Globale Klimaprojektionen

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1,5- bzw. 2,0 °C Ziel

Die Weltgemeinschaft hat sich auf der Pariser Klimakonferenz 2015 darauf verständigt, die Grenze von 2,0 °C, möglichst sogar von 1,5 °C über den vorindustriellen Temperaturen bis 2100 nicht zu überschreiten.

© DKRZ


Abb. 1: Temperaturveränderungen bis 2100 nach verschiedenen IPCC-Szenarien und das 2- bzw. 1,5-Grad-Ziel. Eingezeichnet die 2 °C und die  1,5 °C Grenze.B1

Das sog. 2-Grad-Ziel geht als politische Zielformulierung auf einen Vorschlag der EU aus dem Jahre 1996 zurück, der 2005 wiederholt und später von zahlreichen internationalen Organisationen aufgegriffen wurde.1 Eine wichtige Rolle bei der Begründung und Ausgestaltung des 2-Grad-Ziels spielte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).2 2009 wurde das Ziel im Abschlussdokument der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen aufgegriffen, blieb aber unverbindlich. Auf der Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen vom 30. November bis 12. Dezember 2015 in Paris wurde ein Nachfolgevertrag für das Kyoto-Protokoll von 1997 mit verbindlichen Klimazielen für alle 195 Mitgliedsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention vereinbart. Als Ziel wurde festgeschrieben, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, idealerweise sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Auf diese Weise sollen gefährliche Folgen für die menschliche Gesellschaft und natürliche Ökosysteme abgewendet werden.3

Das Pariser Abkommen gilt für alle Staaten, nicht nur wie das Kyoto-Protokoll für nur einige Industriestaaten. Fast alle Staaten der Erde haben im Rahmen des Abkommens nationale Klimaschutzziele definiert, die sie allerdings selbst bestimmt haben. Ärmeren Staaten soll durch Wissens- und Technologietransfer bei der Umsetzung geholfen werden. Alle fünf Jahre sollen neue, jeweils anspruchsvollere Ziele vorgelegt werden. Damit wurde auf die veränderte Situation seit dem Kyoto-Protokoll reagiert, das heute nur noch 15 % der weltweiten Emissionen abdeckt. Verursachten damals die Industrieländer noch über die Hälfte der Emissionen, sind es heute nur noch ein Drittel.4

Was bedeutet das 2-Grad-Ziel?

© Honeycutt 2015


Abb. 2: Nach Daten der NASA liegt die aktuelle Temperatur 1 °C über dem vorindustriellen (hier 1880-1909) Wert.B2

Mit dem 2-Grad-Ziel ist eine Erwärmung der globalen Mitteltemperatur über den vorindustriellen Wert hinaus gemeint. Als vorindustrielle Temperatur wird im 6. Statusbericht des Weltklimarats IPCC von 2021 die Mitteltemperatur der Periode 1850-1900 gesetzt.5a Es geht also nicht darum, um wie viele Grad Celsius die Temperatur gegenüber heute noch zunehmen darf. Gegenwärtig liegt die globale Mitteltemperatur bereits um 1,1 °C über dem vorindustriellen Niveau. Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Erwärmungstrends wird das Pariser 1,5-Grad-Ziel wahrscheinlich bereits um 2030 erreicht.5b Auch bei einem totalen Stopp der aktuellen Emissionen wird die bisherige Erwärmung Jahrhunderte bis Jahrtausende bestehen bleiben. Nach dem Sonderbericht des IPCC zum 1,5-Grad-Ziel ist es nicht ausgeschlossen, dass die bis heute erfolgten Emissionen in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten eine weitere Erwärmung von bis zu 0,5 °C verursachen könnten.5c

Kann die 2- bzw. 1,5-Grad-Grenze eingehalten werden?

Um die 2 °C Grenze nicht zu überschreiten, müssten die CO2-Emissionen bis 2030 um 25 % gegenüber 2010 abnehmen und um 2070 auf null sinken. Bei einer Begrenzung der Erwärmung bis 2100 auf 1,5 °C wäre eine Abnahme bis 2030 um 45 % erforderlich und Null-Emissionen um 2050. In beiden Fällen ist außerdem auch eine deutliche Minderung der Nicht-CO2-Emissionen (Methan, Lachgas, FCKW u.a.) nötig, deren Wirkung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 0,15 °C geschätzt wird.5

Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist das Gesamtbudget an CO2-Emissionen, das zur Erreichung des 2,0/1,5 °C Ziels von heute an nicht überschritten werden darf. Also die Frage: Wie viele Milliarden Tonnen (Gt=Gigatonnen) Kohlendioxid kann durch menschliche Aktivitäten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch emittiert werden, ohne die Grenze von 2,0 bzw. 1,5 °C bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu überschreiten. Im Mittelpunkt stehen dabei die Emissionen durch Verbrennung fossiler Energieträger, weil sie mit Abstand den größten Anteil an allen Treibhausgasen besitzen und die stärkste Steigerung aufweisen. CO2-Emissionen durch Änderung der Bodenbedeckung (Abholzung von Wäldern etc.) und weitere Treibhausgase wie Methan und Distickstoffoxid spielen für die Temperatursteigerung in den nächsten Jahrzehnten jedoch ebenfalls eine Rolle und sollten deshalb nicht vernachlässigt werden. Wegen der langen Verweilzeit von Kohlendioxid in der Atmosphäre müssen dabei auch die bisherigen kumulativen Emissionen seit Beginn der Industrialisierung berücksichtigt werden, die sich bereits auf 2200 Gt CO2 belaufen.6

