Extremereignisse

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Hitzewellen in großen Städten

Infolge der Ausbildung städtischer Wärmeinseln sind große Städte besonders stark durch Hitzewellen gefährdet.

Große Städte und Stadtklima

Als große Städte werden hier Städte mit einer Mio. Einwohnern und mehr verstanden. Im Fokus stehen Megastädte, in denen mindestens 10 Mio. Einwohner leben. Gegenwärtig gibt es weltweit etwa 33 Megastädte, die vor allem in Asien liegen und rund 529 Mio. Menschen bzw. 6,9 % der globalen Bevölkerung umfassen. Dieser Anteil wird nach Schätzungen der UN bis 2030 auf 8,8 % steigen,1 wobei die Bevölkerungszunahme vor allem in Asien und Afrika stattfinden wird. Zahlreiche große Städte liegen in Küstennähe und sind schon deshalb durch Extremereignisse wie Hochwasser, Sturmfluten und Hurrikane bedroht. Hinzu kommen die Ausbildung städtischer Wärmeinseln und die dadurch bedingte intensivere Ausprägung von Hitzewellen im Vergleich zum Umland durch die dichte Bebauung und höhere Bodenversiegelung. Durch Extremereignisse besteht nicht nur ein hohes Risiko für Leib und Leben der Bewohner, sondern auch die Gefahr der Vernichtung großer Vermögenswerte, da in großen Städten wichtige Umschlagplätze für zahlreiche Güter, große Industrie- und Infrastrukturanlagen und Gebäude angesiedelt sind. Zu den 20 am meisten durch den Klimawandel gefährdeten Städten weltweit in Bezug auf Menschen und Vermögenswerte zählen Mumbai, Guangzhou, Shanghai, Bangkok, Alexandria, New York u.a. Nimmt man nur die Vermögenswerte als Kriterium, stehen Städte wie Miami, New York, Tokio, New Orleans, Guangzhou und Shanghai ganz oben auf der Gefährdungsliste.2 Dreiviertel der globalen städtischen Bevölkerung und die meisten der großen Städte befinden sich in Staaten mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Die meisten Todesopfer durch extreme Wetterereignisse gibt es ebenfalls in Ländern mit niedrigem Einkommen. Dagegen sind die ökonomischen Verluste in reichen Ländern am höchsten.3

© NASA 2017


Abb. 1: Der Temperaturunterschied zum Umland beträgt 4 °C.B1

Das Stadtklima unterscheidet sich deutlich vom Klima des Umlands, was nicht nur die Lufttemperatur, sondern auch Luftfeuchtigkeit, Strahlung und Wind betrifft. Ein typisches Merkmal des Stadtklimas ist die Ausbildung städtischer Wärmeinseln. Sie sind durch den Temperaturunterschied zwi­schen der Stadt und ihrem Umland charakterisiert. Die Gründe für die höheren Temperaturen in Stadtgebieten liegen zum einen in der Speicherung von Wärme durch städtische Gebäude, die vor allem nachts wieder abgegeben wird, und der geringeren Durchlüftung im Vergleich zum Umland, die zu Staueffekten von warmer Luft führt. Eine weitere wichtige Ursache ist die Bodenversiegelung mit Asphalt und Beton für Verkehrs- und andere Infrastrukturanlagen. Deren Oberflächen wandeln die einfallende Sonnenstrahlung in Wärmestrahlung um und nehmen so gut wie keine Feuchtigkeit auf. Niederschläge werden nur begrenzt vom Boden und Vegetation aufgenommen und fließen über die Kanalisation schnell ab. Dadurch kommt es kaum zur Verdunstung, und die daraus resultierenden Abkühlungseffekte bleiben aus. Meteorologische Voraussetzungen sind ein sonnenscheinreicher Tag und ein schwacher Wind mit weniger als 3 m/s. Die Differenz zum Umland kann in großen Städten bis zu 10 Kelvin betragen. Im Tagesablauf sind die städtischen Wärmeinseln besonders abends und nachts ausgeprägt.4 Städtische Wärmeinseln und Hitzewellen stehen in einem Wechselverhältnis und verstärken sich gegenseitig.

