Randregionen des tropischen Pazifik (Westküste Südamerikas, SO-Asien und Australien)
Am stärksten betroffen von El-Niño-Ereignissen sind die Randregionen des tropischen Pazifik.
In unmittelbarem Zusammenhang mit den Veränderungen der Walker-Zirkulation stehen die Wetterextreme bei El-Niño-Ereignissen in den Randgebieten des östlichen und westlichen äquatorialen Pazifik. Die Küsten von Ecuador und Peru befinden sich in "normalen" und in La-Niña-Jahren unter dem Einfluss des kalten Auftriebswassers und des absteigenden Walker-Astes und sind bei nur sporadischen Niederschlägen und der Bildung von Küstennebel sehr trocken. Bei einem El-Niño-Ereignis kommt es durch die Unterdrückung des Auftriebs und die Verschiebung der Walkerzelle zu kräftigen Schauern und Gewittern, die das 10- bis 50-Fache der monatlichen Durchschnittsniederschläge erbringen. Die Starkniederschläge führen zu Hochwasserereignissen in den Küstenflüssen und z.T. zu gewaltigen Überschwemmungen. Auch Hangrutschungen an den Andenhängen sind oft die Folge. Ursache sind neben der Umkehr der Walker-Zirkulation auch die Unterdrückung der sonst herrschenden Landwinde, die in normalen Zeiten für die Niederschlagsarmut der Küstenwüsten verantwortlich sind. Bei einem El-Niño-Ereignis werden stattdessen See- und Hangwinde verstärkt.1
Auf der anderen Seite des Pazifiks leiden Regionen wie Indonesien und Nordost-Australien, die normalerweise das ganze Jahr über mit ausreichenden Niederschlägen versorgt sind, während eines El Niños unter Dürren. In normalen Jahren fallen über Indonesien reichliche Niederschläge während des ganzen Jahres mit einem Maximum im Januar von 250 mm/Monat, aber auch noch 125 mm/Monat während der trockenen Jahreszeit im Sommer.2 Während der ENSO-Warmphasen verlagert sich die Walker-Zirkulation nach Osten, und es kommt zu absinkender Luftbewegung und deutlich verminderten Niederschlägen über dem westlichen Pazifik. Am Boden bilden sich Antizyklonen, die zugleich den Monsun über Südostasien, aber auch über Nordaustralien schwächen und dadurch die Niederschläge in diesen Regionen verringern.3 Einen zusätzlichen Einfluss auf die Region hat möglicherweise auch der Indische Ozean. Manche Autoren meinen, dass dessen Zirkulationsverhältnisse von El-Niño-Ereignissen weitgehend unabhängig sind und einer internen Dynamik folgen, die z.B.1997/98 die El-Niño-Wirkung verstärkte und auch für die extreme Dürre in Indonesien mitverantwortlich gewesen sein soll.4
Abb. 1: Oben links: Abweichungen der Niederschläge während des Jahrhundert-El-Niños 1997/98 (gezeigt ist die Abweichung im Januar 1998) vom Monatsmittel der Jahre 1979-1995.5 Unten rechts: Häufigkeitsverteilung der Niederschlagsabweichung im Juni-November vom Mittel der Jahre 1890-1989 in "normalen", El-Niño- und La-Niña-Jahren6
Indonesien und angrenzenden Gebiete wie Malaysia und Neuguinea waren jedenfalls während des El Niños 1997/98 von einer extremen Trockenheit betroffen. Eine der verheerendsten Folgen waren ausgedehnte Waldbrände, die mehrere Millionen ha Tropenwald vernichteten. Unmittelbare Ursache war zwar das Abbrennen von Waldflächen durch landarme Bauern wie große Plantagen. Diese Praktiken bleiben in ihren Folgen jedoch normalerweise durch die einsetzende Regenzeit gegen Jahresende relativ begrenzt. In El-Niño-Jahren wie schon 1982, aber besonders 1997 blieb der Niederschlag weitgehend aus, und die Feuer wurden nicht gelöscht. Verstärkende Faktoren sind der zunehmende Bevölkerungsdruck und der schon stark durch Rodung und kommerzielle Holznutzung gelichtete Wald, der durch das nachwachsende Unterholz dem Feuer viel leichter zum Opfer fällt als natürlicher Regenwald7 Fast ganz Südostasien wurde - ausgehend von Sumatra und Borneo - von einer riesigen Rauchwolke bedeckt, die nahezu