Wasserprobleme im Sahel
Afrika
Wassernutzung
Abb. 1: Hirsefeld in der Trockenzeit mit Büschen im NigerB1
Wasser ist eine grundlegende Ressource für die Existenz der westafrikanischen Bevölkerung, die gegenwärtig ca. 200 Mio. Menschen umfasst und nach Prognosen bis 2050 möglicherweise auf 450 Mio. anwachsen könnte.1 Es wird hauptsächlich für die Landwirtschaft (Bewässerung, Viehzucht, Aquakultur), die Trinkwasserversorgung und für die Stromerzeugung genutzt (Abb. 2). Das Wasser wird vor allem aus dem Oberflächenwasser der großen Flusssysteme des Senegal, Gambia, Niger, Volta und Chad gewonnen. Das starke Bevölkerungswachstum hat zu einer allgemeinen Zunahme des Wasserbedarfs beigetragen. Hinzu kommt eine immer stärkere Belastung durch mangelhaft gewartete sanitäre Anlagen und industrielle Chemikalien, besonders in der Nähe von städtischen Siedlungen. Die Wasservorräte sind jedoch nicht nur durch die anthropogene Entnahme stark beansprucht, sondern reagieren auch auf den Klimawandel und natürliche Klimaschwankungen sowie auf die Änderungen der Vegetationsbedeckung.2
Abb. 2: Aktueller Wasserverbrauch in Liter pro Person und Tag in Westafrika (Sahel hervorgehoben) und Bevölkerungsentwicklung bis 2100B2
Niederschläge als Wasserspender: Jahreszeiten, Monsunzirkulation
Die erneuerbaren Wasservorräte im Sahel sind entscheidend von den Niederschlägen abhängig, die ausgeprägten jahreszeitlichen, jährlichen und dekadischen Schwankungen unterliegen. Der Jahresgang der Niederschläge ist durch ausgeprägte Regen- und Trockenzeiten gekennzeichnet. Im Nord-Winter kommt es zu starken Niederschlägen über dem Golf von Guinea und einem schmalen Streifen der Südküste Westafrikas, im anschließenden Frühjahr (April-Juni) über der breiteren tropischen Küstenzone und im Sommer (Juni-September) auch über der Sahelzone, wobei hier die meisten Niederschläge im August fallen.3
Abb. 3: Oberflächenwinde in Westafrika: Oberflächenwinde (Pfeile) und Luftdruck (in mb) über Westafrika im Winter und während des Höhepunkts des Sommermonsuns.B3
Der Niederschlag in Westafrika werden vom Westafrikanischen Monsun gesteuert, der im Sommer feuchte Luftmassen vom Atlantik bis in die Sahelzone transportiert (Abb. 3).4 Die Monsunzirkulation wird durch den Temperaturgegensatz zwischen der Sahara und dem tropischen Atlantik angetrieben. Über dem Golf von Guinea befindet sich relativ kaltes Wasser, während über der westlichen Sahara ein sommerliches Hitzetief entsteht, das feuchte Luftmassen aus dem Südwesten ansaugt (Abb. 1, unten). Diese bilden sich über dem Atlantik vor der Südküste Westafrikas durch Verdunstung, die die Luft mit Wasserdampf sättigt. Unter dem Einfluss der Corioliskraft entsteht eine südwestliche Strömung zwischen dem Atlantik und dem Tief über der Sahara. Über der Sahelzone steigen die feuchten Luftmassen dann auf und es kommt zum Niederschlag.