© Papalexiou 2018

Abb. 2: Trends der höchsten Jahrestemperatur in großen Städten ab 5 Mio. Einwohnern in °C pro Jahrzehnt für die beiden Perioden 1966-2015 und 1986-2015B2

Eine Untersuchung über die Veränderung der höchsten Jahrestemperaturen in den letzten 50 und 30 Jahren in verschiedenen Regionen der globalen Landoberfläche und in großen Städten ab 5 Mio. Einwohnern, kommt zu dem Ergebnis, dass die sehr hohen Temperaturen in großen Städten sich deutlich stärker erhöht haben als in den Regionen, in denen sie sich befinden.5 Im globalen Mittel stiegen die höchsten Jahrestemperaturen im Zeitraum 1966-2015 um 0,19 °C pro Jahrzehnt an und in den Jahren von 1986 bis 2015 um 0,25 °C/Jahrzehnt. Die großen Städte hatten in den meisten Fällen deutlich höhere Anstiegsraten. Besonders auffällig sind Paris mit 0,96 °C/Jahrzehnt 1966-2015 (das würde auf 100 Jahre umgerechnet eine Zunahme der höchsten Jahrestemperatur um fast 10 °C bedeuten!) sowie Houston und Moskau mit 0,99 bzw. 0,92 °C/Jahrzehnt 1986-2015. Als eine wichtige Ursache wird der städtische Wärmeinsel-Effekt angenommen.

New York

Stadtklima

In der Metropolregion New York, wozu neben New York City (NYC) auch Teile der Staaten New York, New Jersey, Connecticut und Pennsylvania gehören, lebten im Jahr 2017 rund 20 Mio. Menschen, fast die Hälfte davon, nämlich 8,6 Mio., allein in NYC.6 Neben Sturmfluten und Überschwemmungen gehören sommerliche Hitzewellen zu den Wetterextremen, von denen New York City am stärksten betroffen ist. New York liegt mit 40° n.Br. etwa auf derselben Breite wie Madrid und ist daher subtropisch geprägt. Die Stadt steht trotz ihrer Küstenlage zusätzlich unter kontinentalem Einfluss. Die Winter sind daher kalt und die Sommer können bei starker Sonneneinstrahlung sehr heiß werden. Die dichte Bebauung und die Größe der Stadt begünstigen außerdem die Ausbildung von städtischen Wärmeinseln, die wiederum Hitzeereignisse verstärken. Besonders in den dicht bebauten Gebieten mit wenigen Grünanlagen sind in NYC die städtischen Wärmeinseln intensiv ausgeprägt. Im Sommer und Herbst liegen hier die Lufttemperaturen um 4 °C über denen der weniger verdichteten  Stadtgebiete.6 Bei Hitzewellen können die Nachttemperaturen im Central Park sogar bis zu 7 °C höher ausfallen als am Westhampton Beach an der südwestlichen Küste von Long Island.7

© NASA 2006


Abb. 3: Temperaturverteilung in New York CityB3

Wichtige Ursachen für die Entstehung von städtischen Wärmeinseln sind die Bedeckung des Bodens mit Asphalt und Beton für Verkehrsanlagen und Gebäude. Deren Oberflächen wandeln die einfallende Sonnenstrahlung in sensible und Strahlungswärme um und nehmen so gut wie keine Feuchtigkeit auf. Dadurch kommt es kaum zur Verdunstung, und die daraus resultierenden Abkühlungseffekte bleiben aus. Durch die Lage am Meer erfährt New York allerdings bei Hitzeperioden eine gewisse Abkühlung vom Atlantik her. So liegen die Lufttemperaturen am John F. Kennedy Airport, der direkt an der Jamaica Bay liegt, um gut 1 °C unter denen des Central Parks in Manhattan. Hitzewellen werden durch diesen Temperaturunterschied in ihren stärksten Ausprägungen teilweise nach Westen und Norden in Richtung New Jersey und Bronx abgedrängt.8 Wie einige Untersuchungen gezeigt haben, wird der Seewind jedoch gerade bei Hitzewellen durch westliche Winde vom Land her häufig blockiert.9

Hitzewellen

© NOAA, National Center for Environmental Information o.J.


