Klimaprojektionen für Deutschland
Deutschland
Berechnungen über das künftige Klima in Deutschland werden mit regionalen Klimamodellen durchgeführt, da globale Modelle eine zu grobe Auflösung besitzen (bis 200x200 km).1 Regionale Modelle besitzen dagegen eine Auflösung von z.B. 18x18 km wie das CLM-Modell für Europa2 oder von 10x10 km wie das Modell REMOO3 für Deutschland. Regionalmodelle werden in globale Modelle integriert, d.h. die Ergebnisse von globalen Modellen, z.B. des in Hamburg am Max-Planck-Institut für Meteorologie entwickelten Modells ECHAM5/MPI-OM, werden als Ausgangs- und Randbedingungen genutzt. Ein weiteres Regionalmodell ist das vom Deutschen Wetterdienst entwickelte Modell WETTREG, das seine Berechnungen auf der Basis von in Deutschland etablierten Wetterstationen durchführt.4 Wie bei den globalen Modellen werden die Rechnungen auch bei den Regionalmodellen entsprechend den IPCC-Szenarien B1, A1B, A2 usw. durchgeführt.
Abb. 1: Veränderung der Jahresmitteltemperatur für Deutschland von 2000 bis 2100 nach den Szenarien A1B und B15
Je nach Szenario nimmt die Temperatur in Deutschland bis zum Ende des Jahrhunderts nach den Ergebnissen von REMO um 2,5 bis 3,5 °C, nach den Rechnungen des CLM-Modells sogar bis 4,5 °C zu.6 Der stärkste Anstieg wird in den Wintermonaten erwartet (REMO). Das kann auf der einen Seite mit der Schnee-Albedo-Rückkopplung erklärt werden. Höhere Temperaturen verringern die Schneedecke, da zum einen Niederschläge mehr als Regen denn als Schnee fallen und zum anderen Schneedecken schneller abschmelzen. Schneefreier dunkler Erdboden absorbiert mehr Sonnenstrahlen als eine stark reflektierende Schneefläche, was zu einer Erwärmung der unteren Luftschichten führt, die wiederum den Schnee noch schneller tauen lässt usw. Zum anderen spielt eine Rolle, dass in einem wärmeren globalen Klima die Winter in Mitteleuropa weniger von osteuropäischen Kältehochs bestimmt werden als von warmen, vom Atlantik einströmenden Westwinden. Nach CLM-Berechnungen sind die Erwärmungen im Spätsommer und Herbst etwas stärkere als im Winter. Die geringste Erwärmung ergibt sich bei beiden Regionalmodellen im Frühjahr, was mit dem Eindringen relativ kalter Luftmassen aus dem Norden nach Deutschland erklärt wird.
Abb. 2: Niederschlags- und Temperaturänderungen nach dem Szenario A1B in Deutschland nach Jahreszeit7
Bei den Niederschlägen ergibt sich im Jahresmittel kein deutlicher Trend. Bei den Jahreszeiten zeigen jedoch besonders die Sommer- und Wintermonate deutliche Veränderungen. Die Sommer werden in Zukunft deutlich trockener, die Winter feuchter. Im Sommer können die Niederschlagsmengen bis zu 20 % ab- und im Winter bis zu 20 % zunehmen (REMO). Dabei werden für das A1B-Szenario in Bayern und Baden-Württemberg mit 20-30 % die stärksten Abnahmen bei den Sommerniederschlägen erwartet. Nach den CLM-Simulationen nehmen die Sommerniederschläge nach dem A1B-Szenario in Deutschland insgesamt um 12-28 % ab. In Brandenburg sind im Juli/August sogar Abnahmen bis 30 % möglich. Nach Berechnungen mit REMO geht dabei im Alpenraum in den Wintermonaten der Anteil von Schneefall an den Gesamtniederschlägen von heute 30 % auf 15-20 % zurück.
Deutliche Änderungen ergeben sich auch bei den Extremereignissen. Nach Berechnungen des beim Deutschen Wetterdienst entwickelten Regionalmodells WETTREG wird der in Berlin-Dahlem bisher gemessene Tageshöchstwert der Temperatur von 37,7 °C gegen Ende des 21. Jahrhunderts alle 2-4 Jahre überschritten.8
Auch die sogenannten Kenntage ändern sich signifikant. Darunter versteht man Tage, an denen bei bestimmten Parametern markante Werte unter- oder überschritten werden:
Tab. 1: Wichtige Kenntage für Deutschland
Bis zum Ende des Jahrhunderts wird sich nach REMO-Berechnungen die Zahl der Sommertage nach dem A1B-Szenarion in Deutschland mehr als verdoppeln und etwa 50 Tage betragen. Die Zahl der heißen Tage wird sich auf ca. 18 Tage erhöhen und damit vervierfachen. Auf der anderen Seite nimmt die Zahl der Frosttage von heute 45 auf nur noch 12 gegen Ende des Jahrhunderts ab. Das Modell WETTREG hat ähnliche Werte für einzelne Stationen berechnet. Die Anzahl der Frosttage wird sich danach nach dem Szenario A2 in Norddeutschland mehr als halbiert haben, die Sommertage werden sich verdoppeln und die heißen Tage verdrei- bis vervierfachen. In Süddeutschland sind die Differenzen nicht ganz so groß.
