Was sind Aerosole?
Aerosole sind klimatisch die Gegenspieler der Treibhausgase, da sie auf die bodennahen Luftschichten hauptsächlich abkühlend wirken.
Bedeutung von Aerosolen
Aerosole entstehen wie Treibhausgase sowohl durch natürliche Vorgänge als auch durch menschliche Aktivitäten. Ursache können Vulkanausbrüche oder Wüstenstürme sein und ähnlich wie bei den Treibhausgasen die Verbrennung von Biomasse und fossilen Brennstoffen. Aerosole besitzen jedoch eine völlig andere Wirkung auf den Strahlungshaushalt der Atmosphäre. Auf die langwellige Wärmestrahlung haben sie so gut wie keinen Einfluss. Sie reflektieren jedoch die Solarstrahlung und absorbieren sie z.T. auch. Insgesamt wirken Aerosole jedoch abkühlend. In der Diskussion um den durch den Menschen gemachten Treibhauseffekt und die künftige Klimaentwicklung spielen Aerosole eine wesentliche Rolle, da ohne sie der globale Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte wahrscheinlich deutlich höher ausgefallen wäre und auch die zukünftige Erwärmung merklich größer sein würde. Aerosole maskieren also den anthropogenen Klimawandel bis zu einem gewissen Grad.
Abb. 1: Aerosolbelastung der Atmosphäre über OstasienB1
Neben ihrem Einfluss in der Atmosphäre können Aerosole auch das Reflexionsvermögen, die Albedo, des Erdbodens beeinflussen. So setzen sich zum Beispiel aus Verbrennungsprozessen stammende Kohlenstoffpartikel („black carbon“) auf Schnee- und Eisoberflächen ab, absorbieren dort Sonnenlicht, erwärmen sich und führen dadurch zu einem Abschmelzen. Aerosole haben auch einen Einfluss auf den hydrologischen Zyklus und damit die Niederschläge. Da sie Sonnenstrahlen abschirmen, verringern sie eine Erwärmung besonders der tropischen Ozeane. Dadurch kommt es hier weniger stark zur Verdunstung, was den Wasserdampfgehalt der tropischen Monsune verringert. So wird u.a. die Sahel-Dürre der 1970er und 1980er Jahre auf eine Abkühlung des tropischen Atlantik durch Aerosole zurückgeführt.
Obwohl Aerosole in klimatischer Hinsicht durch ihre abkühlende Wirkung eher positiv zu bewerten sind, ist man weltweit bemüht, die Emissionen anthropogener Aerosole zu reduzieren. Grund sind die gesundheitlichen Schäden, die mit einer starken Belastung der Luft durch Aerosole verbunden sind. So werden allein die aus der Verbrennung fossiler Energien stammenden Aerosole weltweit für den frühzeitigen Tod von jährlich 3,6 Mio. Menschen verantwortlich gemacht.1 In den 1970er und 1980er Jahren gab es die stärkste Luftbelastung in Nordamerika, Europa und Russland. Seitdem hat sich der Schwerpunkt der Aerosol-Belastung jedoch nach Asien, vor allem nach China und Indien, verlagert. Nur in Indien war die Luftverschmutzung 2017 für 1,2 Mio. Todesfälle verantwortlich.2
Größe und Verteilung in der Atmosphäre
Abb. 2: Arten von Aerosolen unter dem Elektronen-Mikroskop (von links nach rechts): vulkanische Asche, Pollen, Meersalz, RußB2
"Aerosol" bedeutet wörtlich "Lösung in Luft" und meint eigentlich ein festes oder flüssiges Teilchen mit der es umgebenden Luft. Gewöhnlich wird der Begriff jedoch nur für das Teilchen selbst verwendet. Atmosphärische Aerosole sind demnach kleine, in der Luft schwebende Teilchen. Sie besitzen einen Durchmesser von etwa 1 nm bis mehr als 100 μm3 und sind damit mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Man unterscheidet nach der Größe:
- ultrafeine Partikel mit weniger als 0,1 μm Durchmesser,
- feine Partikel (auch als Akkumulationsmodus bezeichnet) mit 0,1-2,5 μm und
- grobe Partikel mit über 2,5 μm
Aerosole können durch natürliche Vorgänge wie Wind oder Vulkanausbrüche oder durch menschliche Aktivitäten wie die Verbrennung fossiler Energien in die Atmosphäre gelangen. Sie kommen sowohl in der freien Atmosphäre als auch in Wolken vor und unterliegen hier weiteren Umwandlungsprozessen. Sie können koagulieren, d.h. mit anderen Partikeln größere Teilchen bilden, kondensieren, Kondensationskerne von Wolkentröpfchen oder Eiskristallen bilden, sich an Wassertröpfchen anlagern oder chemische Reaktionen durchlaufen. Ihre Zusammensetzung ist daher sehr komplex und variabel. Ein gealtertes Aerosol unterscheidet sich oft gravierend von frisch gebildeten Aerosolen. Besonders Aerosole im Akkumulationsmodus, die häufig aus Koagulation kleinerer Partikel entstanden sind, besitzen eine vom ursprünglichen Aerosol stark abweichende Zusammensetzung und Form. Aerosole können durch Auswaschung (nasse Deposition) oder trockene Ablagerung (trockene Deposition) wieder aus der Atmosphäre entfernt werden.