Langfristige Änderungen der Niederschläge: Dürren und Starkregen
Abb. 4: Niederschläge im Juni-Oktober in der Sahelzone 1900-2013. Gezeigt ist die Abweichung vom Mittel der Jahre 1898–1993 als Index.B4
Die Dürren in den 1970er und 1980er Jahren
Das Monsun-System über Westafrika unterliegt neben jahreszeitlichen auch dekadischen Schwankungen, die gravierende Unterschiede in den Niederschlägen zur Folge haben. Während der letzten 1000 Jahre haben sich immer wieder feuchte und trockene Perioden abgewechselt. So waren das Mittelalter und die Zeit vom 16. bis 17. Jahrhundert relativ feucht, während es im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts katastrophale Dürren gab. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts zeigen die Sahel-Niederschläge drei unterschiedliche und jeweils über Jahrzehnte reichende Phasen (Abb. 4). In den 1950er und 1960er Jahren erlebte der Sahel eine ausgesprochen feuchte Periode, in der die Niederschläge etwa 20% über dem langjährigen Mittel lagen.5 In den 1970er und 1980er Jahren folgte darauf eine außergewöhnlich starke Dürreperiode, die in den frühen 1980er Jahren schätzungsweise 100.000 Tote durch Hunger, Unterernährung und Krankheiten gefordert hat.2 Die Niederschläge lagen im Nordsahel bis 60% und im Süd-Sahel 25-30% unter dem langjährigen Mittel.6 Wahrscheinlich hat es seit Beginn der Messungen nirgendwo sonst auf der Welt so dramatische Veränderungen der Niederschlagsverhältnisse über einen so langen Zeitraum gegeben.
Das neue Niederschlagsregime
Seit den 1990er Jahren erholten sich die Niederschläge im Sahel wieder, ohne aber das Niveau vor der Großen Dürre zu erreichen. Eine deutliche Niederschlagszunahme um 9,7 mm/Tag gab es vor allem im ersten Jahrzehnt. Zwischen 1999 und 2016 schwächte sich die Zunahme auf 2,2 mm/Tag ab.7 Hinzu kam, dass im Vergleich zu früheren Jahrzehnten häufiger Starkregen fielen, die Niederschläge unregelmäßiger fielen und sich jahreszeitlich auf die spätere Regenzeit konzentrierten. So ist die Anzahl der Regentage seit ca. 1990 nur leicht angestiegen, die Niederschlagsintensität dagegen deutlich (Abb. 3). Daher lässt sich weniger von einer Rückkehr zur Normalität sprechen als von einem neuen Niederschlagsregime.4
Abb. 5: Anzahl der Regentage und die Niederschlagsintensität in der Sahelzone 1955-2010. Regentage in verschiedenen Sektoren der Sahelzone als Jahres- und als 11-Jahres-Mittel. Niederschlagsintensität in mm pro Tag.B5
Seit den 1990er Jahren ist der Sahel unter diesem neuen Niederschlagsregime zunehmend von Überschwemmungen und Hochwasserkatastrophen betroffen, bei denen Millionen von Menschen zu leiden hatten.8 In Burkina Faso z.B. gab es 1986-2005 nur ein größeres Hochwasser pro Jahr, im darauffolgenden Jahrzehnt 2006-2016 waren es dagegen jährlich fünf solcher Ereignisse. Eines der stärksten durch Niederschlag direkt verursachten Hochwasser geschah am 1. September 2009 in der Hauptstadt Ouagadougou. Unmittelbare Ursache war der höchste je an diesem Ort beobachtete Starkniederschlag von 260 mm in wenigen Stunden (bei einem langjährigen Jahresmittel von 765 mm), der zu einer Überschwemmung von großen Teilen der Stadt und starken Zerstörungen in dicht besiedelten Wohngebieten führte.9 In demselben Jahr waren auch andere Sahel-Länder wie Senegal, Ghana und Niger betroffen. Zerstörerische Hochwasser gab es auch 2007, 2010 und in den folgenden Jahren. Besonders stark waren die Überschwemmungen im Jahr 2020 in Nigers Hauptstadt Niamey. Die Fluten zerstörten Häuser und Infrastrukturanlagen, Ernten und Felder. Zahlreiche Menschen erkrankten besonders in Niamey durch Erreger aus dem wochenlang nicht abfließenden Wasser. Im gesamten Staat Niger waren von den Überschwemmungen 500.000 Menschen in Mitleidenschaft gezogen.10 Vielfach wird mit Bezug auf die Hochwasserereignisse der letzten Jahrzehnte von der „anderen Sahel-Katastrophe“ gesprochen.11
Abb. 6: Hochwasser am Niger in Niamey am 7. September 2020B6
Als Ursachen für das neue Niederschlagsregime werden 1. der Rückgang der Aerosolbelastung und 2. die Zunahme von Treibhausgasen durch den anthropogenen Klimawandel angenommen. Beide Faktoren führten seit den 1990er Jahren zu einer Temperaturerhöhung in der Sahara, die sich zwei bis vier Mal stärker erwärmte als im tropischen Mittel. Die Folge ist eine Verstärkung des Temperaturunterschieds zwischen dem tropischen Atlantik und der Sahara und damit eine Intensivierung des westafrikanischen Sommermonsuns.6 Dabei ist die Zunahme von Starkregen hauptsächlich durch die erhöhte Treibhauskonzentration bedingt. Eine wärmere Atmosphäre nimmt mehr Wasserdampf auf und gibt ihn durch stärkere Niederschläge wieder ab.