die Hälfte der Fläche Europas erreichte. Sie verursachte unter der Bevölkerung Indonesiens, aber auch z.B. in Singapur und Kuala Lumpur starke Gesundheitsschäden. So erhöhte sich im Herbst 1997 in Malaysia die Zahl von Asthmafällen um 65%. Darüber hinaus haben die Brände Auswirkungen auf das Klima, da sie Kohlendioxid und Aerosole freisetzen.8 Nach Schätzung des ehemaligen deutschen Umweltministers und jetzigen Exekutivdirektors des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) Klaus Töpfer entsprach die zusätzliche Kohlendioxid-Freisetzung allein durch die Brände des Jahres 1997 der europäische CO2-Emission in einem Jahr.9
Auch die Wetterbedingungen in Australien zeigen sich oft von El-Niño-Ereignissen beeinflusst, die sich meistens in reduziertem Niederschlag über Teilen von Ost- und Nordaustralien bemerkbar machen, besonders im australischen Winter und Frühjahr von Juni bis November. Im australischen Sommer (Dezember bis Februar) sind die Auswirkungen deutlich geringer, da in dieser Zeit ohnehin trockene Bedingungen herrschen. Über große Teile von Ostaustralien liegen die Niederschläge in El-Niño-Jahren im Winter und Frühling unter dem Durchschnitt. Allerdings unterscheiden sich die genauen Folgen in ihren räumlichen und zeitlichen Merkmalen von Ereignis zu Ereignis, auch wenn der Southern-Oscillation-Index und die SST im Pazifik sehr ähnlich sind. So waren die Folgen der beiden "Jahrhundert"-El-Niños 1982/83 und 1997/98 für Australien sehr unterschiedlich. 1982/83 erlebte Australien eine der größten Dürren seiner Geschichte, mit gewaltigen Staubstürmen und Bränden im Südosten. 1997 war dagegen die Trockenheit deutlich geringer ausgeprägt, als vielfach erwartet wurde, und wurde in manchen Regionen von heftigen Regenfällen im September unterbrochen. In Queensland und dem Nordterritorium lag der Niederschlag im Dezember 1997 und Januar 1998 sogar über dem Durchschnitt.10
Abb. 2: Die gegensätzlichen Auswirkungen der El-Niño-Ereignisse von 1982/83 und 1997/98: Trotz ähnlicher SST im Ostpazifik wurde Australien in dem einen Fall von einer extremen Dürre heimgesucht, in dem anderen nur von geringfügigen Niederschlagsveränderungen betroffen.11
Anmerkungen:
1. Bendix, J., A. Bendix und M. Richter (2000): El Niño 1997/1998 in Nordperu: Anzeichen eines Ökosystemwandels?, Petermanns Geographische Mitteilungen 144, 20-31
2. Zu den indonesischen Niederschlägen unter dem Einfluss von ENSO s. Hendon, H.H. (2003): Indonesian Rainfall Variability: Impacts of ENSO and Local Air-Sea Interaction, Journal of Climate 16, 1775-1790
3. Lau, N.-C., and M.J. Nath (2000): Impact of ENSO on the Variability of the Asian-Australian Monsoons as Simulated in GCM Experiments, Journal of Climate 13, 4287-4309
4. Webster, P.J., A.M. Moore, J.P. Loschnigg, R.R. Leben (1999): Coupled ocean-atmosphere dynamics in the Indian Ocean during 1997-98, Nature 401, 356-360
5. nach Climate Prediction Center, National Centers for Environmental Prediction, NOAA/National Weather Service (Link nicht mehr aktiv)
6. nach IRI International Research Institute for climate prediction, NOAA/OGP - UCSD/SIO - Columbia U./LDEO (Link nicht mehr aktiv)
7. Siegert, F., G. Ruecker, A. Hinrichs, A.A. Hoffmann (2001): Increased damage from fires in logged forests during droughts caused by El Niño, Nature 414, 437-440
8. Wolfgang von Hoyningen-Huene, Torsten Schmidt, Chan Ah Kee: Kurzwelliger Klimaantrieb durch Waldbrände in Südostasien, in: Geographische Rundschau 50, 1998, S.120
9. Die Zeit, Nr.16, 8.4.1998, S.32
10. Vgl. Ropelewski, C. (1999): The Great El Niño of 1997 and 1998: Impacts on Precipitation and Temperature, CONSEQUENCES 5 no 2, 17-25 (Link nicht mehr auffindbar); Commonwealth Bureau of Meteorology
11. nach Commonwealth Bureau of Meteorology