Wasserverfügbarkeit und Klimawandel
Gegenwärtige Situation
Die Wasserverfügbarkeit ist einerseits von den Wasserressourcen, andererseits von der Wasserentnahme abhängig. Übersteigt die Entnahme einen bestimmten Prozentsatz der Ressourcen, spricht man vom Wasserstress. Extremer Wasserstress liegt hiernach dann vor, wenn die Entnahme 40% der Ressourcen übersteigt. Global liegt dieses Verhältnis weit unter dieser Grenze. Nur 9% der 40 000 km3 Wasser, die zur Verfügung stehen, werden entnommen. Regional sind die Verhältnisse jedoch sehr verschieden, so dass nach der obigen Definition gegenwärtig 2,3 Milliarden Menschen unter extremem Wasserstress leben.1
Abb. 1: Wasserstress im Mittel der Jahre 1981-20002
Der Klimawandel ist nur einer von vielen Einflussfaktoren für die Wasserressourcen. Auch nichtklimatische Antriebe wie Bevölkerungszunahme, wirtschaftliche Entwicklung, Verstädterung und Landnutzung führen oft zu abnehmenden Wasservorräten und zunehmenden Bedarf. Besonders eine Zunahme der Bewässerungslandwirtschaft, die heute schon für 90 % des globalen Wasserverbrauchs steht, könnte die Vorräte in der Zukunft ernsthaft gefährden.3
Niederschlag und potentielle Verdunstung sind die wichtigsten klimatischen Antriebskräfte, die die Süßwasserressourcen kontrollieren. Auch der atmosphärische CO2-Gehalt, der die Transpiration der Pflanzen beeinflusst, spielt eine Rolle, aber auch Ruß und Staub, die das Abschmelzen der Wasserspeicher Schnee und Eis verstärken können. Für den Zeitraum 1901-2005 gibt es bei den globalen Niederschlägen keinen klaren Trend. Nach regionalen Beobachtungen haben sich jedoch die schwersten Dürren und extremen Regenfälle seit 1950 in den 1990er und 2000er Jahren ereignet. Die Gründe dafür liegen entweder bei natürlichen Schwankungen oder in der globalen Erwärmung. Beim Schneefall wurden über die meisten Gebiete der Nordhalbkugel kürzere Schneefallzeiten beobachtet.3
Die Niederschläge regulieren im wesentlichen den Abfluss von Flüssen und Seen, der seit 1950 weitgehend mit denen der Niederschläge und der Temperatur überein stimmt. In Europa nahm der Abfluss 1962-2004 im Süden und Osten ab, in den anderen Gebieten, besonders im Norden, zu. Abflusszunahmen wurden auch im Mississippi-Becken beobachtet, Abnahmen dagegen im pazifischen Nordwesten der USA und der südlichen Golfregion. Die Abflussmengen des Gelben Flusses in China zeigten ebenfalls eine abnehmende Tendenz, die des Jangtse eine geringe Zunahme. Diese und andere Veränderungen müssen jedoch mit Vorsicht interpretiert werden, da sie auch durch Landnutzungsänderungen, Bewässerung und Verstädterung beeinflusst sein können.3
Abb. 2: Jährliche Abflussmengen in mm/Jahr 1981-20002
Diese Zahl wird sich bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 5,2-6,8 Milliarden Menschen erhöhen. Die Ursachen liegen vor allem in sozio-ökonomischen Bedingungen (Bevölkerungszunahme, Wirtschaftswachstum), die die Wasserentnahme bestimmen, aber auch im klimatischen Wandel, der die Wasserressourcen beeinflusst. Der Klimawandel kann durch höhere Niederschläge in manchen Regionen auch zu einem höheren Wasserangebot führen.
Projektionen
Nach Modellrechnungen wird sich global der Wasserstress in 61-75% der Landoberfläche erhöhen und in 14-29% verringern. Die Gründe für höheren Wasserstress liegen primär in der steigenden Entnahme, aber auch geringere Niederschläge und eine höhere Verdunstung sind daran beteiligt. Die betroffenen Regionen sind vor allem die, in denen der Wasserstress heute schon hoch liegt. Das sind z.B. der Nordosten Brasiliens, Teile von Nordamerika, Südeuropa, Teile von Mittelasien und Australien und große Teile Afrikas. Eine Erhöhung der Wasserentnahme aufgrund zunehmender Bevölkerung und ökonomischer Entwicklung wird vor allem in Afrika südlich der Sahara, in Lateinamerika und großen Teilen Asiens erwartet. Wo die Wasserversorgung günstiger wird, ist das primär durch höhere Niederschläge infolge des Klimawandels begründet, in 2. Linie auch durch eine effektivere Wassernutzung. Vor allem in Südasien könnten durch den Klimawandel künftig viele Menschen weniger unter extremem Wasserstress leiden als heute.1
Die wichtigsten klimatischen Faktoren, die die Wasserverfügbarkeit beeinflussen, sind der Niederschlag und die stark temperaturabhängige Verdunstung. Regionen, in denen sich beide Parameter durch den Klimawandel so entwickeln, dass die Wasserressourcen abnehmen, sind vor allem der Mittelmeerraum, Südafrika, Mittelamerika und Südaustralien (vgl. Wasserkreislauf und Klima). Von erheblicher Bedeutung werden in vielen Regionen auch die Niederschlagsmuster sein. Allgemein wird damit gerechnet dass durch den Klimawandel die Variabilität der Niederschläge zunehmen wird. D.h. es fallen zu bestimmten Jahreszeiten mehr Niederschläge, zu anderen weniger, und es kommt zu stärkeren Gegensätzen zwischen Starkniederschlägen und Trockenphasen. Hierdurch sind sowohl Wasserressourcen betroffen, die sich aus Oberflächenwasser, wie solche, die sich aus neugebildetem Grundwasser speisen. Auch die Art der Niederschläge spielt eine nicht geringe Rolle. Durch die globale Erwärmung wird mehr Niederschlag als Regen denn als Schnee fallen. Dadurch wird es zu einer jahreszeitlichen Verschiebung des Abflusses zum Winter hin kommen und weniger Oberflächenwasser im sommer zur Verfügung stehen. Durch das Abschmelzen von Gebirgsgletschern kommt es zunächst zwar zu einer Zunahme der Abflüsse, langfristig aber zu deren Versiegen. Ein weiterer Klimafaktor, der in manchen Regionen die Wasserressourcen gefährdet, ist der steigende Meeresspiegel, der zum Eindringen von Salzwasser in küstennahes Grundwasser führen kann (vgl. Meeresspiegelanstieg in Asien: Bangladesch).
Anmerkungen:
1. Menzel, L.; Flörke, M.; Matovelle, A.; Alcamo, J (2007): Impact of socio-economic development and climate change on water resources and water stress, In: Proc. 1st International Conference on Adaptive and Integrative Water Management (CAIWA 2007), Basel
2. Schlosser, C. A., K. Strzepek, X. Gao, C. Fant, É. Blanc, S. Paltsev, H. Jacoby, J. Reilly, and A. Gueneau (2014): The future of global water stress: An integrated assessment, Earth’s Future 2, 341–361, doi:10.1002/2014EF000238; Lizenz: CC BY-NC-ND
3. IPCC (2014): Climate Change 2014, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, 3.2.