Klimawandel und Wasserprobleme in Kalifornien
Durch hohe Temperaturen und Trockenheit hatte Kalifornien schon immer mit Wasserknappheit zu kämpfen. Gegenwärtig hat möglicherweise der Klimawandel die Situation verschärft.
Kalifornien ist der drittgrößte Staat der USA und liegt an der pazifischen Westküste Nordamerikas. Auf Grund der geographischen Lagen bestimmen verschiedene Klimazonen das Land. In den Gebirgen wie der Kaskadenkette oder der Sierra Nevada fällt im Winter Schnee, und im Sommer kann es tagsüber sehr warm werden, an der Küste herrscht der maritime Einfluss des Pazifiks, und in den Wüsten im Südosten wie dem Death Valley ist es am Tage immer heiß und trocken. Den restlichen und damit größten Teil Kaliforniens bestimmt ein trocken warmes mediterranes Klima.
Abb. 1: Reliefkarte Kaliforniens (verändert: Beschriftung)B1
Kaliforniens Wasserspeicher: die Sierra Nevada
Kalifornien ist in seiner Wasserversorgung in hohem Maße von der sich im Osten des Landes von Nord nach Süd erstreckenden Sierra Nevada abhängig. Die geringe Vergletscherung des Hochgebirges spielt dabei kaum eine Rolle. Vielmehr entstammen die Wasserressourcen Kaliforniens besonders in der Trockenzeit zum größten Teil der Schneebedeckung der Sierra Nevada und werden in künstlich angelegten Oberflächen-Reservoirs aufgefangen und bereitgestellt.
Die Sierra Nevada erstreckt sich als geschlossener, 700 km langer Gebirgszug mit bis über 4000 m hohen Gipfeln von Norden nach Süden im östlichen Kalifornien. Der Mount Whitney im Süden der Sierra Nevada ist mit 4421 m der höchste Berg der zusammenhängenden USA (ohne Alaska). Große Gebiete des Gebirges sind ausreichend hoch und kühl für die Ausbildung einer ausgedehnten und mächtigen Schneedecke, die so viel Wasser speichert, dass damit Zweidrittel der künstlichen Wasserreservoire des kalifornischen Staates gefüllt werden könnten.1 Westlich schließt sich das Central Valley (das Kalifornisches Längstal) an, das fruchtbarste landwirtschaftliche Gebiet der USA, mit den beiden großen Flüssen Sacramento und San Joaquin River. Das Einzugsgebiet der beiden Flüsse transportiert Süßwasser aus der Sierra Nevada und anderen Gebirgen wie der südlichen Kaskadenkette für die Trinkwasserversorgung von Zweidritteln der 40 fast Mio. Kalifornier und die Bewässerung der hoch leistungsfähigen Landwirtschaft. Es wird dabei unterstützt durch großräumige Infrastrukturanlagen des Central Valley Project und des California State Water Project.
Abb. 2: Das Kanalsystem California AqueductB2
Klima und Klimaänderungen
Das Klima der Sierra Nevada ist weitgehend mediterran mit kühlen feuchten Wintern und warmen bis heißen trockenen Sommern. Die feuchteren westlichen Hänge erhalten Niederschlag von den vorherrschenden westlichen Winden vom Pazifik, wobei viele der stärkeren Sturmtiefs als atmosphärische Flüsse ankommen, hunderte von Kilometern breite und bis zu einigen tausend Kilometer lange Tiefdruckbänder über dem Pazifik, die 30-50 % der kalifornischen Jahres-Niederschläge und 40 % des Schneefalls in der Sierra Nevada verursachen.2 Beim Auftreffen auf die Gebirgshänge werden die feuchten Luftmassen zum Aufsteigen gezwungen, kühlen ab und regnen sich aus. Die deutlich trockeneren östlichen Hänge der Sierra Nevada erhalten Niederschlag von den über das Gebirge gelangenden Tiefs bzw. im Sommer auch vom Golf von Mexiko her.1
Die mittleren Jahrestemperaturen stiegen in Kalifornien über das ganze 20. Jahrhundert und besonders stark in den 2010er Jahren an. Gegen Ende des 21. Jahrhunderts ist nach Modellprojektionen für die Region Sierra Nevada mit je nach Szenario 3,0-5,2 °C höheren Temperaturen und einem Anstieg der Schneefallgrenze von 450 auf 900 m zu rechnen.2
Abb. 3: Änderung der kalifornischen Jahres-Mitteltemperaturen 1895-2019
Die Niederschläge zeigen keinen klaren Trend, aber zunehmende Schwankungen von Jahr zu Jahr. So herrschte 2012-2016 die längste und extremste Dürre der letzten Jahrzehnte, 2017 kam es dagegen zu Rekordniederschlägen von über 1000 mm. Modellprojektionen zeigen nur geringe Änderungen der Gesamtniederschläge. Überall in der Sierra Nevada wird die Menge aus starken Niederschlägen jedoch zunehmen. Andererseits wird aber auch die Anzahl trockener Tage zunehmen, so dass mit einem sich verstärkenden Wechsel von extrem trockenen und extrem feuchten Jahren zu rechnen ist.1