Dennoch blieben unter den neuen Bedingungen Dürren auch während der feuchten Jahreszeit im Sommer nicht aus. Zwischen den Phasen mit reichhaltigen Niederschlägen kam es auch immer wieder zu Niederschlagsdefiziten. So lag der Niederschlag des Jahres 2011 während der Regenzeit um 17% unter dem langjährigen Mittel.12 Die Anzahl einzelner trockener Tage hat im westafrikanischen Sahel bis 2014 im Sommer sogar zugenommen. Die Länge der Trockenphasen ist jedoch insgesamt um 32% zurückgegangen, und auch die Gesamtzahl der trockenen Tage pro Jahr hat um neun Tage abgenommen.13
Niederschlags-Projektionen
Abb. 7: Änderung der Niederschläge in Westafrika im Sommer zwischen 1960-1999 und 2060-2099 nach dem RCP8.5 Szenario in mm/Tag. Die roten Konturen zeigen die historischen Niederschläge in mm/Tag.B7
Mit einer weiteren Abnahme der Aerosolbelastung im Nordatlantikraum und einer globalen Zunahme der Treibhausgaskonzentration ist auch weiterhin zu rechnen. Das bedeutet aber nicht, dass damit die künftige klimatische Entwicklung der Sahelzone schon vorgezeichnet ist. Noch immer sind Klimamodellsimulationen der zukünftigen Sahel-Niederschläge mit großen Unsicherheiten behaftet. Dennoch bestätigen nahezu alle Projektionen sogar von verschiedenen Modellgenerationen (CMIP3, 5 und 6) eine Zunahme der Niederschläge im zentralen Sahel und eine Abnahme im westlichen Sahel (Abb. 7). Die Abnahme über dem westlichen Sahel findet sich hauptsächlich in der Regenzeit von Mai bis August, die Zunahme im mittleren Sahel im August-Oktober am Ende der Regenzeit.14 Zwischen den Zeiträumen 1986-2005 und 2080-2099 wird die Niederschlags-Abnahme im West-Sahel auf 13% geschätzt und die Zunahme im mittleren und östlichen Sahel auf 35%. Der negative Trend im West-Sahel von -75 mm am Ende des 21. Jahrhunderts beruht vor allem auf einer Reduktion der Anzahl von feuchten Tagen, die um 20% zurückgehen. Außerdem gehen Modellberechnungen von einer Verkürzung der Regenzeit durch einen späteren Beginn aus.15
Flusssysteme und Vegetation
Um die Ursachen von einerseits Wassermangel und Dürren, anderseits Wasserüberfluss und Hochwasser im Sahel zu verstehen, reicht die Betrachtung nur der Niederschläge nicht aus. Der Regen fällt im Sahel auf eine vielgestaltige Landschaft, deren Beschaffenheit mit darüber entscheidet, ob daraus Fluten werden oder das Niederschlagswasser versickert. Ein wesentliches Element sind einige große Flusssysteme, die von wichtigen Quellflüssen gespeist werden, die in Gebieten entspringen, in denen deutlich mehr Niederschläge fallen als im Sahel selbst. Dazu gehört vor allem der Niger mit seinen Zuflüssen, das mit Abstand größte Flusssystem in Westafrika. Der Niger besitzt ein Einzugsgebiet von 2,2 Mio. km2. Er entspringt im Hochland von Fouta Djallon in Guinea. Das Bergland gilt als „Wasserturm“ Westafrikas, weil in ihm neben dem Niger auch der Senegal und der Gambia entspringen.10 In dieser Sudan-Guinea-Region, die sich südlich an den Sahel anschließt, fallen 1300-750 mm Niederschlag, während im Sahel selbst nur 750-250 mm fallen. Der Senegal ist mit einem Einzugsgebiet von ca. 300.000 km2 das zweitgrößte Flusssystem Westafrikas. Er durchströmt die Staaten Guinea, Mali, Senegal und Mauretanien. Gut Zweidrittel des Einzugsgebiets liegen in der feuchten Sudan-Guinea-Region.16 Die Abfllusssystem der großen Sahel-Flüsse erhalten durch einen Teil ihrer Zuflüsse damit so viel Wasser, dass davon auch noch die trockene Sahelzone profitiert.
