Extremereignisse

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Tropische Wirbelstürme: Aufbau, Entstehung, Verbreitung, Klassifizierung

Tropische Wirbelstürme gehören zu den Wetterextremen, von denen die stärkste Zerstörungskraft für natürliche und soziale Systeme ausgeht. Sie treten in den tropischen Regionen aller drei Ozeane auf. Im Atlantik heißen sie Hurrikane, im Pazifik Taifune, im nördlichen Indischen Ozean Zyklone. Der Einfachheit halber wird der Begriff „Hurrikan“ häufig auch universal gebraucht. Im Focus der Aufmerksamkeit stehen in der westlichen Welt die tropischen Wirbelstürme im Atlantik, wegen ihres Gefährdungspotentials in der westlichen Hemisphäre, aber auch weil sie am besten erforscht sind und über sie die längsten Datenreihen vorliegen.

© NASA Earth Observatory


Abb. 1: Position von Hurrikan Katrina am 28. August 2005.1

Schäden

1998 hat der Hurrikan Mitch in Honduras und Nicaragua 11 000 Todesopfer gefordert und einen Sachschaden von 5 Milliarden US–Dollar angerichtet. 2005 setzte der Hurrikan Katrina die amerikanische Stadt New Orleans zu 80 % unter Wasser und machte sie damit weitgehend unbewohnbar, tötete ca. 1800 Menschen und verursachte einen Sachschaden von inflationsbereinigt 160 Milliarden US-Dollar, womit er zum bis dahin teuersten Hurrikan der USA wurde. Insgesamt ging das Jahr 2005 in die Geschichte als das Jahr der mit Abstand stärksten Hurrikanaktivität im Nordatlantik ein, mit 14 Hurrikanen insgesamt, wovon sieben der Kategorie 3-5 und drei der Kategorie 5 angehörten, und mit zwei Hurrikanen der Kategorie 4 bereits im Juli zu Beginn der Hurrikan-Saison.2

Nach über einem Jahrzehnt relativ geringer Aktivität erreichte dann die Hurrikan-Saison 2017 fast das Niveau von 2015 mit 10 Hurrikanen und sechs starken Hurrikanen der Kategorie 3-5.2a Die Schäden, die der Kategorie-4-Sturm Harvey in der Region Houston durch seine lang anhaltenden starken Niederschläge anrichtete, verursachten mit 125 Mrd. US-Dollar einen fast ebenso großen Schaden wie Katrina.2b Eine Besonderheit war auch der Hurrikan Ophelia, der sich im Ostatlantik als Hurrikan der Kategorie 3 nicht wie üblich nach Westen, sondern nach Norden bewegte und als starker Orkan auf die Küste Irlands traf.2c

Die ökonomischen Schäden durch Hurrikane in den USA haben seit Beginn des 20. Jahrhunderts um ein Vielfaches zugenommen. So liegen die fünf teuersten Hurricane, die seit 1900 auf das Festland der USA getroffen sind, alle in der Zeit nach 2005.2d In erster Linie ist das jedoch auf das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Ansammlung von Werten in den betroffenen Küstenzonen zurückzuführen.3 Rechnet man die Schäden frühere Hurrikane auf die heute in der Region vorhandenen Werte und Bevölkerungszahlen hoch, lässt sich kein Trend ausmachen. Hurrikan Katrina stünde danach nach dem Great-Miami-Sturm von 1926, der unter den Bedingungen von 2005 einen Schaden von 157 Milliarden $ angerichtet hätte, nur an zweiter Stelle. Und auch das verlustreiche Jahrzehnt 1996-2005 läge nach 1926-1935 nur auf dem 2. Platz.

Verbreitung

© Eigene Darstellung nach NOAA National Hurricane-Center


Abb. 2: Mittlere Zugbahnen atlantischer Hurrikane im Monat September.5a

Weltweit entstehen die meisten tropischen Wirbelstürme (ca.87%) zwischen 20oN und 20oS; zwei Drittel aller tropischen Wirbelstürme bilden sich auf der Nordhalbkugel. Die bevorzugten Gebiete sind der westliche Atlantik, der östliche Pazifik, der westliche Nordpazifik, der nördliche und der südliche Indische Ozean und der Südwest-Pazifik vor Australien. Stürme der höheren Kategorien treten vor allem im nördlichen Westpazifik auf (Abb. 3). Die Hurrikane des Nordatlantiks bewegen sich auf Zugbahnen vom mittleren Atlantik oder der östlichen Karibik nach Westen und Norden Richtung Mittelamerika bzw. Südküste der Vereinigten Staaten (Abb. 2). Beim Hurrikan "Katrina" wurden im August 2005 Windgeschwindigkeiten von über 300 km/h und bei "Wilma" im Oktober 2005, dem stärksten Hurrikan seit Beginn der Aufzeichnungen, Spitzenböen bis zu 340 km/h gemessen.


