Atmosphäre und Treibhauseffekt

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Die Rolle der Stratosphäre

Die Dynamik der NAO ist wahrscheinlich auch durch die Stratosphäre beeinflusst.

Nach Auffassung einiger Forscher lässt sich die auffällige Intensivierung des NAO-Index in den letzten 30 Jahren möglicherweise auch aus Veränderungen in der Stratosphäre erklären,1 die durch eine Zunahme der Treibhausgase in der Troposphäre und Abnahme des stratosphärischen Ozons verursacht sein könnten. Die Zusammenhänge sind kompliziert. Zunächst einmal besteht ein dynamischer Einfluss der Troposphäre auf die Stratosphäre in höheren Breiten. Aber auch eine umgekehrte Wirkung der Stratosphäre auf das Klima der Troposphäre ist inzwischen in der Forschung Konsens.2 Der Einfluss der Troposphäre auf die Stratosphäre zeigt sich in der Auswirkung der NAO auf den stratosphärischen Polarwirbel, einer gegen den Uhrzeigersinn drehenden Strömung in 10-15 km Höhe, die durch den im Winter besonders großen Luftdruckgradienten an der Polarfront bedingt ist. Eine Erhöhung des NAO-Index bewirkt nach etwa vier Tagen eine Verstärkung des Polarwirbels in der Stratosphäre, eine Verringerung des NAO-Index hat den umgekehrten Effekt.

© Eigene Darstellung in Anlehnung an Ambaum 2002


Abb. 1:
Schematische Darstellung des Einflusses der planetarischen Wellen des Polarjets auf den stratosphärischen Polarwirbel3

Hintergrund ist die Beziehung zwischen der Verteilung von Kontinenten und Ozean auf der Nordhalbkugel, dem Jetstream der polaren Frontalzone und dem stratosphärischen Polarwirbel. Durch die unterschiedliche Wärmekapazität von Land und Wasser kommt es in den höheren Breiten der Nordhalbkugel zu starken Temperatur- und Luftdruckunterschieden, die den polaren Jet zur Bildung von großräumigen Mäandern bzw. planetarischen Wellen veranlassen, was durch meridional verlaufende Gebirgszüge (Rocky Mountains, Ural) noch verstärkt wird. Abspaltungen dieser planetarischen Wellen breiten sich nach oben bis in die Stratosphäre aus und transportieren Luftmassen aus mittleren Breiten Richtung Äquator auf der einen und bis in das Polargebiet auf der anderen Seite. Hier stören sie den stratosphärischen Polarwirbel und machen ihn instabil.

Bei niedrigem NAO-Index pflanzen sich die Mäander stärker Richtung Pol fort und schwächen den stratosphärischen Polarwirbel, bei hohem NAO-Index stärker Richtung Äquator, was eine relativ geringe Störung des stratosphärischen Polarwirbels zur Folge hat.4 Die in den letzten Jahrzehnten beobachtete deutliche Zunahme des NAO-Index hat danach eine Verstärkung des stratosphärischen Polarwirbels zur Folge und damit eine zunehmende Abkühlung der höheren Atmosphäre über der Arktis.5

Offensichtlich gibt es aber auch eine "Abwärts-Kontrolle" der NAO durch den stratosphärischen Polarwirbel, auch wenn die Forschung im Verständnis der Mechanismen noch in den Anfängen steckt.6 Beobachtungen haben ergeben, dass die Folgen von auffälligen klimatischen Ereignissen in der Stratosphäre wie eine plötzliche Erwärmung nach großen Vulkanausbrüchen etwa drei Wochen später in der Troposphäre nachweisbar sind. Bis in die Stratosphäre geschleuderte vulkanische Aerosole absorbieren Solarstrahlung nur in den von der Sonne beschienenen Gebieten, nicht jedoch in der Polarnacht über den Polen. Das führt im Nordwinter zu einem verstärkten Temperatur- und Luftdruckgradienten zum Pol hin und in der Folge zu einer Verstärkung des stratosphärischen Polarwirbels, die sich nach unten bis in die Troposphäre fortsetzt.

Als Erklärung für einen Einfluss des stratosphärischen Polarwirbels auf die NAO werden ein indirekter Mechanismus über Auswirkungen auf die planetarischen Wellen, der dann Rückwirkungen auf die NAO hat, und ein direkter Einfluss stratosphärischer Dynamik auf die Nordatlantische Oszillation diskutiert.

Untersuchungen verschiedener Modellsimulationen haben gezeigt, dass nur Modelle mit einer realitätsnahen Präsentation der Stratosphäre jüngste Veränderungen des troposphärischen Klimas in den höheren und mittleren Breiten der Nordhalbkugel, insbesondere die NAO-Verstärkung der letzten Jahrzehnte, adäquat darstellen. Das lässt auf eine nicht zu vernachlässigende Wirkung der Stratosphäre auf klimatische Veränderungen in der Troposphäre und die NAO schließen. Diese Zusammenhänge sind auch für die Frage von Bedeutung, ob die jüngste Zunahme des NAO-Index eventuell eine Folge anthropogener Treibhausgasemissionen ist.7

Anmerkungen:
1. Scaife, A. A., J. R. Knight, G. K. Vallis, and C. K. Folland, 2005: A stratospheric influence on the winter NAO and North Atlantic surface climate. Geophys. Res. Lett., 32, L18715, doi:10.1029/2005GL023226.
2. Langematz, U. et al. (2008): Stratosphäre, Vulkanismus und die NAO/AO, promet 34, H.3-4, 122-129
3. Eigene Darstellung in Anlehnung an Ambaum, M.H.P., and B.J. Hoskins (2002): The NAO Troposphere-Stratosphere Connection, Journal of Climate 15, 1969-1978
4. Ambaum, M.H.P., and B.J. Hoskins (2002): The NAO Troposphere-Stratosphere Connection, Journal of Climate 15, 1969-1978
5. Langematz, U. et al. (2008): Stratosphäre, Vulkanismus und die NAO/AO, promet 34, H.3-4, 122-129
6. Black, R.X. (2002): Stratospheric Forcing of Surface Climate in the Arctic Oscillation, Journal of Climate 15, 268-277; Ambaum, M.H.P., and B.J. Hoskins (2002): The NAO Troposphere-Stratosphere Connection, Journal of Climate 15, 1969-1978; Hartmann, D.L., J.M. Wallace, V. Limpasuvan, D.W.J. Thompson, and J.R. Holten (2000): Can ozon depletion and global warming interact to produce rapid climate change?, PNAS 97, 1412-1417
7. Langematz, U. et al. (2008): Stratosphäre, Vulkanismus und die NAO/AO, promet 34, H.3-4, 122-129