Abb. 8: Landbedeckung in W-Afrika, verändert und übersetztB8
Der andere wesentliche Faktor ist die Landbedeckung. Die Vegetation in der Sahelzone reicht von halbwüstenhaften Grasländern südlich der Sahara bis zu Savannen mit niedrigem Baum- und Strauchbewuchs weiter im Süden (Abb. 8). Bäume sind ein wichtiger Bestandteil der traditionellen Landwirtschaft im Sahel. Sie schützen vor Bodenerosion, Austrocknung des Bodens und ein Absinken des Grundwasserspiegels. Außerdem spenden sie Schatten für Mensch und Vieh, schützen Anbaufrüchte vor Austrocknung in der Trockenzeit und liefern Früchte und Holz.17 Eine dichtere Baumbedeckung findet sich allerdings nur im Übergangsbereich zum tropischen Regenwald in der Sudan-Guinea-Region südlich der Sahelzone.
Die Vegetation wirkt vor allem durch zwei Prozesse auf den Niederschlag und seine Speicherung.18 Zum einen recycelt Vegetation den Niederschlag, indem sie Regen aufnimmt und das Wasser teilweise wieder verdunstet. Schätzungsweise sind 10-40% der Sahel-Niederschläge durch Verdunstung erzeugt, die durch Bäume, Wälder und sonstige Vegetation befördert wird. Ein großer Teil dieser Vegetation befindet sich nicht direkt im Sahel, sondern weiter südlich davon, von wo aus die feuchte Luft mit dem Monsun Richtung Sahel strömt. Dennoch kann auch ein ergrünender Sahel zu Verdunstung und Niederschlag beitragen. Zweitens fördert Vegetation die Infiltration von Niederschlagswasser in den Boden und begünstigt seine Speicherung im Boden und die Grundwassererneuerung. Durch Bäume sammeln sich Blättern und Streu am Boden, deren Zersetzung einen höheren Kohlenstoffgehalt im Boden bewirkt. Dadurch erhöht sich die Speicherung von Feuchtigkeit und letztlich die Verdunstung. Gebiete ohne entsprechende Vegetation trocknen dagegen aus, wodurch mehr Niederschlag durch Oberflächenabfluss für Boden und Grundwasser verlorengeht.
