweder auch Begleitsubstanzen aus dem Kälbermagen (der Chymosingehalt des eingesetzten Kälbermagenextrakts liegt bei ca. 5% mit 95% Begleitsubstanzen) oder Begleitsubstanzen aus den Bakterien (der Chymosingehalt des Bakterienextrakts liegt bei ca. 99% mit weniger als 1% Begleitsubstanzen) in die Käsereimilch. Weder das Chymosin noch irgendwelche Begleitsubstanzen sind im fertigen Käse nachweisbar. Begleitsubstanzen aus den Bakterien wären auch nicht neu für den menschlichen Organismus: die für die Chymosinproduktion eingesetzten Mikroorganismen werden traditionell in der Lebensmittelherstellung verwendet. Damit gibt es auch kein neues Allergierisiko.

Zusammenfassung
Die im Zusammenhang mit der Gentechnik diskutierten Risiken existieren auch bei den herkömmlichen Produktionsprozessen. Es handelt sich also nicht um neuartige oder zusätzliche Risiken. Eine neue Technologie muss sich stets mit den althergebrachten im Markt messen. Man hat mittlerweile fast fünfzehn Jahre Erfahrung mit der Fermentation von gentechnisch veränderten Mikroorganismen, z.B. bei der Produktion von Insulin. Selbstverständlich ist die Produktionssicherheit gewährleistet. Die Gentechnologie schneidet nicht nur bei der Schonung von Ressourcen (z.B. Einsparung von Energie bei der Enzymproduktion) und der Umweltentlastung (z.B. gentechnisch erzeugte Phytase im Nutztierfutter) besser als die bisher eingesetzten Techniken ab, sondern trägt auch deutlich zur Risikominimierung bei. Außerdem ergeben sich erhebliche Kostenvorteile für die Lebensmittelherstellung, die durch den Konkurrenzdruck der Anbieter letztlich auch dem Verbraucher zugute kommen können. Was den Faktor Allergien anlangt, so müssen Informationen über neu in den Markt eingeführte Proteine ganz unabhängig vom Herstellungsverfahren in geeigneter Form zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: BLL