© Andrew 2018


Abb. 3: CO2-Emissionen zur Einhaltung der 1.5- bzw. 2.0-Grad-Grenze bis 2100. Links sind die jährlichen CO2-Emissionen angegeben. Die dünnen Linien zeigen unterschiedliche Modellberechnungen, die dicken Linien Mittelwerte. Zur Einhaltung der Ziele von Paris sind in fast allen Fällen negative Emissionen notwendig.B3

Bei einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit, die 1,5 °C Grenze nicht zu überschreiten, beläuft sich das noch verbleibende Budget nach dem IPCC-Bericht zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze5 auf 580 Gt CO2, bei einer 66-prozentigen Wahrscheinlichkeit auf 420 Gt CO2. Diese Werte sind allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet, die u.a. die Wirkung von nicht-CO2-Gasen wie vor allem Methan betreffen.

Gegenwärtig steigen die CO2-Emissionen um ca. 42 Gt CO2 jährlich. Ändert sich daran nichts, wäre das verbleibende Budget bis 2030 aufgebraucht. Die Menschheit müsste schlagartig alle CO2-Emissionen stoppen, um eine Erwärmung von 1,5 °C nicht zu überschreiten. Da das undenkbar ist, müsste sofort damit begonnen werden, durch eine radikale Reduzierung die Emissionen auf nahezu die Hälfte in 10 Jahren zu verringern. Nach Einschätzung des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU) aus dem Jahre 2018 kann die Erderwärmung nur dann deutlich unter 2 °C begrenzt werden, wenn die globalen CO2-Emissionen „etwa im Jahr 2020 ihren Scheitelpunkt erreichen“.7 Falls das nicht gelingen sollte, und das ist bereits der Fall, helfen nur noch sogenannte „negative Emissionen“. Darunter wird der nachträgliche Entzug von Kohlendioxid aus der Atmosphäre durch Maßnahmen wie Aufforstung, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung oder Ozeandüngung verstanden. Diese Maßnahmen des Climate Engineering sind bis auf die Aufforstung technisch nicht ausgereift, und ihre Wirkung ist höchst umstritten.8 Klimamodellberechnungen kommen jedenfalls zu dem Ergebnis, dass anders die angestrebte Begrenzung der globalen Erwärmung nicht eingehalten werden kann (Abb. 3). Auch der IPCC geht in seinen Berichten von der Notwendigkeit aus, in der zweiten Jahrhunderthälfte negative Emissionen einzusetzen.

© Climate Action Tracker 2022


Abb. 4: Pariser Klimaziele und die aktuelle Klimapolitik: Die Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit liegt gegenwärtig bei +1,2 °C. Die Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris 2015 streben eine Erwärmung von 1,5 °C, höchstens 2 °C bis 2100 an. Die seit der Konferenz übernommenen Verpflichtungen der einzelnen Staaten laufen auf eine Erwärmung von ca. 2 °C hinaus, die aktuelle Klimapolitik steuert auf eine Erwärmung von ca. 2,7 °C zu.B4

Das Pariser Klimaschutzabkommen strebt zwar eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C an. Die Verpflichtungen, die die einzelnen Staaten auf freiwilliger Basis bisher eingegangen sind, laufen jedoch auf eine Erwärmung von 3,0 °C bis zum Ende der 21. Jahrhunderts hinaus. Geht man davon aus, dass nicht alle Staaten ihre eingegangenen Verpflichtungen auch einhalten und die USA aus dem Abkommen während der Trump-Zeit ausgestiegen sind, dürfte der Wert bei 3,3 °C oder noch höher liegen (Abb. 4).

Anmerkungen:
1. Randalls, S. (2010): History of the 2◦C climate target, WIREs Climate Change1, 598-605
2. WBGU (2009): Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz, Sondergutachten 2009, Berlin, 2009
3. Text des Vertrages der Pariser Klimakonferenz (engl.)
4. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (2017): Die Klimakonferenz von Paris
5.a IPCC (2021): Climate Change 2021. The Physical Science Basis. Summary for Policymakers, A.1
5.b IPCC (2021): Climate Change 2021. The Physical Science Basis. Summary for Policymakers, B.1.3

5.c IPCC (2018): Global Warming of 1.5°C: Summary for Policymakers
6. IPCC, dt. Koordinierungsstelle (2019): 1,5 °C Globale Erwärmung. Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, dt. Übersetzung
7. WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung) (2018): Zeitgerechte Klimapolitik: Vier Initiativen für Fairness, Politikpapier Nr. 9
8. Rickels, W., u.a. (2019): Welche Rolle spielen negative Emissionen für die zukünftige Klimapolitik?, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, https://doi.org/10.1515/pwp-2018-0034

Bildquellen:
B1. 
Deutsches Klimarechenzentrum: Globale Mitteltemperatur, geändert; Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0
B2.  Rob Honeycutt: Tracking the 2°C Limit - November 2015 ; Lizenz: CC BY
B3.  Andrew, R. (2018): Figures from the Global Carbon Budget 2018; Lizenz: CC BY
B4. Climate Action Tracker; Climate Analytics, Ecofys and NewClimate Institute (2022): CAT Emissions Gap
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