Abflussänderungen
Hochwasser treten in Westafrika meistens im September auf, manchmal auch im Juni bis August. Daneben gibt es auch Winterhochwasser von den Zuflüssen der großen Ströme aus der Sudan-Guinea-Region. Seit 2000 haben Hochwasserstände, Überschwemmungen und dadurch verursachte Zerstörungen deutlich zugenommen. Pegelstände an der Sirba, dem wichtigsten Nebenfluss des mittleren Niger, zeigen einen deutlichen Trend der Abflüsse seit den 1990er Jahren bis in die 2000er und 2010er Jahr, die sogar die Abflüsse in den regenreichen 1950er und 1960er Jahren z.T. um das Doppelte übertrafen (Abb. 9).10
Abb. 9: Jahresmaxima des Sirba-Abflusses (Nebenfluss des Niger)B9
Eine Erklärung der höheren Abflussmengen der Sahel-Flüsse liegt in der Zunahme der Niederschläge. Besonders lokale Starkniederschläge, wie sie seit der Jahrhundertwende durch den Klimawandel deutlich zugenommen haben, können zu Hochwasserkatastrophen führen. So ereignete sich am 1. September 2009 in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, eines der stärksten Hochwasser der 2000er Jahre in Westafrika. Unmittelbare Ursache war der höchste je an diesem Ort beobachtete Starkniederschlag von 260 mm in wenigen Stunden (bei einem langjährigen Jahresmittel von 765 mm), der zu einer Überschwemmung von großen Teilen der Stadt und starken Zerstörungen in dicht besiedelten Wohngebieten führte.9
Dass Starkniederschläge zu verheerenden Überschwemmungen führten, ist aber auch durch anthropogene Aktivitäten bedingt. Eine Ursache sind die Zersiedlung durch sich unkontrolliert ausdehnende Städte und die damit einhergehende Bodenverdichtung sowie desolate Drainagesysteme. Außerdem verloren in ländlichen Gegenden die Böden durch die Bewirtschaftung in vielen Fällen erheblich die Fähigkeit, Wasser zu speichern, und verkrusteten. Teilweise ist das auch eine Spätfolge der Bodenverkrustung während der Dürren in den 1970er und 1980er Jahren, die in den folgenden Jahrzehnten weiter degradierten und undurchlässig wurden. Von manchen Autoren wird daher in der Bodendegradation und der Änderung der Vegetationsbedeckung der Hauptgrund für das 2. Sahel-Paradox gesehen.19,20
Projektionen der Wasserverfügbarkeit
Modellprojektionen der Wasserverfügbarkeit mit den RCP-Szenarien 4.5 und 8.5 zeigen grundsätzlich eine Abnahme der verfügbaren Wasservorräte. Die geringsten Abnahmen der Wasservorräte bis gegen Ende des 21. Jahrhunderts liegen für die Staaten Niger, Volta und Chad nach dem Szenario RCP4.5 bei 10% und die höchsten für den Senegal und Gambia bei 40%. Für den Senegal und Gambia sind die deutlichen Rückgänge durch eine Kombination von abnehmenden Niederschlägen und höheren Verdunstungsraten begründet. Für Niger, Volta und Chad nehmen die Niederschläge leicht zu, werden aber durch die starken Verdunstungsraten noch übertroffen. Eine noch stärkere Abnahme der Wasserverfügbarkeit zeigen Regionalmodelle (CORDEX), deren höhere Auflösung eher auch die Einflüsse des Geländes, von Küstenlinien und Änderungen der Landnutzung wiedergeben.2
Maßnahmen
Abb. 10: Die geplante Grüne Mauer im Sahel und beteiligte Staaten (gelb)B10
Das bekannteste Entwicklungsprojekt, das viele Probleme des Sahel lösen soll, ist die Große Grüne Mauer gegen die Wüstenausbreitung, ein Verteidigungswall aus Bäumen entlang der Grenze zwischen Sahara und Sahel. Unter dem Eindruck der Dürren in den 1970 Jahren wurde das Projekt 2007 zum offiziellen transafrikanischen Ziel erklärt. Geplant war eine 15 km breite und fast 8000 km lange „Mauer aus Bäumen“, die vom Senegal im Westen bis nach Äthiopien im Osten reichen sollte. Bis 2030 sollten 100 Mio. ha der Desertifikation entrissen und wieder fruchtbar gemacht werden.21 Das Projekt schreitet jedoch nur langsam und lokal voran und erntete inzwischen viel Kritik. Die Folge war, dass man von der Idee einer baumbasierten Barriere abrückte, zumal ein Vorrücken der Sahara nach Süden nicht belegt werden konnte. U.a. ließ der Greening-Prozess eine Ausbreitung der Sahara nach Süden zunehmend weniger befürchten. Auch eine großangelegte Kooperation der Sahel-Staaten zur Umsetzung des Vorhabens schien wenig realistisch. Eher zeigten sich lokale Initiativen darin erfolgreich, die Widerstandsfähigkeit der Landschaft gegen Degradation zu stärken, indem etwa Bauern in ihrem Lebensraum Bäume pflanzten, um die landwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen.18