Abb. 4: Mittlere Sommertemperaturen (Juni-August) 1895-2018 New York, Central Parc, Angaben in Grad Fahrenheit (links) und Grad Celsius (rechts)B4

Die mittleren Sommertemperaturen zeigen in New York City einen klaren Aufwärtstrend (Abb. 5). Als Hitzewellen werden für NYC mindestens drei aufeinanderfolgende Tage mit einer Lufttemperatur von über 32 °C definiert.10 Größere frühere Hitzewellen ereigneten sich 1966, 1972 mit 253 zusätzlichen Toten an einem Tag, 2006 mit 46 Toten und 2013 mit 26 Toten. Die Anzahl der Opfer durch Hitzewellen ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts rückläufig, was durch die bessere Anpassung vor allem durch die Nutzung von Klimaanlagen bedingt ist.6 Projektionen nach dem Szenario RCP8.5 zeigen, dass die Anzahl der Hitzewellen wahrscheinlich um jährlich eine Hitzewelle alle 20 Jahre bis 2060 zunehmen wird. Die geringe Steigerung in der Anzahl ist dadurch zu erklären, dass die Hitzewellen um 2 Tage in 20 Jahren länger werden, wodurch es zur Verschmelzung mehrerer Hitzewellen zu einer kommen kann. Deutlicher nimmt nach dem Szenario RCP8.5 zwischen 1971-2000 und dem Ende des Jahrhunderts die Hitzewellen-Intensität (Mittel der Maximum-Temperaturen eines Ereignisses) von 34 °C auf 35-37 °C zu.8

© Depietri 2018


Abb. 5: Todesfälle und ökonomische Verluste durch Naturkatastrophen in NYC 1876-2016B5

Im Zeitraum 1997-2006 war die Sterblichkeit an extrem heißen Tagen im gesamten Stadtgebiet von NYC um 4 % im Vergleich zu allen Tagen in der warmen Jahreszeit erhöht. Die zusätzliche Sterblichkeit während Hitzewellen war allerdings nicht gleichmäßig über die Stadt verteilt. Es gab höhere Sterblichkeitsraten in südlichen und westlichen Teilen der Bronx, im nördlichen Manhattan, im zentralen Brooklyn und im östlichen Midtown Manhattan. Diese Gebiete weisen im Mittel schlechtere Wohnbedingungen, ein geringes Einkommen und einen hohen Anteil an Afro-Amerikanern auf. Außerdem gab es in solchen Vierteln auch wenige Grünanlagen, eine hohe Bodenversiegelung und dadurch höhere Bodentemperaturen sowie einen geringeres Maß an Zugang zu Klimaanlagen im Vergleich zu anderen Stadtgebieten. Bei höherer Pflanzenbedeckung, einem größeren Anteil von Weißen und höherem Einkommen sowie einer größeren Verbreitung von Klimaanlagen waren die Mortalitätsraten deutlich niedriger.11

© Klein Rosenthal 2014


Abb. 6: Sterblichkeitsrate bei Senioren über 65 Jahren (MRR65+) in New Yorker Stadtteilen während sehr heißer Tage (ab 38 °C) im Vergleich zu allen Tagen im Mai-September 1997-2006. 1.13 in der Legende bedeutet eine um 13 % höhere Sterblichkeitsrate als besser ausgestatteten Stadtteilen.B6

Insbesondere konnten diese Zusammenhänge bei der Sterblichkeit von Senioren ab 65 Jahren während sehr heißer Tage festgestellt werden (Abb. 6). Die Mortalitätsrate bei Senioren lag in bestimmten Stadtteilen wie in der Bronx oder in Brooklyn während sehr heißer Tage (über 38 °C) um bis zu 40 % höher als in besser ausgestatteten Stadtteilen. Diese Stadtteile decken sich weitgehend mit denen, in denen Senioren zu einem hohen Anteil von 25-43 % keine Klimaanlagen nutzen.

Maßnahmen

Die Verantwortlichen in New York City waren sich schon früh der Gefährdung ihrer Stadt durch Wetterextreme bewusst und haben bereits am Ende des 19. Jahrhunderts Maßnahmen gegen Hitzewellen zum Schutz vor allem der ärmeren Bevölkerung ergriffen. So wurden bereits während der Hitzewelle 1896 aufgrund einer persönlichen Initiative von Präsident Roosevelt den ärmeren New Yorkern 350 t Eis geliefert. Durch die Einrichtung von zentralen Kühlräumen mit Klimaanlagen wurde diese Tradition in der zweiten  Hälfte des 20. Jahrhunderts weiterentwickelt. Heute werden Klimaanlagen auch dezentral zur Verfügung gestellt, die jedoch nicht immer genutzt werden, weil manche ärmeren Senioren die Stromrechnung nicht begleichen können.6,12

