Änderung der Bodenbedeckung in den Tropen
Aktuell sind es vor allem die Tropischen Gebiete, in denen sich Änderungen der Bodenbedeckung vollziehen. Während in den mittleren Breiten die Beseitigung von Wald zugunsten von Ackerland im wesentlichen abgeschlossen, z.T. sogar wieder rückläufig ist, wurden die tropischen Regenwälder in den letzten Jahrzehnten in großem Stil vernichtet.
Während in den mittleren Breiten die Bodenbedeckung durch Abholzungen bereits seit 2000 Jahren verändert wurde, ist die Waldrodung in großem Stil in den Tropen erst seit etwa einem halben Jahrhundert von Bedeutung. Ursachen sind die Gewinnung von Tropenholz, die Anlage von Rinderweiden oder von Sojafeldern. Alle tropischen Wälder der Erde umfassten 1990 17,6 Mio km2; in den 1990er Jahren gingen davon 152 000 km2 pro Jahr verloren.1 Besonders gut untersucht sind die Veränderungen des größten tropischen Regenwaldgebiets des Amazonasgebiets, eines der ‚Hotspots' problematischer Umweltveränderungen auf der Erde.2
Abb. 1: Auflistung der 20 Staaten, in denen zwischen 1990 und 2005 die größten Flächen an tropischem Regenwald beseitigt wurden3
2001 umfassten die Amazonas-Regenwälder 5,4 Mio km2, was allerdings nur noch 87 % des ursprünglichen Bestands waren. 837 000 km2 waren bereits der Abholzung zum Opfer gefallen.4 Etwa 20 000 km2 gingen zu Beginn dieses Jahrhunderts pro Jahr verloren, eine Rate, die sich in jüngster Zeit, auch durch umweltpolitische Maßnahmen, etwas reduziert hat. Das Amazonasgebiet hat einen substanziellen Einfluss auf das regionale und globale Klima. 120 Gigatonnen Kohlenstoff (GtC) sind im Amazonasgebiet gespeichert, was der Menge von 15 Jahren gegenwärtiger anthropogener Emission entspricht. 15 % der Photosynthese der Erde werden hier umgesetzt. Der ungestörte Regenwald wäre eine CO2-Senke im Umfang von 100-400 Mio t Kohlenstoff pro Jahr.5 In den 1990er Jahren wurden 500 Mio t Kohlenstoff jährlich durch Waldvernichtung in die Atmosphäre emittiert.6 Wie anfällig die Kohlenstofffreisetzung gegenüber klimatischen Änderungen ist, zeigt eine Untersuchung der Dürre von 2005, durch die 1,2 bis 1,6 GtC zusätzlich in die Atmosphäre gelangten.7 Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Trends der Ausdehnung des Agrarsektors werden 2050 bis zu 40 % des Regenwaldes im Amazonasgebiet vernichtet sein, was eine Freisetzung von 32 Gt Kohlenstoff bedeuten würde.8
Andere klimatische Effekte der Waldvernichtung sind global gesehen gegenüber der Kohlenstofffreisetzung sekundär, für das regionale Klima aber ebenfalls von großer Bedeutung. Im gesamten Amazonas-Becken werden 20-50 % des Niederschlags wieder verdunstet und dem Wasserkreislauf erneut zugeführt. Waldverluste in größerem Maßstab reduzieren den Niederschlag. Eine Reduzierung der Waldfläche um 30 bis 40 % könnte das Amazonasgebiet auf Dauer in ein trockeneres Klima überführen.9 Weitere Folgen wären eine Abnahme der Wolkenbedeckung und Zunahme der Einstrahlung. Die höhere Einstrahlung könnte durch die ebenfalls höhere Albedo ausgeglichen werden. Eine gleichfalls erwartete höhere Aerosolkonzentration würde die Einstrahlung ohnehin verringern und außerdem zu geringeren Niederschlägen beitragen. Nach Modellberechnungen ist vor allem im Südosten des Amazonasgebiets mit einer drastischen Reduzierung des Niederschlags in der Trockenzeit um bis zu 50 % zu rechnen, während der Nordwesten von Trockenheit weitgehend verschont bleiben wird. Einen erheblichen Anteil an der größeren Trockenheit wird dabei die Entwaldung haben. Eine höhere globale CO2-Konzentration in der Atmosphäre kann allerdings das Wasserdefizit bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, da dadurch der Wasserverlust durch Transpiration verringert wird. In der Summe wird allerdings damit gerechnet, dass die Entwaldung zu regionalen Klimaänderungen führt, die den Regenwald des Amazonas in eine Savanne verwandeln.10