Die im Schnee gespeicherte Menge an Wasser nimmt vor allem seit den 1980er Jahren tendenziell ab und erreichte während der jüngsten Dürre im Jahr 2015 mit 5 % des langjährigen Mittels einen nie zuvor gemessenen Tiefstwert. Aufgrund der projizierten Erwärmung der Sierra Nevada wird die Schneebedeckung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts unterhalb von 1800 m sehr wahrscheinlich verschwinden und über die größten Teile des Gebirge um 90 % reduziert werden. Die Schneegrenze wird deutlich nach oben verschoben, und mehr Niederschlag wird als Regen statt als Schnee fallen. Nur auf den höchsten Gipfeln der höheren südlichen Sierra Nevada werden sich um die Mitte des Jahrhunderts noch größere Schneemengen finden.1 Bezogen auf die beiden großen Flusseinzugsgebiete wird sich nach Knowles et al. (2018) im Sacramento-Becken bis gegen Ende des 21. Jahrhunderts die Schneebedeckung im April um 89 %, in dem höher gelegenen San Joaquin Becken um 50 % verringern.3
Wasserversorgung
Die Schneemassen der Gebirgszüge speichern so viel Wasser, dass damit Zweidrittel der staatlichen Reservoire gefüllt werden können. Allein der Frühlingsabfluss beträgt im Mittel 18 Mrd. m3, was ungefähr 35 % des Wasserbedarfs der Landwirtschaft und des städtischen Gebrauchs ausmacht. Die Infrastruktur der Wasserversorgung ist weitgehend darauf ausgelegt, den hohen Abfluss im Frühjahr aufzufangen und ihn im trockeneren Sommer und Herbst an die Verbraucher zu verteilen.2 Das Ziel ist es, Überschwemmungen flussabwärts im Winter zu vermeiden und im Sommer die Wasserversorgung zu garantieren. Die Abflussmengen der großen Flusssysteme des San Joaquin Rivers und des Sacramento haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert. Was sich jedoch sichtlich verändert hat, ist die jahreszeitliche Verteilung und Zusammensetzung des Abflusses. Die höheren Wintertemperaturen in der Sierra Nevada verringern die Schnee-Akkumulation, weil mehr Niederschlag als Regen fällt. Dadurch erhöht sich der Abfluss im Winter, während er im Frühjahr und Sommer geringer ausfällt und der Anteil an Schmelzwasser abnimmt. Dieser Trend wird sich bis zum Ende des 21. Jahrhunderts verstärkt fortsetzen.
Abb. 4: Abnahme der Schneebedeckung der Einzugsgebiete des Sacramento und des San Joaquin rivers bis 2100. Gemessen in Wasseräquivalente (LWE=liquid water equivalent).B4
Die Verschiebung des Abfluss-Timings stellt das System der Wasserversorgung Kaliforniens vor große Herausforderungen, indem sie die Gefahr von Hochwasser in der feuchten Jahreszeit verstärkt und die Wasserversorgung in der trockenen Jahreszeit reduziert.3 Bei einem geringeren Abfluss im Frühling ist weniger Wasser vorhanden, um den Wasserbedarf in Haushalten, in der Landwirtschaft, für die Erzeugung von Hydroelektrizität und für Freizeitaktivitäten im Sommer zu befriedigen. Ein reduzierter Abfluss hat auch Folgen für Ökosysteme und beeinträchtigt Lachsgewässer, die Gesundheit von Wäldern und begünstigt Waldbrände. Die größten Wasserreservoire Shasta und Oroville werden nach Modellprojektionen im Laufe dieses Jahrhunderts ein Drittel ihrer langjährigen Speicherkapazität verlieren. Nach Süden hin, wo die Schneelagen wegen der größeren Höhen besser überleben, werden die Abnahmen geringer, so dass das Einzugsgebiet des San Joaquin Rivers weniger betroffen sein wird und die Reservoire hier ihre Funktion auch weiterhin erfüllen werden können.1
Anmerkungen:
1. Dettinger, M., H. Alpert, J. Battles, J. Kusel, H. Safford, D. Fougeres, C. Knight, L. Miller, S. Sawyer (2018): Sierra Nevada Summary Report. California’s Fourth Climate Change Assessment
2. Office of Environmental Health Hazard Assessment, California Environmental Protection Agency (2018). Indicators of Climate Change in California.
3. Knowles, N., C. Cronkite-Ratcliff, D. Pierce & D. Cayan (2018): Responses of unimpaired flows, storage, and managed flows to scenarios of climate change in the San Francisco Bay-Delta watershed: Water Resources Research 54 (10), https://doi.org/10.1029/2018WR022852
Bildquellen:
B1. Wikimedia Commons (2016): Relief map of California; Lizenz: CC BY-SA
B2. Wikimedia Commons: California Aqueduct , 11. Sept. 2007, Author: Ikluft; Lizenz: CC BY-SA
B3. NOAA (2020): Climate at a glance; Lizenz: public domain
B4. Knowles, N., Cronkite-Ratcliff, C., Pierce, D., & Cayan, D. (2018): Responses of unimpaired flows, storage, and managed flows to scenarios of climate change in the San Francisco Bay-Delta watershed: Water Resources Research 54 (10); Lizenz: CC BY-ND-NC