Methan: Auswirkungen klimatischer Änderungen
Wie geologische Daten zeigen, werden Methanquellen und -senken auch durch klimatische Parameter wie Temperatur und Feuchtigkeit beeinflusst. Das ist vor allem für die Übergangsphasen zwischen Warm- und Kaltzeiten während des Eiszeitalters nachgewiesen.
Es sind vor allem die Feuchtgebiete, deren Methanemissionen durch klimatische Faktoren variiert werden, aber auch z.B. Reisfelder und die Verbrennung von Biomasse. Letztere prägt, wie oben gezeigt, auch die OH-Konzentration, die wichtigste Senke von Methan. Methan ist daher nicht nur ein wichtiges Treibhaugas, sondern wird selbst wiederum durch Klimaänderungen beeinflusst.
Methanemissionen aus den Feuchtgebieten werden stark durch die Temperatur und den Wasserstand beeinflusst. Höhere Temperaturen begünstigen die Zersetzungsprozesse bzw. machen sie beim Auftauen von Permafrost überhaupt erst möglich. Hohe Niederschläge und damit höhere Wasserstände fördern die anaeroben Bedingungen, unter denen es überhaupt erst zur Methanbildung kommt. Methanemissionen aus Feuchtgebieten sind die Hauptursache für die jährlichen globalen Schwankungen, aber auch von mehrjährigen Trends der Methanemissionen.
So ist zwar die Abnahme der Wachstumsrate der Methankonzentration in den 1990er Jahren in erster Linie auf die abnehmende anthropogene Emission durch den Zusammenbruch der Industrien im früheren Ostblock zurückzuführen. Singulär spielte aber auch die vorübergehende Abkühlung durch den Mt.-Pinatubo-Ausbruch 1991 eine Rolle. Geringere Temperaturen und geringere Niederschläge als Folge des Vulkanausbruchs haben die Methanemissionen in den Feuchtgebieten wahrscheinlich unterdrückt.1 Auch seit 1999 nahmen die Methanemissionen vor allem in den Feuchtgebieten der Tropen Asiens und Südamerikas über mehrere Jahre lang ab. Der Grund war eine größere Trockenperiode. Diese klimabedingte Abnahme maskierte vorübergehend die steigenden industriellen Emissionen durch den Wirtschaftsboom in China und anderen Ländern.2
Abb. 1: Änderungen der Methanemissionen gegenüber dem Mittel der gesamten Periode aus verschiedenen Quellen3
Für die zukünftige Entwicklung ergaben Modellsimulationen bei einer Zunahme der Temperatur um 2 °C und der Niederschläge um 10 % eine Erhöhung der Methanemissionen um 21 %. Bei einer Erwärmung um 3,4 °C (als Folge einer Verdoppelung der CO2-Konzentration der Atmosphäre) würde die Methanemission aus Feuchtgebieten nach Modellberechnungen sogar um 78 % zunehmen.4 Als bedeutende Methanquelle der Zukunft wird vor allem das Auftauen von Permafrost in den hohen nördlichen Breiten eingeschätzt. Aber auch eine Erwärmung und Ausdehnung der nördlichen Feuchtgebiete wird sehr wahrscheinlich zu einer höheren Methanemission führen. Die gesamte im Permafrost der Nordhalbkugel gespeicherte Menge an Methan wird auf 7,5 bis 400 Gigatonnen Kohlenstoff (Gt C) geschätzt. Die Methanmenge in der Atmosphäre beträgt dagegen nur ca. 4 Gt C.5
Der Klimawandel könnte auch eine noch wesentlich größere Methanquelle angreifen, nämlich die Methanhydrate in Ozeansedimenten, von denen langfristig ein Kipppunkt im Klimasystem drohen könnte, d.h. ein Umkippen des gegenwärtigen Klimas in einen neuen Zustand.6 Bei den Methanhydraten handelt es sich um unter hohem Druck und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt entstandene Verbindungen aus Wasser und Methan, die an den Kontinentalhängen der Ozeanböden in Tiefen von ca. 400-1000 m liegen. Die gegenwärtig dort eingebundene Methanmenge ist sehr schwierig zu bestimmen und wird auf 500 bis 10 000 Gt C geschätzt. Auch eine relativ geringe Freisetzung hätte bei einem atmosphärischen Gehalt an Methan von etwa 4 Gt C in der Atmosphäre eine erhebliche Wirkung.
