Wechselwirkungen der NAO mit dem Ozean
Auch wenn es sich bei der NAO primär um eine atmosphärische Schwankung handelt, bestehen Wechselwirkungen mit anderen Subsystemen des Klimasystems, vor allem mit dem Ozean.
Da die NAO sich über dem nordatlantischen Ozean entwickelt, stehen ihre Schwankungen auch in einem Wechselverhältnis mit dem Ozean. Dabei gibt es einen direkten wechselseitigen Temperatureinfluss zwischen Atmosphäre und Ozean. Temperaturveränderungen in der Atmosphäre teilen sich unmittelbar der ozeanischen Deckschicht mit. Typisch ist eine tripolare Struktur der Wärmereaktion des nordatlantischen Ozeans. Während einer positiven NAO-Phase zeigt der nordwestliche Atlantik von Island bis Neufundland relativ kühle Temperaturen, der mittlere Nordatlantik von Florida bis zur Nordsee relativ warme und der südliche Nordatlantik von der westafrikanischen Küste Richtung Antillen wieder relativ kühle Temperaturen. Bei einer negativen NAO-Phase drehen sich die Verhältnisse um: Der mittlere Nordatlantik ist relativ kühl, die beiden anderen Regionen sind relativ warm.1
Abb. 1: Tripolare Wärmestruktur des Nordatlantiks bei einem positiven NAO-Index2
Der trägere Ozean speichert die aufgenommene Energie über längere Zeiträume als die Atmosphäre, was auf die darüber liegende Atmosphäre zurückwirkt und so die stärkeren atmosphärischen Schwankungen dämpft bzw. Zustände der Atmosphäre über längere Zeiträume erhält. Eine Rolle dabei spielt auch die Bildung einer dünnen sommerlichen ozeanischen Deckschicht, die die im Winter von der Atmosphäre aufgenommenen Temperaturen von der Atmosphäre isoliert und so bis zum nächsten Winter konserviert. Im Spätherbst beseitigen und vermischen stärkere Winde die sommerliche Deckschicht, so dass die winterlichen Temperaturen des Vorjahres mit der Atmosphäre wieder in Kontakt treten. Im frühen Winter zeigt sich entsprechend der Einfluss der Meeresoberflächentemperatur auf die NAO.3 Allerdings wird der Einfluss der Rückwirkung des Ozeans auf die NAO auf Zeitskalen von Jahr zu Jahr als relativ schwach beurteilt und auf nicht mehr als 10-20 % der NAO-Schwankungen geschätzt.4
Abb. 2: Entwicklung des NAO-Index im Winter (Dez.-März) als Maß für die Stärke von Westwinden und Wärmetransport im Nordatlantik (blaue Kurve: 11-Jahresmittel); Entwicklung des Temperaturgegensatzes zwischen der Meeresoberflächentemperatur im Nord- (relativ warm) und im Südatlantik (relativ kalt) als Maß für die Stärke der MOC (rot: Jahreswerte, lila: 11-Jahresmittel)5
Einen stärkeren Einfluss zwischen NAO und Ozean besteht auf Zeitskalen von Jahrzehnten.6 Wie Abb.4 zeigt, gibt es eine Korrelation zwischen der NAO und der Intensität des Nordatlantikstroms (bzw. der Meridionalen Umwälzzirkulation MOC). Dabei gehen Veränderungen der NAO solchen der MOC um etwa ein Jahrzehnt voraus. Als Ursache werden Änderungen der Konvektion in der Labradorsee durch die NAO angenommen, die sich auf die MOC auswirken. Davon werden die Oberflächentemperaturen des Atlantiks beeinflusst, die wiederum zurück auf die NAO wirken. Eventuell könnte auch der eigenständige Energietransport durch den Nordatlantikstrom aufgrund der trägen Reaktion des Ozeans die Schwankungen der Nordatlantischen Oszillation auf längeren Zeitskalen von Jahren bis Jahrzehnten nachhaltig prägen und damit entsprechend prognostizierbar machen.7
In jüngster Zeit wird auch ein Einfluss des tropischen Pazifiks und des Indischen Ozeans auf die NAO diskutiert und teilweise sogar als bedeutender als der Einfluss des Atlantiks eingeschätzt.8 Neben einem eher schwachen Einfluss des ENSO-Phänomens auf die NAO werden vor allem die Meeresoberflächentemperaturen im westlichen tropischen Pazifik und im Indischen Ozean als prägend für die Dekaden-Schwankung der NAO angenommen. Das soll insbesondere für die Verstärkung des NAO-Index in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelten.9 Die Verbindung zwischen dem Indischen und Pazifischen Ozean auf der einen und dem Nordatlantik auf der anderen Seite wird durch Fernwirkungen über die atmosphärische Zirkulation und ihre planetarischen Wellen angenommen. Insgesamt erklären die ozeanischen Einflüsse aber nur einen verhältnismäßig geringen Teil der dekadischen NAO-Schwankungen. Als weiterer Faktor wurde daher eine Wechselwirkung mit der Stratosphäre untersucht.
Anmerkungen:
1. Jung, T., u.a. (2008): Wechselwirkung der NAO mit dem Ozean und Meereis, promet 34, H.3-4, 113-121
2. Eigene Darstellung nach promet 34, H.3-4, hinteres Innendeckblatt
3. Czaja, A., C. Frankignoul (2002): Observed Impact of Atlantic SST on the North Atlantic Oscillation, Journal of Climate 15, 606-623
4. Jung, T., u.a. (2008): Wechselwirkung der NAO mit dem Ozean und Meereis, promet 34, H.3-4, 113-121
5. Eigene Darstellung nach Latif, M. et al. (2006): A review of predictability studies of Atlantic sector climate on decadal time scales, Journal of Climate 19, 5971-5987
6. Müller, W.A., C. Appenzeller und M. Latif: NAO und Vorhersagbarkeit, promet 34, H.3-4, 130-137
7. Latif, M. et al. (2006): A review of predictability studies of Atlantic sector climate on decadal time scales, Journal of Climate 19, 5971-5987
8. Jung, T., u.a. (2008): Wechselwirkung der NAO mit dem Ozean und Meereis, promet 34, H.3-4, 113-121
9. Stutton, R.T., D.L.R. Hodson (2003): Influence of the Ocean on North Atlantic Climate Variability 1871-1999, Journal of Climate 16, 3296-3313