Abb. 3: Anzahl der Sommertage pro Jahr für die Szenarien A1B, B1 und A29
Einzelne Regionen
Baden-Württemberg und Bayern
Für beide Bundesländer wurden drei regionale Modellrechnungen durchgeführt (mit dem Hamburger Modell REMO und zwei auf Wetterstationen basierenden Modellen: WETTREG und ein Modell des PIK), die die Zeiträume 1971-2000 mit 2021-2050 vergleichen und auf dem IPCC-Szenario B2 beruhen. Da die Untersuchungen im Rahmen des Projekts KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft) durchgeführt wurden, beziehen sich die jahreszeitlichen Aussagen auf den hydrologischen Winter (November-April) und den hydrologischen Sommer (Mai-Oktober). Die folgenden Ergebnisse sind über alle drei Modelle gemittelt.10
Die Temperaturen nehmen in dem untersuchten Zeitraum nach den Modellsimulationen im hydrologischen Winter mit 2 °C deutlich stärker zu als im hydrologischen Sommer mit 1,4 °C. Besonders stark ist die Erhöhung in den meteorologischen Wintermonaten Dezember bis Februar. In einzelnen Monaten und an einzelnen Stationen ergeben sich auch deutlich größere Unterschiede. So steigen etwa in Freudenstadt die mittleren Tagestemperaturen im Dezember von -0,5 °C auf +2,5 °C und im August von 15 °C auf 17 °C. Temperaturerhöhungen von 2 °C und mehr liegen bei einem Zeitraum von ca. 50 Jahren und bei dem gewählten relativ "niedrigen" Szenario B2 deutlich über dem globalen Durchschnitt. An vielen Stationen nimmt die Zahl der Sommertage (max. Temperatur 25 °C und mehr) um ein Drittel und mehr zu, während sich die Zahl der heißen Tage (max. Temperatur 30 °C und mehr) sogar verdoppelt. Und im Winter halbiert sich vielfach die Zahl der Eistage, worunter man Tage mit einer maximalen Temperatur unter 0 °C versteht.
Beim Niederschlag ist im Sommer in beiden Bundesländern mit nur geringen Veränderungen zu rechnen. Eine Ausnahme mit größeren Abnahmen ist der Südosten Bayerns. Für die meisten Gebiete sind Abnahmen bis 10 % berechnet worden. Die Winterniederschläge werden dagegen deutlich bis zu 35 % zunehmen, wofür die größere Häufigkeit der Großwetterlage "Westlage zyklonal" verantwortlich sein wird. Auch die Anzahl der Tage mit hohen Niederschlägen, d.h. Tage mit mehr als 25 mm Niederschlag, wird im Winter zunehmen. Die Trockenperioden gehen dagegen in Baden-Württemberg zurück, während sie in Bayern zwischen April und August zunehmen könnten.
Anmerkungen:
1. Vgl. den Artikel Klimamodelle auf dem Bildungswiki "Klimawandel"
2. Homepage der CLM-Community (englisch)
3. Informationen über das REMO-Modell im Klimanavigator.
4. Arne Spekat, Wolfgang Enke und Frank Kreienkamp (2007): Neuentwicklung von regional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellung regionaler Klimaszenarios auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit dem Regionalisierungsmodell WETTREG auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit ECHAM5/MPI-OM T63L31 2010 bis 2100 für die SRES-Szenarios B1, A1B und A2
5. Eigene Darstellung angelehnt an K. Radtke (2008): Klimaänderungen in Deutschland und Europa im 21. Jahrhundert, Präsentation auf dem CLM-Forum in Cottbus
6. Jacob, D., u.a. (2008): Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland
7. Eigene Darstellung angelehnt an K. Radtke (2008): Klimaänderungen in Deutschland und Europa im 21. Jahrhundert, Präsentation auf dem CLM-Forum in Cottbus
8. Arne Spekat, Wolfgang Enke und Frank Kreienkamp (2007): Neuentwicklung von regional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Bereitstellung regionaler Klimaszenarios auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit dem Regionalisierungsmodell WETTREG auf der Basis von globalen Klimasimulationen mit ECHAM5/MPI-OM T63L31 2010 bis 2100 für die SRES-Szenarios B1, A1B und A2
9. Eigene Darstellung nach Jacob, D., u.a. (2008): Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland – Phase 1: Erstellung regionaler Klimaszenarien für Deutschland
10. Vgl. "Der Klimawandel in Baden-Württemberg" und "Der Klimawandel in Bayern"