Wie könnte es zu einer solchen Methanfreisetzung kommen? Eine Erwärmung des Meerwassers durch eine globale Temperaturzunahme könnte die eisartigen Methanhydrate zerfallen lassen und zur Emission von Methan führen. Methan kann sich im Wasser mit gelöstem Sauerstoff zu Kohlendioxid verbinden, das dann zusammen mit nicht reagiertem Methan in die Atmosphäre aufsteigen kann. Allerdings laufen alle Prozesse in sehr großen Zeitdimensionen ab. Die Erwärmung der Atmosphäre wird nur sehr langsam in die unteren Wasserschichten und in die Sedimente weitergegeben. Auch das dort freigesetzte Methan braucht lange, bis es die Atmosphäre erreicht. Es kann durch Meeresströmungen verfrachtet oder schon in den oberen Sedimenten durch Bakterien oxidiert werden.
Abb. 2: Prozesse, die zur Methanfreisetzung aus Hydraten führen können.8
Geologische Daten aus Eisbohrkernen sprechen allerdings dafür, dass die Möglichkeit einer größeren Methanfreisetzung aus Hydraten nicht ausgeschlossen werden kann. Bereits in früheren Epochen der Erdgeschichte, in denen es zu einer plötzlichen Erwärmung kam, entwichen aus den Hydraten größere Mengen an Methan. Zu einer gewaltigen Methanfreisetzung dieser Art soll es vor etwa 55 Millionen Jahren im Paläozän/Eozän (zu Beginn des Känozoikums) gekommen sein.9 Die Folge war ein starker Temperaturanstieg in den höheren Breiten um 5-8 °C. Als Ursache für diese Methanfreisetzung werden sowohl eine Erwärmung des Ozeans um 4-6 °C als auch tektonisch verursachte Erdrutsche an den Kontinentalhängen diskutiert. Auch in den eiszeitlichen plötzlichen Erwärmungsphasen, den so genannten Dansgaard-Oeschger-Zyklen, soll es zur schnellen Freisetzung von Methan aus Gashydraten am Meeresboden gekommen sein. Auch hier spielte wohl eine Erwärmung des Meerwassers um 2-3,5 °C eine Rolle. Begünstigt wurde der Zerfall der Methanhydrate während der Kaltzeiten außerdem durch einen geringen Wasserdruck, da der Meeresspiegel gegenüber heute um ca. 80 m niedriger war.10
Eine plötzliche Freisetzung von größeren Methanmengen aus Hydraten in absehbarer Zeit, d.h. in den nächsten 100 Jahren, erscheint wegen der großen Zeitdimensionen der beteiligten Prozesse als sehr unwahrscheinlich. Höhere Temperaturen und mehr Niederschläge in den nächsten 100 Jahren werden dagegen wahrscheinlich aus Hydraten und Feuchtgebieten so viel Methanemissionen entweichen lassen, wie gegenwärtig aus direkten anthropogenen Quellen emittiert wird. In den nächsten 1000 bis 100 000 Jahren kann es allerdings durch die globale Erwärmung zu einer Methanfreisetzung aus Hydraten kommen, die diese Erwärmung signifikant verstärken dürfte.11
Anmerkungen:
1. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.3.2
2. Bousquet, P. (2006): Contribution of anthropogenic and natural sources of atmospheric methane variability, Nature 443, 439-443
3. Eigene Darstellung nach Bousquet, P. (2006): Contribution of anthropogenic and natural sources of atmospheric methane variability, Nature 443, 439-4433
4. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 7.4.1.2
5. U.S. Climate Change Science Program (2008): Abrupt Climate Change
6. U.S. Climate Change Science Program (2008): Abrupt Climate Change
8. IPCC Eigene Darstellung
9. Katz, M.E., B.S. Cramer, G.S. Mountain, S. Katz, and K.G. Miller (2001): Uncorking the bottle: What triggered the Paleocene-Eocene thermal maximum methane release? Paleoceanography 16 (6), 549-562
10. Kennett, J.P., K.G. Cannariato, I.L. Hendy, and R.J. Behl (2000): Carbon Isotopic Evidence for Methane Hydrate Instability During Quaternary Interstadials, Science 288, 128-133
11. U.S. Climate Change Science Program (2008): Abrupt Climate Change