Abb. 2: Amazonien Blattindex (Leaf Area Index = LAI): Werte über 1 zeigen sich mehrfach überlappende Blätter. Die helleren Flächen im Amazonasgebiet, vor allem im Südosten, zeigen das Fortschreiten der Entwaldung.11
Außer durch Abholzungen ist das Amazonasgebiet auch durch den globalen Klimawandel bedroht und zählt daher zu einem der Kipp-Punkte im Klimasystem, die bei einer weiteren Erwärmung in einen nicht mehr umkehrbaren Prozess treiben könnten.12 Bei einer globalen Erwärmung von 3-4 °C würde der Amazonasregenwald in den nächsten Jahrzehnten von starker Trockenheit betroffen sein. Von besonderer Bedeutung sind dabei Einflüsse durch das El-Niño-Phänomen im Südpazifik. Beim Auftreten eines El Niños, einer ungewöhnlichen Erwärmung des Oberflächenwassers vor der südamerikanischen Westküste, kommt es zu Dürren über Nordostbrasilien und dem Amazonasgebiet. Auch höhere Meeresoberflächentemperaturen im tropischen Nordatlantik können, wie die starke Dürre im Jahre 2005 zeigte, zu Dürren im Amazonasgebiet führen.13
Waldzerstörung und Klimaänderungen begünstigen außerdem in hohem Maße Waldbrände im Amazonasgebiet. Bereits die Dürren von 1998 und 2005 haben gezeigt, dass klimatische Änderungen die Waldbrandgefahr erheblich erhöhen. Die durch den starken El Niño von 1998 bedingte Trockenheit hat dazu geführt, dass das von Feuer betroffene Gebiet 23 Mal so groß war wie in normalen Jahren. Im 21. Jahrhundert muss mit einer deutlichen Zunahme von Dürren gerechnet werden. Auch die Waldzerstörung trägt einen erheblichen Teil zur Waldbrandgefahr bei. Fragmentierte Wälder zeigen sich als wesentlich anfälliger gegenüber dem Ausbruch von Feuer als dichte, geschlossene Waldbereiche. Hinzu kommt die Freisetzung von Kohlendioxid durch die Waldvernichtung, die über den globalen Klimawandel ebenfalls die Feuergefahr im Amazonaswald erhöht. Nach dem A1B-Szenario wird mit einer Erwärmung von 1,8 bis 5,1 °C für das Amazonasgebiet gerechnet, was über dem globalen Mittel liegt. Die Folgen werden eine stärkere Austrocknung des Waldes und eine Abnahme der Niederschläge in der Trockenzeit sein. Die stärkere Vernichtung von Wald durch Feuer führt zu weiterer Emission von CO2 und damit zu einem stärkeren globalen Klimawandel mit Rückwirkungen wieder auf den Regenwald usw.14
Anmerkungen:
1. Bonan, G.B. (2008): Forets and Climate Change: Forcings, Feedbacks, and the Climate Benefits of Forests, Science 320, 1444-1449
2. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, Box 13.1
3. NASA Earth Observatory (2007): Causes of Deforestation
4. Vgl. hierzu und zu dem Folgenden Malhi, Y et al. (2008): Climate Change, Deforestation, and the Fate of the Amazon, Science 319, 169-172
5. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, Box 13.1
6. Malhi, Y. et al. (2008): Climate Change, Deforestation, and the Fate of the Amazon, Science 319, 169-172
7. Phillips, O. L. et al. (2009): Drought Sensitivity of the Amazon Rainforest, Science 323, 1344-1347
8. Soares-Filho, B. (2006): Modelling conservation in the Amazon basin, Nature 440, 520-523
9. Malhi, Y. et al. (2008): Climate Change, Deforestation, and the Fate of the Amazon, Science 319, 169-172
10. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group II: Impacts, Adaptation and Vulnerability, Box 13.1
11. NASA Earth Observatory (2007): The Amazonas' Seasonal Secret
12. Lenton, T.M. (2008): Tipping elements in the Earth's climate system, PNAS 105, 1786-1793; Umweltbundesamt (2008): Kipp-Punkte im Klimasystem
13. Phillips, O. L. et al. (2009): Drought Sensitivity of the Amazon Rainforest, Science 323, 1344-1347
14. Golding, N., and R. Betts (2008): Fire risk in Amazonia due to climate change in the HadCM3 climate model: Potential interactions with deforestation, Global Biogeochemical Cycles 22, doi:10.1029/2007GB003166