Die atmosphärische Verweilzeit von Aerosolen hängt entscheidend von ihrer Größe ab. Die ultrafeinen Partikel koagulieren innerhalb weniger Stunden mit anderen Teilchen zu größeren Partikeln oder wachsen durch Kondensation. Die Lebensdauer der groben Partikel, vor allem der über 10 μm, beträgt nur Minuten oder Stunden bis einen Tag, da sie verhältnismäßig schnell sedimentieren. Aerosole im sogenannten Akkumulationsmodus besitzen die längste Aufenthaltsdauer in der Atmosphäre. Sie werden in erster Linie durch Niederschlag aus der Atmosphäre entfernt und besitzen im Mittel eine Verweilzeit von ca. einer Woche. Wenn diese Partikel in große Höhen gelangen, z.B. durch Flugzeugabgase oder Vulkanausbrüche bis in die Stratosphäre, ist ihre Lebensdauer allerdings deutlich länger und kann ein bis drei Jahre betragen. Partikel kleiner als 0,2 μm dominieren die Anzahldichte, Partikel mit einem Radius zwischen 0,05 und 1,0 μm die Aerosoloberfläche und damit auch die optischen Eigenschaften, und solche mit Radien zwischen 0,3 und 20 μm die Partikelmasse.
Abb. 3: Die atmosphärische Lebensdauer von Aerosolen in Abhängigkeit vom Partikelradius (in μm) und der HöheB3
Die sich schnell ändernden Eigenschaften wie die kurze atmosphärische Verweilzeit und ungleichmäßige Verteilung der Aerosole macht ihre Erforschung äußerst schwierig. Bei dem langlebigen und gut durchmischten Kohlendioxid reicht eine Messstelle, z.B. die auf dem Mauna Loa, um ein relativ genaues Bild von der globalen Konzentration dieses Treibhausgases zu erhalten. Bei der Erforschung der Aerosole müssen immer wieder regionale Untersuchungen zu verschiedenen Zeiten durchgeführt werden, um von der globalen Verteilung der unterschiedlichen Aerosole ein zutreffendes Bild zu geben und ihren Einfluss auf das Klimasystem quantitativ zu erfassen.
Anmerkungen:
1. Lelieveld, J., S.J. Davis, G.G. Persad, and K. Caldeira (2019): Effects of fossil fuel and total anthropogenic emission removal on public health and climate. Proc. Natl Acad. Sci. USA 116, 7192–7197
2. Lund, M. T., Myhre, G., and Samset, B. H. (2019): Anthropogenic aerosol forcing under the Shared Socioeconomic Pathways, Atmos. Chem. Phys., 19, 13827–13839
3. 1 nm = 1 Nanometer = 10-9 m; 1 μm= 1 Mikrometer = 10-6 Meter
Bildquellen:
B1. Wikimedia Commons (2002): Asian Dust, NASA aerospace photography.jpg, Autor: Image courtesy the SeaWiFS Project, NASA/Goddard Space Flight Center, and ORBIMAGE, Lizenz: public domain
B2. NASA Earth Observatory (2010): Aerosols: Tiny Particles, Big Impact; Lizenz: public domain
B3. verändert nach Platt, U., T. Röckmann (2004): Physik der Atmosphäre (Quelle nicht mehr auffindbar)