Anmerkungen:
1.
United Nations, Department of Economic and Social Affairs, Population Divi­sion (2018): The World’s Cities in 2018—Data Booklet (ST/ESA/ SER.A/417)
2. WBGU, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2016):  Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte , https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/der-umzug-der-menschheit-die-transformative-kraft-der-staedte
3. IPCC (2014): Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Part A: Global and Sectoral Aspects. Contribution of Working Group II to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Chapter 8: Urban Areas, 8.1.3
4. DWD (o.J.): Urbane Räume nachhaltig gestalten. https://www.dwd.de/SharedDocs/broschueren/DE/klima/urbane_raeume_nachhaltig_gestalten.pdf?__blob=publicationFile&v=5
5. Papalexiou, S. M., AghaKouchak, A., Trenberth, K. E., & Foufoula‐Georgiou, E. (2018). Global, regional, and megacity trends in the highest temperature of the year: Diagnostics and evidence for accelerating trends. Earth's Future, 6, 71– 79. https://doi.org/10.1002/2017ef000709
6. Depietri, Y., K. Dahal, and T. Mcphearson (2018): Multi-hazard risks in New York City, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 18, 3363-3381, https://doi.org/10.5194/nhess-18-3363-2018
7. NOAA National Weather Service (o.J.): Central Park Heat Wave Climatology, https://www.weather.gov/okx/nycheatwave
8. González, J. E., L. Ortiz, B.K. Smith, N. Devineni, B. Colle, J.F. Booth, A. Ravindranath, L. Rivera, R. Horton, K. Towey, Y. Kushnir, D. Manley, D. Bader, and C. Rosenzweig (2019): New York City Panel on Climate Change 2019 Report, Chapter 2: New Methods for Assessing Extreme Temperatures, Heavy Downpours, and Drought. Ann. N.Y. Acad. Sci., 1439: 30-70. doi:10.1111/nyas.14007
9. Ramamurthy, P., J. Gonz´Alez, L. Ortiz, et al. (2017): Impact of heatwave on a megacity: an observational analysis of New York City during July 2016. Environ. Res. Lett. 12. https://doi.org/10.1088/1748-9326/aa6e59
10. Noaa National Weather Service (o.J.): Central Park Heat Wave Climatology, https://www.weather.gov/okx/nycheatwave
11. Klein Rosenthal, J., P.L. Kinney, and K.B. Metzger (2014): Intra-urban vulnerability to heat-related mortality in New York City, 1997–2006, Health Place, 30, 45–60, doi:10.1016/j.healthplace.2014.07.014
12. Coch, N.K.  (2015): Unique Vulnerability of the New York-New Jersey Metropolitan Area to Hurricane Destruction, Journal of Coastal Research 31, 196-212, https://www.jstor.org/stable/43290194

Bildquellen:
B1. NASA, eoKids (2017): Urban Heat Islands; credit: H. Smith; New York City heat and vegetation maps, NASA's Earth Observatory, https://earthobservatory.nasa.gov/blogs/eokids/wp-content/uploads/sites/6/2018/08/EOKids_201701_UHI.pdf ; Lizenz: public domain
B2. Papalexiou, S. M., AghaKouchak, A., Trenberth, K. E., & Foufoula‐Georgiou, E. (2018). Global, regional, and megacity trends in the highest temperature of the year: Diagnostics and evidence for accelerating trends. Earth's Future, 6, 71– 79. https://doi.org/10.1002/2017ef000709; Lizenz: CC BY-NC-ND
B3. NASA Earth Observatory (2006): Beating the Heat, https://earthobservatory.nasa.gov/features/GreenRoof/greenroof2.php; Lizenz: public domain
B4. NOAA, National Center for Environmental Information: City Time Series, https://www.ncdc.noaa.gov/cag/city/time-series, Lizenz: public domain
B5. Depietri, Y., K. Dahal, and T. Mcphearson (2018): Multi-hazard risks in New York City, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 18, 3363-3381, https://doi.org/10.5194/nhess-18-3363-2018
B6. Klein Rosenthal, J., P.L. Kinney, and K.B. Metzger (2014): Intra-urban vulnerability to heat-related mortality in New York City, 1997–2006, Health Place, 30, 45–60, doi:10.1016/j.healthplace.2014.07.014; Lizenz: CC BY-NC-SA

Autor: Dieter Kasang