Nicht nur im Kontext der Grünen Mauer, sondern auch anderweitig gibt es im Sahel zahlreiche, oft auf traditionellen Agrartechniken beruhende Maßnahmen zur Bekämpfung der Desertifikation. Vielfach hat die Erfahrung der Großen Dürre in den 1970er und 1980er Jahren dazu geführt, dass sich die Landbevölkerung dem Schutz des Bodens und der Vegetation zuwandte. Auch Regierungen und ausländische NGOs sind in diesem Zusammenhang aktiv geworden. So hat es in Burkina Faso mehrere nationale Programme und andere Initiativen gegeben, die sich Maßnahmen zum Bodenschutz und zur Wasserkonservierung zum Ziel gesetzt haben. Erfolgreich wurden solche Versuche vor allem dann, wenn die lokale Landbevölkerung miteinbezogen wurde.22
Abb. 11: Halbmondförmige Vertiefungen mit Erdwall zum Auffangen von WasserB11
Eine wichtige Maßnahme war die Anlage von halbmondartigen, von einem Erdwall umsäumten einige m breiten Vertiefungen auf den Feldern, die abfließendes Wasser auffangen und für die Versickerung im Boden sorgen. Sie erhöhen damit auch die Bodenfruchtbarkeit und lösen Bodenverkrustungen auf. Der Verbesserung des Pflanzenwachstums dienen auch die kleineren, 20-30 cm breiten sog. Zai, kreisförmige Pflanzgruben, die in der Trockenzeit mit organischem Material wie Viehdung und Ernteabfälle gefüllt werden.12 So bleibt die Bodenfeuchte erhalten und die Fruchtbarkeit der Böden wird verbessert. Zai ziehen außerdem Termiten an, die die Nährstoffe durchmischen. Eine andere Maßnahme ist die Anlage von Steinwällen auf Hirse- und Reisfeldern mit flachen Hängen, durch die der Wasserabfluss verringert und damit ebenfalls die Produktivität der Böden erhöht wird. Die genannten Maßnahmen minimieren zugleich die Gefahr von Hochwasser in den Vorflutern.22
Abb. 12: Agroforstwirtschaft im südwestlichen Burkina FasoB11
Zunehmend verbreitet und wichtige Stütze der ökonomischen Entwicklung ist im Sahel die Agroforstwirtschaft. Große Teile der Bevölkerung sind auf Produkte von Bäumen für die Ernährung, das Futter für Tiere, zum Kochen und als Baustoff angewiesen.23 Bäume besitzen zudem wichtige Umweltfunktionen, indem sie die Biodiversität unterstützen und Wasserressourcen erhalten und verbessern. Sie ziehen Vögel und andere Tiere an, durch deren Dung es zu Bodenverbesserungen kommt. Und sie spenden Schatten für Mensch und Tier, um so die im Sommer teils extrem hohen Temperaturen abzumildern. Besonders im Rahmen des Great Green Wall spielen Bäume eine zentrale Rolle und gelten als ein Weg, die Landdegradation zu reduzieren.24 Bäume und auch Büsche sind auch darin nützlich, tiefe Wasservorkommen für Kulturpflanzen mit weniger tief reichenden Wurzeln zu erschließen. Dadurch kann die Produktivität einiger Anbaupflanzen wie Hirse, Erdnüsse, Sesam und Maniok gesteigert werden.18
Bei allen Fortschritten bei der menschengemachten Begrünung des Sahel, muss gesehen werden, dass der Klimawandel diesem Prozess zukünftig wahrscheinlich Grenzen setzen wird. Verschiedene Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass der Sahel künftig stärkeren Dürren ausgesetzt sein wird, auch wenn die Niederschläge in manchen Regionen zunehmen werden. Grund sind die höheren Temperaturen, die das Wasser stärker verdunsten lassen. Die Temperaturen steigen bis 2100 möglicherweise um 7 °C, womit lebensgefährliche Hitzewellen verbunden sein können.18
Anmerkungen:
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Bildquellen:
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