© Global Warming Art


Abb. 3: Verbreitung tropischer Wirbelstürme. TD: Tropisches Tiefdruckgebiet, TS: Tropischer Sturm, 1-5: Hurrikan-Kategorie nach der Saffir-Simpson-Skala (s. Tab.1).6

Aufbau

Ein tropischer Wirbelsturm besitzt einen zylinderförmigen Aufbau. Im Zentrum, dem sog. Auge, das einen Durchmesser von 15 bis 30 km besitzt, ist es nahezu windstill und wolkenlos. Um das Auge herum befindet sich eine Wolkenmauer mit hohen Windgeschwindigkeiten und starken Niederschlägen. Im Auge herrscht unmittelbar über der Meeresoberfläche ein sehr tiefer Druck bis unter 900 hPa, der von allen Seiten Luft ansaugt. Durch die Corioliskraft wird diese Luft in einen Wirbel um das Auge gelenkt, der sich auf der Nordhalbkugel gegen, auf der Südhalbkugel mit dem Uhrzeigersinn bewegt.

Durch Verdunstung des warmen Ozeanwassers wird dem System latente Energie zugeführt, die beim Aufsteigen durch Kondensation wieder frei wird und Wolkenbildung und Niederschlag bewirkt. Durch von unten nachgelieferte Energie kommt es zu weiterer Verdunstung und Kondensation auch in größerer Höhe – und zu einem weiteren Aufstieg von Luftmassen bis hin zur Tropopause, wo es zum seitlichen Massenabfluss kommt. Dadurch verringert sich der Luftdruck über der Meeresoberfläche immer weiter, in das Tief strömt weitere feuchtwarme Luft usw. Je geringer der Luftdruck im Zentrum, desto stärker werden die um das Zentrum kreisenden Stürme und desto heftigere Niederschläge fallen.

© Eigene Darstellung


Abb. 4: Entstehung und Aufbau eines Hurrikans.7

Dem Energieumsatz in tropischen Zyklonen kommt im Sommerhalbjahr eine wichtige Rolle bei der Abfuhr von Energie über den aufgeheizten Ozeanflächen zu. Weil die tropische Atmosphäre einen sehr hohen Wasserdampfgehalt besitzt, kann die langwellige Ausstrahlung nicht genügend Energie von der Erdoberfläche  in den Weltraum abführen. Diese Aufgabe übernehmen teilweise die tropischen Zyklonen. Sie transportieren durch Verdunstung und Kondensation Energie in die obere Troposphäre, von wo sie in den Weltraum abgestrahlt werden kann. Außerdem wird durch den starken Wind die Meeresoberfläche aufgewühlt und kühleres Wasser aus der Tiefe nach oben befördert.

Entstehung

Ein tropischer Wirbelsturm unterscheidet sich deutlich von den Tiefdruckgebieten mittlerer Breiten, die in Europa besonders im Winter zu Niederschlägen und Stürmen führen. Diese entstehen durch den Temperaturunterschied zwischen nördlichen und südlichen Breiten und vermischen verschieden warme Luftmassen miteinander. Ein tropischer Wirbelsturm wird dagegen von der Energie aus dem darunter liegenden Ozean angetrieben, die vor allem durch Verdunstung und Kondensation als latente Wärme in die Atmosphäre gelangt und diese aufheizt.   Die erste Voraussetzung für die Entstehung eines tropischen Wirbelsturms ist daher eine hohe Meeresoberflächentemperatur von mindestens 26 °C, wie sie nördlich und südlich des Äquators zu finden ist. Da Hurrikane ihre Energie aus dem Wasser beziehen und bis zu 500 Kilometer Durchmesser besitzen, ist eine genügend große, zusammenhängende Meeresoberfläche eine weitere Voraussetzung. Die dritte Voraussetzung ist die Wirkung der Corioliskraft, durch deren Ablenkung es zu der typischen Wirbelbildung kommt. Da die Corioliskraft erst in einem Abstand von mindestens 5-8° vom Äquator wirksam wird, gibt es in unmittelbarer Nähe des Äquators keine tropischen Wirbelstürme.

Ob es bei den genannten Voraussetzungen dann aber wirklich zur Entwicklung eines mehr oder weniger starken tropischen Wirbelsturms kommt, hängt auch von der Struktur der Atmosphäre über dem Ozean ab. Eine hohe Meeresoberflächentemperatur bedeutet auch eine hohe Verdunstung und damit einen hohen Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre, der Energie für die Konvektion tropischer Wirbelstürme liefert. Zum anderen darf es nur eine schwache vertikale Windscherung geben. Damit ist gemeint, dass die Richtung und die Stärke von Winden in allen Höhen über dem Boden möglichst ähnlich sein müssen, da sonst die vertikale Entwicklung tropischer Wirbelstürme gestört wird.4 Über dem Nord-Atlantik gibt es z.B. relativ starke Windscherungen in El-Niño-Jahren, in denen daher verhältnismäßig wenige Hurrikane entstehen. Eine wichtige Rolle spielt auch die durch die Temperaturschichtung bedingte Stabilität der Atmosphäre. Je stärker das Temperaturgefälle mit der Höhe ist, desto stärker ist der Antrieb für den Aufstieg warmer Luft, was die Entwicklung von tropischen Zyklonen begünstigt.5

Klassifizierung und Benennung

Hurrikane im Nordatlantik werden Je nach Windgeschwindigkeit nach der sog. Saffir-Simpson-Skala in fünf Kategorien eingeteilt. Die Benennung einer Störung als tropischer Wirbelsturm erfolgt ab einer Windgeschwindigkeit von 56 km/h. Ab 118 km/h spricht man von einem Hurrikan, ab 178 km/h liegt ein Hurrikan der Kategorie 3 vor, über 249 km/h ein Hurrikan der Kategorie 5.

Tab. 1: Hurrikan-Kategorien nach der Saffir-Simpson-Skala.

© Eigene Darstellung

 

Auch die Benennung einzelner Hurrikanen ist geregelt. Für jede Hurrikansaison werden sechs Jahre im Voraus von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) 21 alphabetisch angeordnete weibliche und männliche Vornamen festgelegt. Der Name eines Hurrikans, der besonders starke Zerstörungen angerichtet hat, wird von künftigen Listen gestrichen, so geschehen z.B. bei Katrina (2005) und Fay (2008). Sollte es in einer Saison mehr als 21 Hurrikane geben, wie es z.B. 2005 der Fall war, werden die folgenden nach dem griechischen Alphabet benannt (Alpha, Beta, Gamma usw.).


Anmerkungen:
1.
Quelle: NASA Earth Observatory
2. Holland, G. J. & Webster, P. J. (2007): Heightened tropical cyclone activity in the North Atlantic: natural variability or climate trend? Phil. Trans. R. Soc. A 365, 2695–2716
2a. NOAA (2017): Extremely active 2017 Atlantic hurricane season finally ends
2b. NOAA NHC, National Hurricane Center (2018): Costliest U.S. tropical cyclones tables update
2c. Di Liberto, T., NOAA (2017): Former hurricane Ophelia batters Ireland
2d. NOAA NHC, National Hurricane Center (2018): Costliest U.S. tropical cyclones tables update, https://www.nhc.noaa.gov/news/UpdatedCostliest.pdf
3. Pielke, R. A. Jr et al. (2008): Normalized hurricane damages in the United States: 1900–2005 Natural Hazards Review 9,  29–42
4. Zeng, Z., (2010): A statistical analysis of vertical shear effect on tropical cyclone intensity change in the North Atlantic, Geophysical research letters 37, doi:10.1029/2009GL041788
5. IPCC (2007): Cambridge Univ. Press, Cambridge. Climate Change 2007: The Physical Science Basis.Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate, Box 3.5.
5a. Verändert nach National Hurricane-Center: Tropical Cyclone Introduction (https://www.weather.gov/jetstream/tc)
6. Quelle: Global Warming Art (Seite existiert nicht mehr)
7. Eigene Darstellung

Autor: Dieter Kasang